Dresden. In der Dresdner Altstadt ist am Mittwochmorgen ein Teil der Carolabrücke eingestürzt - der letzte Abschnitt, der noch unsaniert war. Welche Schäden beim letzten Brücken-TÜV festgestellt wurden und welche Noten die anderen Brücken erhalten haben.
- Der Brücken-TÜV: Hauptprüfung alle sechs Jahre
- Die Carolabrücke: Anfang 2025 sollten die Bagger anrollen
- Das Blaue Wunder: Sanierung um zwei Jahre verschoben
- Die Waldschlößchenbrücke: Immer noch keine Baugenehmigung
- Die Flügelwegbrücke: Fahrbahn-Instandsetzung geplant
- Die Albertbrücke: Solider Zustand nach Instandsetzung
- Die Augustusbrücke: Stadt muss Elbwiesen wiederherstellen
- Die Marienbrücke: Nächste Frischekur wird geplant
Der Brücken-TÜV: Hauptprüfung alle sechs Jahre
Brücken und andere Ingenieurbauwerke wie Stützwände oder Tunnel werden alle sechs Jahre bei einer Hauptprüfung nach der DIN 1076 durch speziell ausgebildete Bauwerksprüfer inspiziert. Beim landläufig als Brücken-TÜV bezeichneten Verfahren werden die Standsicherheit, die Verkehrssicherheit und die Dauerhaftigkeit ausgewertet und zu einer Zustandsnote von 1 (sehr guter Zustand) bis 4 (ungenügender Zustand zusammengefasst. Der letzte Brücken-TÜV für den nun eingestürzten Brückenzug war 2021.
Die Carolabrücke: Anfang 2025 sollten die Bagger anrollen
Sehr gut vorangekommen war die Stadt mit der Sanierung der Carolabrücke. Bis Mitte 2021 war der erste, elbaufwärts liegende Brückenzug der 1971 fertiggestellten Carolabrücke saniert worden, von Oktober 2022 bis November 2023 der mittlere Zug.
Ab Anfang kommenden Jahres sollte der letzte, elbabwärts liegende Brückenzug mit dem Fußweg und der Straßenbahnstrecke saniert werden. Dort war geplant, wie beim elbaufwärts liegenden Brückenzug den Fußweg zu verbreitern und dabei leichteren Carbon beziehungsweise Basaltbeton einzusetzen, der dort erstmals beim Großbrückenbau getestet wurde.
"Dort haben wir viele Erfahrungen gesammelt", erklärte Brücken-Abteilungsleiter Holger Kalbe vom Straßenbauamt im April 2024. Damit hatte die Stadt gemeinsam mit dem Institut für Massivbau der TU Dresden neue Wege beschritten. "Diese innovative Technologie hat sich bewährt", sagte Baubürgermeister Stephan Kühn (Grüne). Die Stadt wollte für die Arbeiten, die Anfang 2025 beginnen und bis April 2026 dauern sollten, rund 5,8 Millionen Euro investieren.
Im Gespräch war die Carolabrücke vor dem Teileinsturz wegen des bis Jahresende laufenden Verkehrsversuchs, bei dem getestet wird, wie sich die Sperrung einer Fahrspur auf dem mittleren Brückenzug für einen Radweg in Richtung Altstadt auswirkt.
Zustand sanierter, elbaufwärts liegender Brückenzug: befriedigend (2,0-2,4), Mitte (von 2021): ausreichend (2,5-2,9), elbabwärts liegender, eingestürzter Teil ( von 2021): nicht ausreichend (3,0-3,4). Schäden am eingestürzten Brückenzug: freiliegende korrodierende Bewehrung an der Hohlkastenunterseite, freiliegende korrodierende Bewehrung an den Gesimsen, Dichtung im Gleisbereich.
Das Blaue Wunder: Sanierung um zwei Jahre verschoben
Bis März vergangenen Jahres war das 280 Meter lange Mittelteil des Blauen Wunders saniert worden. Eigentlich sollten die Arbeiten auf der Blasewitzer Brückenseite im Juni 2023 fortgesetzt werden. Doch das hat ein juristischer Streit um die Auftragsvergabe verhindert, sodass die Stadt im Januar das Verfahren um den bereits vergebenen Auftrag wieder aufgehoben hat. Der Erstplatzierte war vors Oberlandesgericht gezogen. Die mündliche Verhandlung war am 2. Mai. Das Verfahren ist beendet, da die Firma ihren Beschwerdeantrag zurückgezogen hat.
Nach der Entscheidung des OLG befasste sich am 19. Juli auch die Vergabekammer mit einem der beiden Nachprüfungsanträge zum Bauvorhaben Blaues Wunder. Der Nachprüfungsantrag einer am Vergabeverfahren beteiligten Firma wurde zurückgewiesen, hatte die Landesdirektion Sachsen (LDS) mitgeteilt. Über das zweite Nachprüfungsverfahren muss sie jetzt noch entscheiden.
Kühn hofft, dass die Arbeiten im Frühsommer 2025 beginnen können. Die Fördermittel von 13 Millionen Euro stehen aber noch zur Verfügung. Die umfassende Sanierung ist dringend nötig, macht Brückenexperte Kalbe deutlich.
Von der vorletzten Prüfung 2018 bis zur jüngsten Hauptprüfung ist die Bewertung von "nicht ausreichend" (3,0-3,4) auf "ungenügend" (3,5-4,0) abgesackt. Das ist die schlechteste Zustandsnote auf der bis 4 reichenden Skala. Also ist eine Instandsetzung dringend nötig.
Die Waldschlößchenbrücke: Immer noch keine Baugenehmigung
Fast elf Jahre rollt der Verkehr über die Waldschlößchenbrücke, die einen soliden Zustand hat. Der einzige Schwachpunkt sind die LED-Lichtleisten in den Handläufen. 775 der insgesamt 1,322 Lichtleisten sind bisher ausgefallen, neu installierte jedoch nicht, erklärt Kalbe.
Das Bundesverwaltungsgericht hatte im Juli 2016 die Baugenehmigung für die Brücke gekippt. Nachgeholt werden musste die Umweltverträglichkeitsprüfung nach den strengen EU-Richtlinien für Flora-Fauna-Habitate (FFH). Die Stadt hatte die Planfeststellungsunterlagen Ende 2021 bei der Landesdirektion Sachsen eingereicht. Danach gingen acht Stellungnahmen beziehungsweise Einwände ein. Diese wurden durch die Stadt beantwortet. Derzeit wertet die Landesdirektion die Einwände sowie Gegenstellungsnahmen aus. "Einen Zeitpunkt, wann wir den Planfestellungsbeschluss bekommen, hat uns die Landesdirektion noch nicht genannt", sagt Kühn.
Zustand: befriedigend (2,0-2,4)
Die Flügelwegbrücke: Fahrbahn-Instandsetzung geplant
Rund 43.000 Autos rollen täglich über die Flügelwegbrücke, die damit die am stärksten befahrene städtische Elbebrücke ist. Sie war zwischen 2001 und 2004 komplett neu gebaut worden. Die starke Nutzung hat Spuren hinterlassen. Die Fahrbahn weist Spurrillen, Blasen und Risse auf, verweist Kalbe auf einige Schäden.
"In absehbarer Zeit werden wir eine größere Instandsetzung an der Fahrbahn, den Fahrbahnübergängen und den Lagern durchführen", sagt er.
Zustand: befriedigend (2,0-2,4)
Die Albertbrücke: Solider Zustand nach Instandsetzung
In solidem Zustand befindet sich Dresden zweitälteste Elbebrücke. Schließlich ist die 1877 fertiggestellte Albertbrücke ab 2014 sowohl oben als auch unten umfassend saniert worden. Lediglich mit der Steuerung der LED-Strahler gibt es immer wieder Ärger. Derzeit sind sie ohnehin abgeschaltet, um Energie zu sparen.
Zustand: ausreichend (2,5-2,9)
Die Augustusbrücke: Stadt muss Elbwiesen wiederherstellen
Im September vergangenen Jahres war die umfassende Sanierung der Augustusbrücke abgeschlossen worden. "Dieses Jahr müssen wir nur noch die Elbwiesen wieder herstellen", sagt Kalbe. Das war unter anderem durch Hochwasser verhindert worden.
Zustand: ausreichend (2,5-2,9)
Die Marienbrücke: Nächste Frischekur wird geplant
Die Marienbrücke war zwischen 1994 und 2001 umfassend saniert worden. Seitdem sind bereits 23 Jahre vergangen. "Wir werden dieses Jahr mit der Planung für die nächste Sanierung beginnen", kündigt Kalbe an. Dabei werden alle Bauteile von der Fahrbahn bis zu den Pfeilerfüßen instandgesetzt. Die Sanierung soll in zwei bis drei Jahren beginnen.
Zustand: ausreichend (2,5-2,9)
Der Text erschien ursprünglich am 22. April 2024 und wurde jetzt aktualisiert.