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Dresden

Teileinsturz der Carolabrücke in Dresden: Was bisher bekannt ist

Ein Teil der Carolabrücke in Dresden stürzt in der Nacht in die Elbe. Eine wichtige Verkehrsader ist unpassierbar. Die Stadt entgeht knapp einer Katastrophe. Was über das Unglück bekannt ist und welche Folgen es gibt.

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Dresden ist in der Nacht zu Mittwoch nur knapp einer Katastrophe entgangen: Gegen drei Uhr kam es zu einem teilweisen Einsturz der Carolabrücke, bei dem ein etwa 100 Meter langes Stück in die Elbe fiel.
Dresden ist in der Nacht zu Mittwoch nur knapp einer Katastrophe entgangen: Gegen drei Uhr kam es zu einem teilweisen Einsturz der Carolabrücke, bei dem ein etwa 100 Meter langes Stück in die Elbe fiel. © dpa

Dresden. Die Stadt ist in der Nacht zu Mittwoch nur knapp einer Katastrophe entgangen: Ein Teil der Carolabrücke stürzte in die Elbe. Eine der wichtigsten Verkehrsaders Dresdens ist nun unpassierbar. Wie konnte das passieren? Was bislang bekannt ist.

Was ist passiert?

Gegen drei Uhr kam es zu einem teilweisen Einsturz der Carolabrücke, bei dem ein etwa 100 Meter langes Stück in die Elbe fiel. Über den Abschnitt führten Straßenbahngleise sowie ein Fuß- und Radweg. Nur wenige Minuten vor dem Einsturz war laut den Dresdner Verkehrsbetrieben (DVB) in der Nacht die letzte Straßenbahn über die Brücke gefahren. Nach Angaben der Feuerwehr und der Stadt kamen bei dem Unglück jedoch keine Menschen zu Schaden.

In welchem Zustand befand sich die Carolabrücke?

Die Carolabrücke ist eine Spannbetonbrücke aus dem Jahr 1971. Seit Jahren gibt es an ihr Bauarbeiten, auch weil bauliche Mängel festgestellt wurden. 2019 bis 2021 wurde das Stück elbaufwärts saniert, danach von 2022 bis 2023 das Mittelstück. Der jetzt eingestürzte Brückenzug elbabwärts ist der einzige Teil des Bauwerks, der noch nicht überholt ist. Nach einem geplanten Verkehrsversuch sollten von 2025 bis 2026 Abdichtungen, Stahlbetonkappen, Geländer, Beleuchtung und auch die Gleistrassen erneuert werden.

Fotgrafik Foto:RND
Fotgrafik Foto:RND © RND

„Das ist ein Risiko, mit dem wir uns seit vielen Jahren auseinandersetzen“, sagte Abteilungsleiter Holger Kalbe, Verantwortlicher für die Sicherheit aller Brücken. „Dass der Zustand im Zug C so schlimm ist, dass es zum Einbruch gekommen ist, das war nicht voraussehbar.“

Was ist über die Ursache des Unglücks in Dresden bekannt?

Der Polizei zufolge gibt es keine Anhaltspunkte für eine Fremdeinwirkung, sie geht von einem Unglück aus. Polizisten seien mit die Ersten vor Ort gewesen. Sie hätten Dienst als Objektschützer an der Synagoge gehabt und zunächst den Lärm der einstürzenden Brückenteile gehört. „Sie haben es beschrieben als großes, schwere Geräusch“, so der Sprecher.

Die genaue Unglücksursache ist bislang nicht bekannt. Die Ermittlungen laufen. Aber Holger Kalbe äußerte zumindest eine Vermutung: Korrosion könnte verantwortlich sein - eine Folge von mangelhafter Wartung in der Vergangenheit. "Wir haben hier zu DDR-Zeiten massiven Chlorid-Eintrag gehabt", sagte Kalbe. Zwar sei bereits Chlorid entzogen worden, aber an der Stelle, wo das Brückenteil einbrach, habe ein Mast der Verkehrsbetriebe gestanden. Es sei denkbar, "dass an der Stelle massiv die Chloride eingedrungen sind und dort im Inneren der Brücke zu einer Korrosion der Bewehrung geführt haben."

Die Leiterin des Dresdner Straßen- und Tiefbauamtes, Simone Prüfer, betonte, dass die Brücke regelmäßig überprüft und kontrolliert worden sei. Zweimal pro Jahr habe es Besichtigungen gegeben, die letzte große Prüfung liege etwa drei Jahre zurück. Eine Erklärung für das Versagen des Bauwerks habe sie noch nicht, sagte Prüfer.

Welche Folgen hat der Einsturz der Carolabrücke?

Warmwasser: Beim Einsturz der Brücke sind auch Fernwärmeleitungen zerborsten, bei denen es sich um eine der Haupttrassen in Dresden handelt, die das Altstädter Netz mit dem Neustädter Netz verbindet. Laut dem Versorger Sachsen-Energie war deshalb zunächst die Versorgung unterbrochen. Am Nachmittag waren jedoch weite Teile wieder am Netz. Die Krankenhäuser arbeiteten ohne Einschränkung, hieß es. Es sei ein Netztrennkonzept aktiviert worden, um die Versorgung der restlichen Stadtteile zu sichern.

Autoverkehr: Die Carolabrücke, das Terrassenufer und der Elbradweg bleiben bis auf weiteres gesperrt. Der Kfz-Verkehr wird deshalb über die Albertbrücke umgeleitet, teilt die Stadt Dresden mit. Dort staute es sich ab Mittwochvormittag. Die FDP-Fraktion fordert deshalb, die Augustbrücke für den Autoverkehr freizugeben. Das schließt die Stadt derzeit aus. Außerdem stehen noch mehrere Pkws unter der abgesperrten Brücke.

Straßenbahnen: Seit 3.30 Uhr werden die Linien 3, 7 und 8 umgeleitet. Ab dem Nachmittag konnten sie wieder den Carolaplatz passieren, nachdem die Verkehrsbetriebe (DVB) die Fahrleitungen gesichert hatten. Die DVB rechnet mit starker Linienbelegung auf der Augustusbrücke, weil nun die 3 und 7 dort zusätzlich verkehren. Die Haltestelle Synagoge kann nicht bedient werden. Mehr dazu lesen Sie hier.

Schiffsverkehr: 20 bis 30 Mal am Tag fahren die Dampfschiffe normalerweise unter der Carolabrücke hindurch, berichtet Stefan Bloch, Geschäftsführer der Weißen Flotte. Der September sei der umsatzstärkste Monat im Jahr. Diese neue Situation könnte das gesamte, sehr gute Jahr der Flotte vermiesen. Denn momentan ist die Elbe für den Schiffsverkehr unter der Brücke gesperrt. Die Weiße Flotte dürfe aber voraussichtlich weiter die Elbe von Bad Schandau bis unterhalb der Elbbrücke und von Meißen bis oberhalb der Carolabrücke befahren.

Bei der Sächsischen Binnenhäfen Oberelbe GmbH (SBO) nimmt man die Situation bislang gelassen. Der Güterverkehr auf der Elbe ruht wegen des niedrigen Pegels schon länger. Allerdings könnte der Hafenchef in der kommenden Woche unruhig werden, denn da soll der Frachtverkehr wieder aufgenommen werden. Maximal zwei Frachtschiffe pro Tag haben die Carolabrücke normalerweise unterquert.

Hochwasser: Die Feuerwehr in Dresden bereitet sich auf ein mögliches Hochwasser der Elbe vor. Dieses könnte die Aufräumarbeiten nach dem teilweisen Einsturz der Carolabrücke erschweren. Es gebe Kenntnis über eine mögliche Unwetterlage im Osten, so Michael Klahre von der Feuerwehr Dresden. Es gelte jetzt, sicherzustellen, dass „ein mögliches Hochwasser an der Elbe mit Blick auf die Trümmerteile keine Gefahren für Menschen oder andere Bauwerke mit sich bringt“, sagte Oberbürgermeister Dirk Hilbert. Unterdessen lehnte Tschechien ein Ersuchen Sachsens, wegen des Einsturzes der Carolabrücke vorübergehend den Elbefluss zu drosseln, ab.

Carolabrücke in Dresden: Wie geht es jetzt weiter?

Laut Brückenbauexperte Steffen Marx, Professor am Institut für Massivbau an der TU Dresden, ist die gesamte Brücke aktuell einsturzgefährdet. Besondere Gefahr besteht für den Teil der Brücke, der sich auf der stromabwärtigen Seite über dem Elberadweg und dem Terrassenufer befindet. Für diesen Brückenteil gelte derzeit "akute Einsturzgefahr".

Um den Rest der Brücke vor dem Einstürzen zu bewahren, sollen nun Stützen unter die Brücken gestellt werden. So soll unter anderem sichergestellt werden, dass der Rest der Brücke nicht einstürzt, wenn der Mittelteil der Brücke aus der Elbe geholt wird.

Dies werde einige Zeit in Anspruch nehmen. "Wir reden über Wochen, was die Beseitigung des eingestürzten Teils anbelangt", so Marx. Laut dem Experten wird die Brücke über Monate nicht befahrbar sein.

Wie reagierte die Politik?

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) zeigte sich am Mittwoch erleichtert, dass niemand bei dem Unglück verletzt wurde oder ums Leben gekommen ist. „Es ist glimpflich abgegangen“, sagte er. Es sei nicht auszudenken, wenn es am Tag passiert wäre, während Straßenbahn und Autos Brücke überquerten. Er habe „richtig Gänsehaut“ bei „dieser schrecklichen“ Vorstellung, so Kretschmer. Die Katastrophe müsse nun ausgewertet und es müsse geklärt werden, was die Ursache war. Da vertraue er auf die Stadt.

"Wir können nur dankbar sein, dass niemand bei diesem schrecklichen Ereignis zu Schaden gekommen ist", teilte Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) mit. Er dankte den Einsatzkräften und zuständigen Behörden für ihr "umsichtiges Agieren". Nun gelte es sicherzustellen, dass ein mögliches Hochwasser an der Elbe mit Blick auf die Trümmerteile keine Gefahren für Menschen oder andere Bauwerke mit sich bringe, so Hilbert weiter. (SZ/dpa)