Partner im RedaktionsNetzwerk Deutschland
SZ + Dresden

Dresdner Fernsehturm: Anwohner protestieren gegen Parkhaus-Pläne

Anders als ursprünglich angedacht, sollen die Besucher des Fernsehturms in Dresden eines Tages doch eher mit dem Auto als mit dem Bus anreisen. Unter den Anwohnern regt sich Protest.

Von Theresa Hellwig
 5 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Jan und Annett Weigel, Markus Joos, Stefan Döring und Jocken Trinckauf von der Bürgerinitiative Fernsehturm sind gegen den Bau eines Parkhauses am Fernsehturm.
Jan und Annett Weigel, Markus Joos, Stefan Döring und Jocken Trinckauf von der Bürgerinitiative Fernsehturm sind gegen den Bau eines Parkhauses am Fernsehturm. © Christian Juppe

Gehofft hatten die Anwesenden auf den Besuch des Dresdner Ober- oder des Baubürgermeisters. Doch die ließen sich entschuldigen. Rund 80 Menschen kamen dennoch am Samstagvormittag an der Endhaltestelle der Buslinie 61 zusammen. Ihr Ziel: der Austausch über das Verkehrskonzept der Stadt zum Dresdner Fernsehturm. Und: der Protest gegen ein mögliches neues Parkhaus.

Jenes könnte nämlich eines Tages genau dort entstehen, wo sich die 80 Anwohnerinnen und Anwohner an jenem Vormittag in der Sonne im Halbkreis aufgestellt haben. Erst im Sommer war bekannt geworden, dass viele Eckpunkte aus dem einstigen Verkehrskonzept zum Fernsehturm nicht mehr gelten. Wann der Turm, der dieser Tage 55 Jahre alt geworden ist, öffnen soll, ist zwar noch immer ungewiss.

Stadt will dort ein Parkhaus errichten

Die Stadt habe aber erkannt, dass es unrealistisch sei, dass ein Großteil der Gäste mit dem Umweltverbund, also vor allem mit dem Bus, anreisen. Dafür liege der Fernsehturm zu hoch und zu weit abseits. Stattdessen, so teilte die Stadtverwaltung damals mit, setze sie auf ein größeres Parkhaus mit 130 Plätzen. Ursprünglich hätte dieses nur 63 Plätze haben sollen.

Die Mitglieder der Bürgerinitiative informierten die Anwohnerinnen und Anwohner über die Pläne vor Ort.
Die Mitglieder der Bürgerinitiative informierten die Anwohnerinnen und Anwohner über die Pläne vor Ort. © Christian Juppe

Zudem soll es ein zweites Parkhaus mit 250 Plätzen auf dem Park&Ride-Platz an der Rossendorfer Schleife geben, also mehr als drei Kilometer entfernt. Eine geplante neue Buslinie ist schon länger Geschichte, eine geplante Taktverdichtung der Busse ebenfalls.

Mehr als 200.000 Besucher pro Jahr erwartet

Aufgerufen zu der Informationsveranstaltung am Fernsehturm an diesem Samstag hatte die Bürgerinitiative Fernsehturm Dresden, die zu großen Teilen aus Anwohnern und Anwohnerinnen aus Wachwitz und Pappritz besteht. Und die stören sich gleich an mehreren Punkten aus dem Verkehrskonzept.

Der Gedanke eines Parkhauses an jenem Ort, an dem er steht, "erzeugt keine Begeisterung bei den Anwohnern", sagt zum Beispiel Jan Weigel von der Bürgerinitiative. Er und viele andere Anwesende seien als Anwohner sehr betroffen. "Ich kenne das noch aus DDR-Zeiten", sagt er. Damals, als der Turm für Besucherinnen und Besucher geöffnet war, strömten diese in Massen zum Turm. Aber nicht immer, sondern vor allem dann, wenn das Wetter so schön gewesen sei wie an diesem sonnigen Samstag. Mehr als 200.000 Menschen erwarten die Fernsehturmbetreiber pro Jahr, damit sich ihr Konzept überhaupt rechnet.

Hier, an der Endhaltestelle der Buslinie 61, könnte eines Tages ein Parkhaus stehen. Ein Schild weist auf das Landschaftsschutzgebiet hin.
Hier, an der Endhaltestelle der Buslinie 61, könnte eines Tages ein Parkhaus stehen. Ein Schild weist auf das Landschaftsschutzgebiet hin. © Christian Juppe

Jene Besucherinnen und Besucher kämen allerdings, davon ist Jan Weigel überzeugt, nicht gleichmäßig über das Jahr verteilt. Stattdessen kämen sie konzentriert an schönen Tagen am Wochenende und zu Veranstaltungen. Dafür aber gebe es weder genug Parkplätze noch gebe die Straße zum Turm das her, fürchtet er. Und das vermuten auch andere Redner an jenem Tag. Er schätzt: Das Parkhaus würde nur noch mehr Autofahrende anziehen, die dann am Ende nicht im Parkhaus parken, sondern im Wohngebiet.

"Der Fernsehturm steht damit für Massentourismus an der falschen Stelle", sagt Jan Weigel. Nämlich: im Landschaftsschutzgebiet. Am Elbhang. Und: am Wohngebiet.

Über die Wiese könnte dann ein beleuchteter Weg zum Fernsehturm führen.
Über die Wiese könnte dann ein beleuchteter Weg zum Fernsehturm führen. © Christian Juppe

Ein Problem haben die Mitglieder nicht nur mit dem Parkhaus an sich, sondern auch mit dem Fakt, dass die Menschen von dort aus ein paar Hundert Meter Strecke zum Fernsehturm zurücklegen müssen. Bislang gebe es nämlich keinen direkten Zugang dorthin. "Dafür soll die schöne Waldlichtung mit einem beleuchteten Weg durchquert werden", erklärt Jan Weigel. "Das ist ein Feldblumenparadies für Schmetterlinge, dort leben Eidechsen", sagt er. Das würde aus seiner Sicht zerstört werden.

Sorge um Steuergelder

Aber nicht nur die Sorge vor dem zunehmenden Autoverkehr und vor der Zerstörung der Landschaft und Umwelt bewegt die Anwesenden. Auch die Sorge um ihre Steuergelder tut es.

Mindestens 26 Millionen Euro soll die Sanierung des Turms kosten, von mehr als sechs Millionen Euro aus dem städtischen Haushalt war einmal die Rede. "Was passiert", fragt Stefan Döring, Sprecher der Bürgerinitiative, "wenn sich das Konzept am Ende gar nicht trägt?" Er meint: Was, wenn die Besucher ausbleiben? "Wie rechtfertigen sich diese Millionen angesichts der aktuellen Haushaltslage?" So steigen die Kitagebühren und die Stadt will weder die Schwimmhalle in Klotzsche noch das neue Sachsenbad bauen, weil im Haushalt ein Loch klafft.

Nicht nur die Bürgerinitiative stellt infrage, ob sich die Stadt jetzt noch den Umbau des Fernsehturms leisten solle. Auch die Grünen hatten sich mit einem entsprechenden Statement bereits an die Öffentlichkeit gewandt - und in dem Zuge zugleich infrage gestellt, ob Dresden sich die Bundesgartenschau überhaupt noch leisten könne.

Bürgerinitiative nicht per se gegen Wiederbelebung des Turms

Das alles bedeute gar nicht, dass alle Mitglieder gegen die Wiederbelebung des Fernsehturms seien. Im Gegenteil: Auch er verbinde viel mit dem Turm, sagt Jan Weigel. Bereits sein Vater habe dort gearbeitet. Vielen Mitgliedern gehe es eher darum, dass das Konzept für den Turm ein kleineres sei. Ein Museum, von ehrenamtlichen betrieben, beispielsweise. Kein Konzept, das auf viele Besucherinnen und Besucher ausgelegt ist, eben.

Andere seien zufrieden, wenn die Stadt den Fokus doch wieder auf die erste Variante des Verkehrskonzepts setze. Wenn also die Gäste doch wieder mit dem Bus anreisen würden anstatt mit dem Auto. "Davon", ärgert sich Jan Weigel und meint die erste Variante des Verkehrskonzepts, "ist aber nichts mehr übrig."

Transparenzhinweis: Die Fernsehturm Dresden GmbH, als zukünftiger Betreiber des Fernsehturmes, besteht aus drei lokalen Akteuren - der DDV-Mediengruppe, zu der auch Sächsische.de und die Sächsische Zeitung gehören, der Dresdner Tourist-Information (eine DDV-Tochter) und der Kommunikationsagentur Avantgarde Sales & Marketing. Diese "teilen" sich den Turm zu je einem Drittel - und konnten im Juni 2021 mit ihrem Konzept für die Wiederbelebung überzeugen.