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Dresdner Augustusbrücke: Nach Einsturz der Carolabrücke hitzige Debatte um Öffnung für den Autoverkehr

Alles scheint sich derzeit um die eingestürzte Carolabrücke zu drehen. Doch welche Geschichte haben die anderen Elbbrücken in Dresden und wie ist ihr Zustand? Teil 5: Ein Blick auf die Augustusbrücke.

Von Peter Hilbert
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Die heutige Augustusbrücke in Dresden überspannt seit mehr als 100 Jahren die Elbe. Am 30. August 1910 wurde sie als Friedrich-August-Brücke feierlich eingeweiht. Ihr Vorgänger war von 1907 bis 1908 abgebrochen worden.
Die heutige Augustusbrücke in Dresden überspannt seit mehr als 100 Jahren die Elbe. Am 30. August 1910 wurde sie als Friedrich-August-Brücke feierlich eingeweiht. Ihr Vorgänger war von 1907 bis 1908 abgebrochen worden. © Peter Hilbert

Die Augustusbrücke ist Dresdens geschichtsträchtigste Brücke. Seit 2017 wurde sie umfassend saniert. Die letzten Arbeiten sind vor einem Jahr, Anfang September 2023, abgeschlossen worden.

Die Geschichte: Dresdner Brücke ist die schönste Europas

Bereits im 11. Jahrhundert stand dort, wo heute die Augustusbrücke über die Elbe führt, eine Holzbrücke. Der Meißner Landchronik zufolge soll diese schon 1070 die Elbe überspannt haben. 1119 soll ein erster steinerner Pfeiler errichtet worden sein. Doch erst unter Markgraf Otto dem Reichen wurde dann der Bau ab 1173 fortgesetzt.

Abgeschlossen werden konnten die Arbeiten, die Baumeister Mätthaus Fotius geleitet haben soll, erst unter der Regentschaft des Markgrafen Heinrich der Erlauchte. Während der 49-jährigen Bauzeit wurden rund 168.000 Taler für die Brücke ausgegeben. Die Bauzeit soll deshalb so lange gedauert haben, da immer nur weiter gearbeitet wurde, wenn wieder Geld zur Verfügung stand. Erstmals urkundlich erwähnt wurde das Bauwerk in einem Schreiben vom 25. August 1287.

Auf dieser Federzeichnung von Gabriel de Thola von 1570 ist die alte Dresdner Elbebrücke aus Richtung Osten zu sehen. Markant sind die Tortürme.
Auf dieser Federzeichnung von Gabriel de Thola von 1570 ist die alte Dresdner Elbebrücke aus Richtung Osten zu sehen. Markant sind die Tortürme. © Städtische Galerie Dresden - Kunstsammlung

Eisgang und Hochwasser beschädigten die Brücke jedoch erheblich. Bei der Sommerflut im Jahre 1342 soll sie eingefallen sein. Deshalb wurde sie 1343 auf den alten Pfeilergründungen erneuert. Mit einer Länge von rund 550 Metern reichte sie bis zum Georgentor und war die längste mittelalterliche Gewölbebrücke Europas. Das Bauwerk hatte 24 Pfeiler und 23 Bögen. Als 1547 Festungsbauwerke errichtet wurde, schüttete man die Bögen zwischen fünf Pfeilern zu.

Das ist einer der beiden Bögen der ersten steinernen Dresdner Elbebrücke von 1222, die am Neustädter Brückenende von Archäologen im Zuge der jüngsten Brückensanierung freigelegt wurden. Die Brückenteile bleiben im Untergrund erhalten.
Das ist einer der beiden Bögen der ersten steinernen Dresdner Elbebrücke von 1222, die am Neustädter Brückenende von Archäologen im Zuge der jüngsten Brückensanierung freigelegt wurden. Die Brückenteile bleiben im Untergrund erhalten. © Peter Hilbert

1727 bis 1731 wurde sie unter Federführung von Landbaumeister Matthäus Daniel Pöppelmann und Ratsmauerermeister Johann Gottfried Fehre umgebaut. Sie bekam unter anderem halbrunde Austritte mit Bänken an den Steinpfeilern sowie schmiedeeiserne Geländer. Das Bauwerk war mit 48 Laternen ausgestattet, die erstmals am 30. August 1729 angezündet wurden. Seitdem galt sie als die schönste Brücke Europas. Die Prager Moldaubrücke galt damals als die breiteste und die Regensburger Donaubrücke als die stärkste. Nach ihrem Bauherren August dem Starken wurde sie Augustusbrücke genannt.

Die alte Augustusbrücke um 1905. Sie entsprach den modernen Anforderungen nicht mehr. Wegen ihrer niedrigen Pfeiler und engen Bögen war sie zum Hindernis für die Schifffahrt geworden.
Die alte Augustusbrücke um 1905. Sie entsprach den modernen Anforderungen nicht mehr. Wegen ihrer niedrigen Pfeiler und engen Bögen war sie zum Hindernis für die Schifffahrt geworden. © Archiv Holger Naumann

1739 schrumpfte die Dresdner Elbebrücke weiter um zwei Pfeiler. Damals wurde von Gaetano Chiaveri die katholische Hofkirche gebaut und davor der Schlossplatz angelegt. Anderthalb Bögen wurden deshalb zugeschüttet. Somit überspannte die leicht gekrümmte Brücke nur noch auf einer Länge von 402 Metern mit siebzehn Bögen die Elbe.

Neue Brücke: Pöppelmanns Bau war Hindernis für Schifffahrt

Die Pöppelmannsche Brücke wurde mit zu engen Bögen und zu niedrigen Pfeilern immer mehr zum Hindernis für die Schifffahrt. Also wurde zwischen 1907 und 1910 die heutige Brücke mit ihren neun Bögen errichtet. Interessant ist, dass die Stadt damals völlige Baufreiheit geschaffen hat. Sie ließ eine Interimsbrücke errichten, über die sogar die Straßenbahn fuhr.

Der Bau der neuen Augustusbrücke ist 1908 in vollem Gange. Links daneben ist die Behelfsbrücke, über die auch die Straßenbahn fuhr.
Der Bau der neuen Augustusbrücke ist 1908 in vollem Gange. Links daneben ist die Behelfsbrücke, über die auch die Straßenbahn fuhr. © Arrchiv Straßen- und Tiefbauamt Dresden

Im Juli 1949 verlor das Bauwerk seinen alten Namen. Die Brücke wurde nach dem bulgarischen Kommunisten und Ministerpräsidenten Georgi Dimitroff benannt. Nach der politischen Wende erhielt sie allerdings ihren historischen Namen Augustusbrücke zurück.

Ein Blick auf die neue Brücke nach der Fertigstellung 1910.
Ein Blick auf die neue Brücke nach der Fertigstellung 1910. © Archiv Holger Naumann

Der Pegel: Bei Jahrhundertflut lag Wasser an der Oberkante

Hochwassertafeln von 1655 (8,38 Meter) 1845 (8,77 Meter) und 1890 (8,37 Meter ) erinnern am östlichen Brückenpfeiler neben dem Terrassenufer an große Überschwemmungen. Der Höchststand von 9,40 Metern übertraf am 17. August 2002 bisher alles Bekannte. Der offizielle Dresdner Pegel ist am ersten Strompfeiler auf der Altstädter Seite angebracht. Seine oberste Marke liegt bei 9,40 Metern. Genau die wurden an dem Tag erreicht.

Seit 2017 wird die Augustusbrücke saniert. 2019 war die elbaufwärts liegende Seite fertiggestellt. Danach wurde die andere Brückenhälfte saniert.
Seit 2017 wird die Augustusbrücke saniert. 2019 war die elbaufwärts liegende Seite fertiggestellt. Danach wurde die andere Brückenhälfte saniert. © Peter Hilbert
Die Augustusbrücke wird seit Ende 2023 nachts vor der Altstadtsilhouette wesentlich besser in Szene gesetzt. Dafür sorgen 60 LED-Strahler, die die Sandsteinfassaden dezent beleuchten. Nach Abschluss der Sanierung wurden noch die letzten Feinanpassungen an
Die Augustusbrücke wird seit Ende 2023 nachts vor der Altstadtsilhouette wesentlich besser in Szene gesetzt. Dafür sorgen 60 LED-Strahler, die die Sandsteinfassaden dezent beleuchten. Nach Abschluss der Sanierung wurden noch die letzten Feinanpassungen an © René Meinig
Abteilungsleiter Holger Kalbe (M.) und Bauleiter Karsten Engelmann (r.) von den Sächsischen Sandsteinwerken inspizieren zum Abschluss die letzten Stellen an der Augustusbrücke, die erneuert wurden. Hubbühnenführer Frank Marten bugsiert sie dorthin.
Abteilungsleiter Holger Kalbe (M.) und Bauleiter Karsten Engelmann (r.) von den Sächsischen Sandsteinwerken inspizieren zum Abschluss die letzten Stellen an der Augustusbrücke, die erneuert wurden. Hubbühnenführer Frank Marten bugsiert sie dorthin. © Sven Ellger

Die Sanierung: Marode Brücke ist 2023 komplett saniert

Sandsteine bröckeln, Aussichtsplattformen sind gesperrt. Dresdens traditionsreichste Brücke war Anfang der 2000er-Jahre dringend sanierungsbedürftig. 1910 war der nach historischem Vorbild errichtete Neubau übergeben worden.

Zwar wurden die durch Sprengungen entstandenen Schäden nach dem Zweiten Weltkrieg beseitigt. Umfassend saniert hat die Stadt das Bauwerk bis dahin aber noch nie. Die ersten Arbeiten begannen im April 2017.

Ihr Zustand beim jüngsten Brücken-TÜV im Jahr 2021: ausreichend (2,5-2,9). Nach der Freigabe im Sommer 2021 wird die Augustusbrücke komplett für Autos gesperrt werden. Die letzten Arbeiten ziehen sich bis September 2023 hin. Seitdem darf sie nur noch von Fußgängern, Radfahrern und Straßenbahnen genutzt werden.

Debatte um Freigabe für Autoverkehr

Ein Umstand, der jetzt - nach dem Einsturz der Carolabrücke - für hitzige Debatten sorgt. Sollte die Brücke wieder für den Autoverkehr freigeben werden? Das fordert zumindest der FDP-Stadtrat Robert Malorny. Er erhält unter anderem Unterstützung der CDU. Keine leicht gemachte Entscheidung: Auf der Brücke fahren derzeit vier Straßenbahnlinien; alle 75 passiert eine Bahn die Brücke. Dazu kommen mehr als 10.000 Radfahrer. Autofahrer, Straßenbahnen, Radler: Sie alle müssten sich eine Fahrspur teilen. Die Stadt hat noch keine Entscheidung gefällt.