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Großer Garten Dresden: "Wir müssen noch mehr geschädigte Bäume als 2023 fällen"

Der Große Garten in Dresden leidet unter Wettextremen. Trockenheit, Hitze und Starkregen setzen ihm weiter zu. Warum jetzt auch noch gesunde Bäume gefällt werden.

Von Kay Haufe
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"Alles voller Spitzahorn", sagt Claudius Wecke, der Gartenbereichsleiter bei Schlösser, Burgen und Gärten Sachsen und zeigt auf die Bäume.
"Alles voller Spitzahorn", sagt Claudius Wecke, der Gartenbereichsleiter bei Schlösser, Burgen und Gärten Sachsen und zeigt auf die Bäume. © Christian Juppe

Dresden. Und schwups, da ist er weg, der Gartenbereichsleiter. Verschlungen vom grünen Dickicht der jungen Spitzahornbäumchen, die sich überall im Großen Garten ausbreiten. Ein Ärgernis für Claudius Wecke und die Gärtner des Gartendenkmals. Denn der Spitzahorn breitet sich immer aggressiver aus und bildet inzwischen über 95 Prozent des natürlichen Gehölznachwuchses im Großen Garten. Genau so einen grünen Dschungel, in den Claudius Wecke eben eingetaucht ist.

Bald soll zumindest im östlichen Bereich nahe der Karcherallee davon nichts mehr zu sehen sein. Beim zweiten Parkseminar im Oktober sollen Freiwillige Hacke und Spaten schwingen und die Spitzahornbäumchen aus dem Boden entfernen, um Platz zu schaffen für Gehölze, die der berühmte Gartendirektor Friedrich Bouché Ende des 19. Jahrhunderts im großen Garten an der Drachenwiese hat anpflanzen lassen.

Sie verdängen andere Bäume, indem sie mit ihrem großen Laub Eichen und Linden das LIcht wegnehmen. Claudius Wecke mit Exemplaren des Spitzahorns.
Sie verdängen andere Bäume, indem sie mit ihrem großen Laub Eichen und Linden das LIcht wegnehmen. Claudius Wecke mit Exemplaren des Spitzahorns. © Christian Juppe

Damals habe es hier in der sogenannten Grunaer Anlage eine geschlossene Strauchfläche mit vereinzelten Bäumen gegeben, sagt Gartenleiter Wecke. Und genau diese soll auch wieder entstehen.

Zweites Parkseminar gegen den Spitzahorn

Bevor aber Pfaffenhütchen, Kupferfelsenbirnen, Hartriegel, Kreuzdorn oder Schneeball-Sträucher dort in die Erde kommen, müssen zunächst 18 große Spitzahornbäume gefällt werden. Die sind gesund und vital - aber aufgrund ihres Ausbreitungsdranges nicht mehr erwünscht. Dann kommt die Rodungsaktion der Freiwilligen ins Spiel, die am 26. Oktober bei hoffentlich gutem Wetter stattfinden kann. Am Abend zuvor erhalten die 75 Freiwilligen Hintergrundwissen zu den praktischen Arbeiten und Fachvorträge.

Beim ersten Parkseminar im Oktober 2023, bei der die Eichwiese im östlichen Teil nahe der Stübelallee von Spitzahorn befreit wurde, musste einigen Interessierten sogar abgesagt werden, so viele Anmeldungen gab es. Inzwischen haben sich einige der Teilnehmer zu einer ehrenamtlichen Gemeinschaft zusammengefunden, die sich alle sechs Wochen zu weiteren Garteneinsätzen auf der Eichwiese trifft.

Regelmäßige Baumkontrollen zur Sicherheit

Sehen die Wiesen im Großen Garten nach dem Regen der vergangenen Tage schon wieder saftig grün aus, zeigt ein Blick auf viele der alten Bäume: Hitze und Trockenheit über inzwischen viele Jahre schaden ihnen sehr. Beispielhaft ist da eine riesige, über 100-jährige Eiche nahe der Stübelallee, nicht weit vom Palais entfernt. Blattlos ragen ihre dicken Äste in den Himmel, nur auf eine Seite zeigt sich noch ein vitaler Ast mit Blättern. Stück für Stück hat der Baum seine Lebensfunktionen eingestellt, um diesen einen Bereich aufrechtzuerhalten.

Das sei symptomatisch für viele alte Bäume, vor allem Stieleichen und Linden. "Da erleben wir immer wieder, dass grüne Äste ohne Vorankündigung abbrechen", sagt der Chef der 18 sächsischen Gartenanlagen. Deshalb gehen zertifizierte Baukontrolleure und externe Sachverständige regelmäßig durch den Großen Garten, um geschädigte Bäume zu markieren, die weichen müssen. 2021 mussten 185 Bäume gefällt werden, 2023 waren es mit 390 Bäumen schon mehr als doppelt so viele."Wir müssen jetzt noch mehr geschädigte Bäume als 2023 fällen. Wir spüren die Auswirkungen der Hitzejahre 2018 bis 2022 und hecheln hinterher, um die Schäden zu beseitigen." Betroffen sind Bereiche überall im Gartendenkmal, das sich auf einer Fläche von 147 Hektar erstreckt. Hier wachsen fast 16.000 Bäume in 181 Arten und Sorten.

Diese stattliche Eiche im Großen Garten ist am Ende ihres Lebens: Nur ein kleiner Ast hat noch Blätter (rechts). Immer mehr alte Bäume sterben ab.
Diese stattliche Eiche im Großen Garten ist am Ende ihres Lebens: Nur ein kleiner Ast hat noch Blätter (rechts). Immer mehr alte Bäume sterben ab. © Christian Juppe

Neue Bäume bald aus der eigenen Baumschule

Es wird aber nicht nur gefällt, sondern auch nachgepflanzt. Dabei will SBG in einigen Jahren auch auf selbst gezogene Bäumchen zurückgreifen, die in der eigenen Baumschule im Großen Garten heranwachsen. "Weil die Bäume, die hier aus eigenem Saatgut, in unserem Boden und unter unseren Bedingungen heranwachsen, viel besser mit den klimatischen Herausforderungen zurechtkommen, als die in fremder Erde gewachsenen", sagt Claudius Wecke.

Auch an der Drachenwiese sollen neue Bäume gepflanzt werden. "Wir haben Arten ausgewählt, die den neuen klimatischen Verhältnissen gewachsen sind, zum Beispiel Gelb-Kiefer, Ungarische Eiche und Krim-Linde. Wir setzen junge Pflanzen ein, um das vitale Wurzelwachstum voll auszunutzen", erklärt Silke Epple, Projektmitarbeiterin bei SBG. Durch die Neupflanzungen wird die Drachenwiese nach historischem Vorbild wiederhergestellt. Ein wilder Weg wird aufgelöst und ein kniehohes Geländer zum Schutz der Pflanzungen errichtet. Wecke erklärt weiter, dass durch die Pflanzung von dunkellaubigen Kiefern und Zuckerahorn mit leuchtend hellgrünen Blättern ein schöner Kontrast entsteht, der eine gestalterische Spannung im Park entstehen lässt.

Alle Augen auf die Wetterprognose

Aktuell schauen die Verantwortlichen im Großen Garten aber weniger auf Bäume, als auf die Wetterprognosen. Schon bei den starken Regenfällen am 16. August waren große Schäden insbesondere durch den Kaitzbach entstanden, der über die Ufer getreten war sowie die angeschwollene Kanalkette. Betroffen waren Parkwege auf einer Fläche von rund 10.500 Quadratmetern vor allem im Bereich Dammweg und der Südallee. Es gab Ausspülungen, Verschlammungen und zugesetzte Auslässe bzw. Einläufe im Leitungsbestand. Auch die Gleisanlagen der Parkeisenbahn waren in diesen Bereichen betroffen.

Bisher sind die Schäden noch nicht komplett behoben, wie das Staatliche Immobilien- und Baumanagement SIB mitteilt. Es wurden Notreparaturen ausgeführt, um die Hauptwege wieder begehbar zu halten. Verschiedene Bereiche wie an der Löwenbrücke/ Dammweg müssen aus Gründen der Verkehrssicherheit daher noch gesperrt bleiben. Die Parkeisenbahn fährt nach Aufräumarbeiten uneingeschränkt wieder.

Nötig ist jetzt, dass auf den geschädigten Parkwegen die Beläge ersetzt oder bei größeren Ausspülungen diese komplett neu hergestellt werden. Auch an den Anlagen der Parkeisenbahn sind noch verschiedene Instandsetzungsarbeiten an den Gleisen und den betroffenen technischen Anlagen erforderlich.

Nun wird erwartet, dass durch die kommenden Regenfälle der Kaitzbach wieder über die Ufer tritt. "Wir haben bereits Sandsäcke befüllt und vorbereitet, die wir vor allem im Bereich am Zoo auslegen werden", sagt Claudius Wecke.

Anmeldung zum Parkseminar bis zum 18. Oktober unter [email protected]