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Missbrauchsurteil in Dresden: "Die ganze Familie ist zerrüttet"

Ein 37-Jähriger muss für mehrere Jahre in Haft. Er hatte sich an Kleinkindern von Freunden und Verwandten vergangen.

Von Alexander Schneider
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Der 37-jährige Angeklagte, hier mit seinem Verteidiger Daniel Sittner, hat zum Prozessauftakt am Landgericht Dresden alle Vorwürfe gestanden.
Der 37-jährige Angeklagte, hier mit seinem Verteidiger Daniel Sittner, hat zum Prozessauftakt am Landgericht Dresden alle Vorwürfe gestanden. © Foto: SZ/Veit Hengst

Dresden. Sechseinhalb Jahre Haft wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in 18 Fällen und weiteren Fällen von Missbrauch von Kindern ohne Körperkontakt. Dazu Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Filmaufnahmen und Herstellens von Kinderpornografie – so lautet das Urteil gegen einen 37-jährigen Elektroniker vor dem Landgericht Dresden.

Weite Teile der fünf Verhandlungstage fanden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. So hatten die Prozessbeteiligten mehrere Stunden Videoaufnahmen ansehen müssen, der Angeklagte hatte alle Taten gefilmt. Oder anders: Angeklagt waren nur Taten, die der Mann gefilmt hatte. Das könnte dem Umstand geschuldet sein, dass es sich bei den geschädigten Mädchen meist um sehr junge Kleinkinder handelte.

Die Vorsitzende Richterin Eva Stief sprach in ihrer Urteilsbegründung von einem sehr langen Tatzeitraum von 2015 bis 2022. Der Angeklagte habe "Situationen immer bewusst ausgenutzt", sei stets "sehr planvoll" vorgegangen und habe praktisch immer Kameras dabeigehabt. So filmte er seine Taten nicht nur in Wohnungen mit versteckten Kameras, sondern er nahm auch Kinder eines Sportvereins beim Duschen oder unter Wasser bei einem Ausflug in ein Freizeitbad auf.

Viele Taten fanden im Verwandten- und Freundeskreis im Großraum Dresden statt, bei Besuchen, Feiern und Urlauben. Stief betonte, dass eine Steigerung der Übergriffe erkennbar sei. Erst habe der Angeklagte nur gefilmt, zuletzt seinen Penis an den Kindern gerieben: "Es wäre weitergegangen."

Dreijähriges Kind offenbart sich

Die Taten waren an den Weihnachtsfeiertagen 2022 zufällig ans Licht gekommen, als ein erst dreijähriges Mädchen seiner Mutter sagte, was ihr Onkel kurz zuvor gemacht habe. Die Eltern hatten sehr vorsichtig mit dem Mädchen gesprochen und sich auch an eine Hotline gewandt. Die Telefon-Experten hatten von einer Anzeige abgeraten, das Kind sei als Zeugin zu jung. Dennoch wandten sich die Eltern an die Polizei.

Doch der Verdacht hatte eine Durchsuchung noch im Januar 2023 ermöglicht. Bei der Auswertung der sichergestellten Handys, Computer und Datenträger stießen die Ermittler dann auf Tausende Aufnahmen sexueller Gewalt gegenüber Kindern, darunter auch die eigenen Taten.

Nach der Verhaftung im Dezember 2023 habe der Angeklagte bald die Verantwortung übernommen, so Stief. Er habe im Prozess ein umfassendes Geständnis abgelegt, um Entschuldigung gebeten "und nicht drumherum geredet". Man habe gemerkt, dass ihn das sehr belaste. Er habe gedacht, die Kinder bekämen das nicht mit. Das Ausmaß sei ihm erst im Prozess bewusst geworden, die Richterin sprach vom Verlust des Grundvertrauens. "Die Familie ist zerrüttet. Keiner hat ihm die Taten zugetraut."

Wie sich all das bei den Kindern auswirkt, ist unklar. Bislang seien sie nicht auffällig, so Nebenklage-Anwältin Uta Modschiedler. Die Staatsanwaltschaft hatte acht Jahre, Verteidiger Daniel Sittner knapp sechs Jahre Haft gefordert.