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Warum ziehen so viele Menschen aus Dresden weg?

Dresden wächst nur noch langsam. Ein Grund: Zehntausende ziehen jedes Jahr weg. Nicht nur des Jobs wegen, wie eine neue Umfrage zeigt.

Von Sandro Pohl-Rahrisch
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Mehr als 30.000 Menschen sind vergangenes Jahr aus Dresden weggezogen.
Mehr als 30.000 Menschen sind vergangenes Jahr aus Dresden weggezogen. © Paul Glaser (Symbolfoto)

Dresden. Einen Monat ist es her, als Dresden ein unerwartet starkes Einwohnerwachstum vermeldete. Der Blick hinter die Zahlen zeigte auch: Ohne Krieg und Geflüchtete, die nach Dresden kamen, wäre die Stadt im vergangenen Jahr geschrumpft. Denn im Gegenzug haben fast 32.000 Menschen ihrer Heimat den Rücken gekehrt und sind weggezogen. Das entspricht etwa der Einwohnerzahl Radebeuls.

Über die Gründe muss man nicht spekulieren. Denn knapp 6.000 Dresdner haben für die neueste Bürgerumfrage über ihre Umzugsabsichten Auskunft gegeben - und warum sie gegebenenfalls nicht mehr in der sächsischen Landeshauptstadt leben möchten. Das sind die wichtigsten Gründe.

Wie viele Dresdner wollen umziehen?

Der repräsentativen Umfrage zufolge tragen sich 36 Prozent der Dresdner mit dem Gedanken, umzuziehen. Das wären reichlich 165.000 Menschen. Nicht befragt wurden Dresdner, die jünger als 16 Jahre und älter als 90 Jahre sind und weder in Alten- und Pflegeheimen noch in Gefängnissen oder Erstaufnahmeeinrichtungen leben.

Die meisten wollen bereits in den nächsten zwei Jahren raus aus ihrer Wohnung. Da die Umfrage im vergangenen Frühjahr stattfand, haben sie also schon die Kisten gepackt oder werden es in den nächsten Monaten tun.

Doch nicht alle Umzugswilligen wollen Dresden verlassen. Lediglich 42 Prozent von ihnen planen einen Wegzug - grob gerundet also um die 70.000. Die anderen möchten innerhalb der Stadt eine neue Wohnung finden.

Wohin wollen diese Menschen ziehen?

Von den rund 70.000 Menschen, die Dresden verlassen möchten, hat der Großteil das Dresdner Umland im Blick. Dazu gehören Städte und Gemeinden wie Freital, Heidenau, Pirna, Moritzburg und Radebeul. Der Speckgürtel ist damit nicht nur auf dem ersten Platz gelandet. In keiner anderen Bürgerumfrage seit 1993 wollten so viele Dresdner ins unmittelbare Umland ziehen.

Auf Platz 2 der Umzugsziele folgen mit einigem Abstand die alten Bundesländer, kurz danach das Ausland und schließlich die neuen Bundesländer. Die wenigsten planen einen Umzug in weiter entfernte sächsische Landkreise oder Städte, etwa Chemnitz oder Leipzig.

Warum wollen diese Menschen wegziehen?

Umzugsziel Umland: Was haben Radebeul, Heidenau und Co., was Dresden nicht hat? Da wäre zum einen das Angebot an größeren Wohnungen. Das sagen 76 Prozent der Befragten, die ins Umland ziehen möchten. So verwundert es nicht, dass immerhin 20 Prozent derjenigen in einem Haushalt leben, der fünf Personen oder mehr umfasst.

Auf Platz 2 (63 Prozent) steht der Wunsch nach mehr Naturnähe und Ruhe. Ein grünes Wohnumfeld und die Möglichkeit, ein eigenes Haus zu bauen oder eine Eigentumswohnung zu kaufen, belegen die Plätze 3 und 4 (52 bzw. 45 Prozent). Job oder Ausbildung landen im Ranking lediglich auf Rang neun.

Der Wunsch, nicht mehr so viel Geld für die Wohnungen zu bezahlen, nimmt den achten Platz ein (22 Prozent). Miete sowie die Nebenkosten sind zuletzt so teuer gewesen wie nie zuvor. Laut Bürgerumfrage zahlten die Dresdner im Februar 2022 im Schnitt 9,65 Euro pro Quadratmeter für ihre Wohnung. Bei einer 65 Quadratmeter großen Wohnung ergeben sich somit monatliche Kosten von rund 627 Euro. Das geht im Umland offensichtlich günstiger.

Wen zieht es in andere Bundesländer oder ins Ausland?

Wer in andere Bundesländer oder sogar ins Ausland zieht, hat in den seltensten Fällen Probleme mit den Wohnkosten, dem Lärm oder der Luftverschmutzung. So sagen 29 Prozent, sie ziehen wegen des Jobs oder Ausbildung zu weiter entfernten Zielen. 25 Prozent geben familiäre Gründe und Bindungen als Motiv an. Auf dem dritten Platz stehen die Unzufriedenheit mit dem Einkommen in Dresden beziehungsweise das Arbeitsplatzangebot.

Dass es woanders schöner ist, finden lediglich neun Prozent der Umzugswilligen. Acht Prozent geben an, ihr Wegzug sei die Rückkehr in ihre ursprüngliche Heimat. Ebenso viele geben "unangenehme Menschen" als Wegzugsgrund an.

Gibt es Stadtteile, aus denen besonders viele Menschen wegziehen wollen?

Ja, die gibt es. In Prohlis und Reick leben die meisten Menschen, die ins Dresdner Umland ziehen möchten. Fast jeder Dritte befragte mit Umzugsabsichten in diesem Stadtraum hat das angegeben. Dahinter folgen mit Abstand Kaditz, Mickten und Trachau.

In Plauen, Mockritz und Coschütz leben dagegen die meisten Menschen, die es in die alten Bundesländer zieht. Und in der Inneren und Äußeren Neustadt leben besonders viele Personen, die ins Ausland gehen möchten. Diese Entscheidung hat weniger etwas mit einem großen Einkommen zu tun. Die meisten derjenigen, die zeitweise oder dauerhaft aus Deutschland weggehen, haben im Schnitt 1.751 bis 2.000 Euro netto im Monat zur Verfügung.