Partner im RedaktionsNetzwerk Deutschland
SZ + Dresden

Angriffe im Wahlkampf: "Es melden sich deutlich weniger Freiwillige bei uns"

Vier Angriffe in sieben Tagen: Immer wieder kommt es in Dresden zu Übergriffen auf Wahlkampfhelfer und Freiwillige. Betroffene erzählen von den Attacken.

Von Connor Endt & Moritz Schloms
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Vier Angriffe in sieben Tagen: Immer wieder kommt es in Dresden zu Angriffen auf Freiwillige. Davon berichtet Manuel Wolf.
Vier Angriffe in sieben Tagen: Immer wieder kommt es in Dresden zu Angriffen auf Freiwillige. Davon berichtet Manuel Wolf. © Sz Bildmontage: Robert Michael/dpa/ Christian Juppe

Dresden. Mehrere Angriffe auf Wahlkampfhelfer, Ehrenamtliche und Parteibüros erregten in der vergangenen Woche hohe Aufmerksamkeit. Ein Überblick.

23-Jähriger wird an Gewerkschaftsstand zusammengeschlagen

Am Donnerstagabend der vergangenen Woche griffen drei Männer einen 23-Jährigen an einem Info-Stand des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in der Dresdner Innenstadt an. Die drei Männer und eine weitere Frau beleidigten den Mann zusätzlich. Passanten eilten zur Hilfe. Die Polizei konnten die vier deutschen Tatverdächtige noch in der näheren Umgebung stellen. Der Verletze hat das Krankenhaus mittlerweile wieder verlassen, er erlitt blaue Flecken und Prellungen, musste aber nicht genäht werden.

In einem Statement verurteilt der Vorsitzende des DGB Sachsen, Markus Schlimbach, den Angriff: "Junge Menschen tätlich anzugreifen, die sich an einem Infostand für mehr Mitbestimmung und Solidarität einsetzen, ist erbärmlich und muss hart bestraft werden."

Schlimbach sagt, aufgrund der Äußerungen und Beleidigungen, die die Gruppe während des Angriffs von sich gab, sei eine Zuordnung zum rechtsextremen Lager möglich. Der 23-jährige Betroffene war schwarz, die Polizei schließt ein rassistisches Motiv nicht aus. Der Staatsschutz ermittelt dazu, inwieweit der Angriff einen politischen Hintergrund hatte. Im Statement von Schlimbach heißt es weiter: "Gewalt wird als Mittel der Auseinandersetzung in Sachsen immer häufiger, wie auch die vielen Angriffe auf Wahlkämpfende zeigen. Aber auch die Zivilgesellschaft soll eingeschüchtert werden."

Dresdner Polizei: "Qualität und Quantität solcher Vorfälle hat stark zugenommen"

Seit dem 27. Juli dürfen Parteien mit Plakaten für ihre Kandidaten zur Landtagswahl am 1. September werben. Gleich zu Beginn des Plakatierstarts bepöbeln und bedrohen vier mutmaßliche Rechtsextreme, Wahlkampfhelfer der Piraten-Partei. Ein paar Tage später werden Linken-Wahlkampfhelfer in Dohna mit einer Machete bedroht.

Der jüngste Vorfall ereignete sich vermutlich in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag, bei den Grünen in Striesen. "Jemand hat unsere Tür mit einer Art Straßenverkehrsschild angegriffen", sagt die Grüne-Stadträtin Susanne Krause. Das wurde offenbar samt Betonklotz aus dem Boden gerissen und lehnte noch an der Tür. "Die Tür ist zerkratzt, aber hat Stand gehalten. Auch unsere Fenster haben wir wegen der vermehrten Angriffe durch Sicherheitsglas ersetzt."

"Wir lassen uns nicht einschüchtern, aber das Ganze ist ein großes Ärgernis", sagt sie. Schon seit den gewalttätigen Übergriffen im Kommunalwahlkampf gilt bei den Wahlkämpfern der Grünen die Regel, dass sie immer zu viert unterwegs sind und ihre Aktionen der Polizei melden. "Wir wollen niemanden in Gefahr bringen, der sich für uns engagiert."

Bei der Dresdner Polizei nimmt man die Übergriffe und Bedrohungen der vergangenen Tage und Wochen sehr ernst. Schließlich hatten bereits Anfang Mai mehrere Jugendliche den SPD-Politiker Matthias Ecke in Striesen krankenhausreif geprügelt. "Die Qualität und Quantität solcher Vorfälle hat im Vergleich zu den letzten Jahren stark zugenommen", sagt Polizeisprecher Marko Laske.

Die Beamten haben reagiert und eine Wahlkoordinierungsgruppe gegründet. Die Kolleginnen und Kollegen würden Informationen bündeln und Wahlstände und Wahlhelfer-Teams besonders im Blick haben. "Alle Parteien können sich bei uns melden und beispielsweise ihre Plakatier-Routen durchgeben, dann sorgen wir für eine verstärkte Streifentätigkeit", so Laske.

Lokalpolitiker: "Es melden sich deutlich weniger Freiwillige bei uns"

Inzwischen ist es mehr als eine Woche her, dass Manuel Wolf von der Piraten-Partei und die anderen Wahlkampfhelfer beim Plakatieren bedroht wurden. Unbekannte hinterließen zudem ein rechtsextremes Symbol an dem Parteibüro in der Neustadt.

"Wir lassen uns nicht einschüchtern", sagt Wolf trotzdem. "Den Triumph gönnen wir diesen Leuten nicht." Die aktuelle Situation überrascht Manuel Wolf nicht. "Die Politik hat jahrelang die Augen verschlossen vor den Menschen, die sich von der Demokratie abgewendet haben", sagt er. "Es braucht jetzt viel, viel mehr politische Bildung und Aufklärung."

Das Graffiti haben die Piraten längst abgewischt. Doch die Vorfälle hinterlassen Spuren, die sich nicht so einfach beseitigen lassen. "Seit den Kommunalwahlen, als Matthias Ecke angegriffen wurde, melden sich deutlich weniger Freiwillige bei uns", so Wolf. Das könne zwar auch an der Urlaubszeit liegen, doch aktuell sei es schwieriger, freiwillige Helfer für den Wahlkampf zu finden. "Ist aber auch kein Wunder", sagt Wolf. "An einem Tag hängst du Plakate auf, am nächsten Tag sind die runtergerissen oder beschmiert. Viele sind einfach demotiviert."