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SZ + Dresden

So reagierten Dresdner und Touristen auf das Geisel-Drama

In das vorweihnachtliche Dresden platzte am Samstag die Meldung einer Geiselnahme mitten in der Innenstadt. Wie Gäste und Händler reagierten.

Von Alexander Schneider & Dirk Hein & Moritz Schloms
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Halb geöffnete Buden, viele Besucher: Der Striezelmarkt war am Samstag nur kurz in einer Starre.
Halb geöffnete Buden, viele Besucher: Der Striezelmarkt war am Samstag nur kurz in einer Starre. © SZ/Moritz Schloms

Dresden. Es war ein Samstag, der Dresden noch lange im Gedächtnis bleiben wird. Bereits am frühen Morgen war klar: In der Stadt stimmt etwas nicht. Binnen kurzer Zeit überschlugen sich die Nachrichten. Auf einen Polizeieinsatz am Ammonhof folgte die Sperrung der Altmarktgalerie. Wenig später war klar: Es gibt eine Geiselnahme und mindestens eine Tote. Vor diesem Hintergrund öffnete der Striezelmarkt nicht.

Von einer Gefahrensituation spürte man dort jedoch nichts. Per Lautsprecherdurchsage erfahren die Betreiber der Buden, dass sie diese geschlossen halten sollen. Die Polizei spricht von einem Einsatz, geht aber nicht ins Detail. Viele Betreiber halten sich in ihren Buden auf, einige schicken Teile von ihrem Personal nach Hause. Man trinkt Glühwein, vertreibt sich die Zeit mit Galgenhumor.

Die Besucher laufen über den Markt, einige diskutieren mit den Budenbesitzern, ob sie nicht doch etwas kaufen können.

Buden auf dem Striezelmarkt durften wegen des Einsatzes in der Altmarktgalerie nicht öffnen

Da der nah gelegene Weihnachtsmarkt auf dem Neumarkt geöffnet ist, weichen viele dorthin aus. Die Händler und Besucher erhoffen sich vor allem klare Ansagen von der Polizei. "Können wir nachher noch aufmachen, oder schick ich meine Leute nach Hause?", fragt die Chefin einer Bratwurstbude. Auch der Besitzer einer Glühweinbude ist verärgert. "Das ist natürlich schlecht, Samstag ist ein umsatzstarker Tag." Dass sich in der Altmarktgalerie nebenan ein Geiseldrama abspielt, hat er da noch gar nicht mitbekommen.

Viele Besucher und Händler verstehen vor allem nicht, warum die Buden auf dem Markt zwar geschlossen sind, der Markt aber zugänglich bleibt. Besucher von außerhalb stehen ratlos vor halboffenen Ständen.

Reiner Wuttke ist mit seiner Ehefrau Ursula aus Berlin angereist. "Für einen Freund will ich einen originalen Dresdner Stollen kaufen", sagt er. Die Stollenbude hat auf, es brennt Licht. Aber verkauft wird nichts, klare Ansage der Marktleitung. "Was mich wundert, ist die Inkonsequenz", meint Wuttke. "Der Markt ist offen, die Leute laufen hier rum, die Stände sind teilweise offen, aber ich darf nichts kaufen."

Der 76-jährige Reiner Wuttke will für einen Berliner Freund einen Dresdner Stollen kaufen.
Der 76-jährige Reiner Wuttke will für einen Berliner Freund einen Dresdner Stollen kaufen. © SZ/Moritz Schloms

Polizeisprecher Thomas Geithner erklärt das so: "Wir haben alle Stände schließen lassen, damit dort keiner verweilt. Wir hätten sonst eine sehr unübersichtliche Situation, könnten schlecht evakuieren." Jedoch habe sich die Lage im Inneren der Galerie abgespielt und sei so weit im Griff gewesen, dass man den Markt nicht hätte komplett abriegeln müssen.

Marek und Pavla aus Prag sind ebenfalls extra in der Stadt, um den Striezelmarkt zu besuchen. Völlig überraschend erhielten sie einen Anruf von Freunden aus Prag, ob es ihnen gut geht. So erfahren sie von dem Großeinsatz. Als der Markt später wieder öffnet, holen sie sich einen Glühwein.

Die entsprechende Durchsage vom Marktamt kommt gegen 12.55 Uhr. Die polizeiliche Lage habe sich geändert, die Stände dürften wieder öffnen - viele Besucher klatschen spontan.

Marek und Pavla aus Prag freuen sich über einen Glühwein, als die Buden wieder öffnen durften.
Marek und Pavla aus Prag freuen sich über einen Glühwein, als die Buden wieder öffnen durften. © Foto: SZ/Alexander Schneider
Auch Ricardo Jablonski vom Stand Fell- und Lederwaren darf eine kurze Zeit nicht öffnen.
Auch Ricardo Jablonski vom Stand Fell- und Lederwaren darf eine kurze Zeit nicht öffnen. © Foto: SZ/Alexander Schneider
Evren Erdag verkauft eigentlich Pfefferkuchen auf dem Striezelmarkt.
Evren Erdag verkauft eigentlich Pfefferkuchen auf dem Striezelmarkt. © Foto: SZ/Alexander Schneider

Auch Evren Erdag ist betroffen. Er verkauft in einem Stand auf dem Striezelmarkt Pfefferkuchen. Gegen 9.40 Uhr war er in seinem Lager in der Altmarktgalerie. Dann sei die Galerie evakuiert worden, sagt er. Er bleibt dann in seinem Stand, darf nichts verkaufen. Dort wartet er bis zur Freigabe, auch wenn Kunden an seinem Stand klopfen und kaufen wollen.

Insgesamt ist wenig Anspannung auf dem Markt zu spüren. Eine Gruppe aus Potsdam sagt, sie seien zwar ärgerlich gewesen, als sie noch auf der Fahrt im Radio hörten, der Striezelmarkt wäre geschlossen. Sie fürchten, der Markt wäre den ganzen Tag geschlossen. Die Wartezeit überbrücken sie auf dem Weihnachtsmarkt an der Frauenkirche.