Partner im RedaktionsNetzwerk Deutschland
SZ + Dresden

Dresdner mit Sehbehinderung: "Mich zu verstecken, kommt nicht infrage"

Daniel Heinrich aus Dresden hat aufgrund einer angeborenen Krankheit nur noch zehn Prozent Sehkraft. Wie er sich durch das Leben und zu einem unbefristeten Arbeitsvertrag gekämpft hat.

Von Julia Vollmer
 3 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Daniel Heinrich arbeitet an Rezeption im Seniorenheim Rainer Fetscher der Arbeiterwohlfahrt in Dresden. Er ist fast blind, hat aber für seinen Job gekämpft.
Daniel Heinrich arbeitet an Rezeption im Seniorenheim Rainer Fetscher der Arbeiterwohlfahrt in Dresden. Er ist fast blind, hat aber für seinen Job gekämpft. © René Meinig

Dresden. "Ich war bislang eigentlich mein ganzes Leben lang auf der Suche und wechselte oft die Arbeitsstellen, um endlich das richtige zu finden." So erinnert sich Daniel Heinrich. Doch heute ist der 36-Jährige endlich angekommen. Er arbeitet an der Rezeption des Seniorenzentrum "Professor Rainer Fetscher" der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Dresden.

Dass er heute dort arbeitet, hat er sich hart erkämpft. "Ich habe nur noch eine Sehkraft von etwa zehn Prozent. Ich bin also schwer sehbehindert", sagt er. Er ist schon mit der Augenerkrankung geboren. Die AWO gab ihm nun eine Chance.

Angestellt ist Daniel Heinrich beim sozialen Arbeitsprojekt Sonnenstein gemeinnützige GmbH. Das ist ein Inklusionsbetrieb und modernes Dienstleistungsunternehmen der Arbeiterwohlfahrt. Das Konzept sieht vor, Menschen mit Behinderung geeignete Arbeitsplätze anzubieten.

"Wir ermöglichen somit einer Vielzahl von Menschen mit Einschränkungen den Zugang zum allgemeinen Arbeitsmarkt. In unserem Unternehmen arbeiten über 150 Mitarbeitende", sagt AWO-Sprecher Andreas Szabo. Das Leistungsangebot umfasst Hausmeister- und Handwerksleistungen, Rezeptionsdienste, Unterhaltsreinigung, Hauswirtschaftshilfe, Gemeinschaftsverpflegung und weitere Dienstleistungen.

Arbeitsplatz an Behinderung angepasst

Einer der Mitarbeitenden ist Daniel Heinrich. "Hier an der Rezeption wurde der Arbeitsplatz so für mich eingerichtet, dass ich gut arbeiten kann und mich integriert fühle", berichtet der junge Dresdner. So lässt sich etwa die Bildschirm-Ansicht für ihn bis zu 600 Prozent vergrößern.

Die Übergabe macht er nicht per Hand, sondern per Computer-Schrift. "Durch meine geringe Sehkraft fällt es mir ein wenig schwer, per Hand leserlich für die Kollegen zu schreiben", sagt Daniel Heinrich. Mit dem Computer fühlt er sich sicherer, sagt er. Er findet auch im Alltag immer wieder Wege, um sich das Leben ein bisschen einfacher zu machen. So tippt er etwa beim Messenger WhatsApp keine Nachrichten, sondern nutzt die Diktierfunktion.

Er wollte schon immer auf eigenen Beinen stehen, so Daniel Heinrich. "Bürgergeld zu beantragen ist für mich keine Option. Ich möchte eigens Geld verdienen", betont Heinrich. Doch der Weg nun zum sicheren unbefristeten Arbeitsplatz war steinig. "Einige Arbeitgeber vorher waren nicht so recht bereit, sich auf meine Bedürfnisse einzustellen. Manchmal scheiterte es schon an einer Lampe, die ein wenig mehr Licht gebracht hätte", erinnert sich der Dresdner.

Angekommen - bei sich und im Berufsleben

Auch der Weg in die richtige Schule als Kind war nicht einfach. Auf der Regel-Vorschule in der Kita fehlen ihm Hilfsmittel, mit denen das Lernen leichter gewesen wäre. Schließlich die Erleichterung: Ein Platz auf der Landes-Blindenschule in Chemnitz.

"Dort wohnte ich im Internat und hatte erst mal schreckliches Heimweh, aber dann kann ich integrierte ich mich gut und es war die richtige Entscheidung, dort zu lernen", so Heinrich. Den Realschulabschluss erkämpfte er sich. Danach absolviert er eine Ausbildung als Bürokaufmann.

Und nun ist er angekommen - bei sich und im Berufsleben. "Mich zu verstecken, kommt nicht infrage. Man sieht mir meine Beeinträchtigung nicht an, daher muss ich viel erklären, aber dann sind die meisten Menschen sehr verständnisvoll", so Daniel Heinrich.

Zu Hause auf der Couch zu hängen, ist nicht sein Ding. Er nimmt am Leben teil, trifft Freunde, fährt Fahrrad macht viel Sport. "Dabei verlasse mich dann einfach auf mein Gehör, das funktioniert viel besser als bei anderen Menschen", sagt er.