Partner im RedaktionsNetzwerk Deutschland
Dresden
Merken

Waffelbäcker versteckte ein Kilo Crystal in der Altmarktgalerie Dresden

Ein Gastronom aus der Dresdner Altmarktgalerie hat gestanden, mit Drogen gehandelt zu haben. In den Details verstrickt sich der Mann in Widersprüche.

Von Alexander Schneider
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Zum Prozessauftakt präsentieren Alexander S. und seine Verteidigerin Ines Kilian dem Landgericht Dresden neue Details, wie der Angeklagte dazu kam, sein Crystal in der Altmarktgalerie zu lagern.
Zum Prozessauftakt präsentieren Alexander S. und seine Verteidigerin Ines Kilian dem Landgericht Dresden neue Details, wie der Angeklagte dazu kam, sein Crystal in der Altmarktgalerie zu lagern. © SZ/Alexander Schneider

Dresden. Wenn es nach Alexander S. geht, muss er froh sein, noch alle Gliedmaßen beisammen zu haben. Vom Druck eines Strafverfahrens vor dem Landgericht Dresden einmal abgesehen, geht es ihm offensichtlich ganz gut. Er sitzt noch nicht einmal mehr in Untersuchungshaft. Dabei soll der Waffelbäcker aus der Dresdner Altmarktgalerie mit einem Kilo Crystal gehandelt haben.

Der 35-jährige gelernte Konstruktionsmechaniker erzählte zum Prozessauftakt nun überraschende Details, wie er mehr oder weniger ohne eigenes Zutun zum Straftäter und zur Aufgabe seiner bürgerlichen Existenz genötigt worden sei. Der Waffelbäcker hatte in seiner Franchise-Filiale in der Altmarktgalerie zuletzt mehrere Angestellte und war, von der coronabedingten Flaute einmal abgesehen, ein unauffälliger Geschäftsmann.

Im Januar durchsuchte überraschend die Polizei den Waffelladen und fand mehr als 800 Gramm der gefährlichen Droge im Lager zwischen Mehlsäcken und anderen Zutaten. Der Stoff lag in einem Mülleimer versteckt, mit Feinwaage, Klipptütchen und zwei älteren Klapphandys. Außerdem stellten die Ermittler im Lager mehr als 10.000 Euro sicher.

Alexander S. ist nicht vorbestraft und hat, wenn man seiner Verteidigerin Ines Kilian glaubt, schon im Januar beim Ermittlungsrichter die Vorwürfe eingeräumt und das Geständnis auch bei einer Haftprüfung der jetzigen Kammer vor einigen Wochen wiederholt. Die Drogen habe er nicht über sein Geschäft in der Altmarktgalerie vertrieben.

Der 35-Jährige bedauere, was er getan habe. Danach – so wirft es die Staatsanwaltschaft dem Mann in der Anklage vom Juni nun vor – habe der Waffelbäcker ein Kilo Crystal von einer unbekannten Person gekauft, um sie mit Gewinn an andere Abnehmer weiterzuveräußern. Knapp 200 Gramm habe er in zwei Transaktionen verkauft, die übrige Menge wurde am 20. Januar gegen 12 Uhr dann im Lager-Mülleimer gefunden.

Geständnis verwirrt Gericht

"Das ist so zutreffend. Daran gibt es nichts zu rütteln", erklärte Verteidigerin Kilian zum Auftakt. Doch dann begann sie gleich selbst zu rütteln und verdutzte den Vorsitzenden Richter Birger Magnussen sichtbar. Denn anders als bei der Haftprüfung tischte der Waffelbäcker ihm nun ein ganz anderes Gericht auf.

So will Alexander S. von einem Unbekannten, den er zufällig in einem Restaurant in der Neustadt kennengelernt habe, in regelmäßigen Abständen 2022 immer wieder aufgesucht worden sein. Den Namen des Mannes nannte er nicht aus Angst, er könnte in der Zeitung stehen. Der "Unbekannte" habe ihm einen illegalen, aber sicheren Kurier-Job angeboten, indem er Crystal und Kokain transportiere, 2.000 Euro pro Fahrt, 1.000 Euro Anzahlung. Der Stoff werde in dem Fahrzeug verbaut, alles kein Problem.

Der Mann sei zunächst sehr freundlich gewesen, habe gesagt: "He Bruder, alles kein Problem." Als er dessen Angebot jedoch abgelehnt habe, sei er erpresst worden. Der Mann habe etwa sein T-Shirt hochgeschoben, um S. ein Messer in seinem Hosenbund zu zeigen, er habe gedroht, er käme wieder und er hätte viele Informationen über S.: "Wir haben einen Deal", habe er gesagt und dass S. Ärger bekommen werde.

Dann habe der "Unbekannte" plötzlich behauptet, S. sei wegen seiner Absage für 10.000 Euro Schaden verantwortlich. Er habe schließlich das Kilo Crystal im August/September 2022 übernommen, um es zu verkaufen, um die Forderung wegen des abgesagten Kurier-Jobs abzubezahlen, sagte der Angeklagte. Aus Angst habe er sich nicht an die Polizei gewandt.

"Hast du Zeit?"

So recht wollten ihm es weder das Gericht noch der Staatsanwalt abnehmen. Sie wunderten sich etwa darüber, warum S. das nicht schon bei seiner Haftprüfung, die Sitzung findet stets unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, ausgesagt hat.

Weiter behauptete S., er habe geringere Mengen, maximal 20 Gramm, verkauft. Das wären mindestens zehn Einzelhandlungen. Auch das war "neu". Interessant war auch die Behauptung, dass S. beide Klapphandys nicht eingesetzt habe. Auf einem fand sich der Text "Hast du Zeit?" Das sei, sagte S. ungefragt, doch eine ganz alltägliche Frage. Es könnte jedoch auch eine Frage sein, um unauffällig ein Drogengeschäft anzubahnen - zumal auf einem alten Gerät, das sich in einem Müllsack mit 800 Gramm Crystal befand. "Da fragt man sich", sagte Magnussen.

Diese Dinge waren für Gericht und Staatsanwalt jedenfalls sichtlich neu und erschienen nicht besonders glaubhaft. Der Prozess wird im Oktober fortgesetzt.