Partner im RedaktionsNetzwerk Deutschland
SZ + Dresden

Führungsduo im Klinikum Dresden: Wie Jobsharing den Druck in Leitungspositionen mindern kann

Jana Hoyer und Elisabeth Kluge teilen sich am Dresdner Adipositaszentrum eine Führungsposition. Welche Erfahrung beide mit Jobsharing gemacht haben und wie das Gesundheitswesen von diesem Modell profitieren könnte.

Von Sandro Pohl-Rahrisch
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Jana Hoyer (links) und Elisabeth Kluge teilen sich am Städtischen Klinikum Dresden eine Führungsposition.
Jana Hoyer (links) und Elisabeth Kluge teilen sich am Städtischen Klinikum Dresden eine Führungsposition. © Matthias Rietschel

Dresden. Im Dresdner Adipositaszentrum werden Menschen mit starkem Übergewicht betreut - psychologisch, mit Ernährungsberatung und gegebenenfalls chirurgisch. Jana Hoyer ist die Leitende Psychologin am Zentrum an der Industriestraße. Elisabeth Kluge ebenfalls. Beide teilen sich die Führungsposition: Jana Hoyer führt von Montag bis Mittwoch und Elisabeth Kluge von Mittwoch bis Freitag. Jobsharing nennt sich das. Welche Erfahrung haben die beiden Psychologinnen nach einem Jahr mit diesem Arbeitsmodell gesammelt? Und wie reagieren die Kollegen?

Bis April 2023 leitet Jana Hoyer das Psychologenteam allein. Als einen irren Druck beschreibt sie den Job zu dieser Zeit. Denn als Mutter muss sie ihr Kind pünktlich aus der Kita holen, auf der anderen Seite kann sie wichtige Arbeitstermine nicht einfach ausfallen lassen. Teilzeit ist keine Option, so wie in vielen anderen Führungspositionen auch.

Darüber hinaus strebt die 39-Jährige damals eine Weiterbildung an, für die sie Zeit brauchte. Als sich Elisabeth Kluge als Psychologin am Zentrum bewirbt, funkt es. Jana Hoyer kann sich die 28-Jährige gut als Job-Partnerin vorstellen und bietet ihr in Absprache mit dem Klinikum die geteilte Leitungsposition an. Ein Pilotprojekt, das nun zur Normalität werden soll.

Mittwoch ist Übergabetag

"Ich habe mich schon gefragt, ob ich mir das zutraue", erinnert sich Kluge. "Allein hätte ich die Stelle auf keinen Fall übernommen, das wäre mir zu groß gewesen." Nach einem Schnuppertag in der Abteilung und etwas Bedenkzeit nimmt sie das Angebot an.

"Es war von Anfang an klar, dass nicht jeder von uns alles machen kann, nur an verschiedenen Tagen, sondern wir uns die Führungsaufgaben inhaltlich teilen", sagt Jana Hoyer. Sie kümmert sich unter anderem um die Finanzen, die Kommunikation mit dem Direktorium und trifft strategische Entscheidungen, ihre Kollegin leitet das Team und koordiniert das Tagesgeschäft am Adipositaszentrum. "Wir treffen uns jede Woche beim Übergabetag am Mittwoch, besprechen gemeinsam die Agenda und tauschen uns auch sonst jederzeit aus."

Als große Bereicherung empfinden beide, gemeinsam Entscheidungen zu treffen. "Zwei Köpfe denken über eine Sache nach. Das ist ein großer Vorteil."

Das Team ist zunächst skeptisch: Wer ist jetzt die Chefin? Weiß Jana Hoyer am Montag von dem Gespräch, das am Freitag mit Elisabeth Kluge geführt wurde? Wer ist die Neue? Das Team lässt sich allerdings auf das Jobsharing-Modell ihrer Vorgesetzten ein. Das neue Führungsduo sei vorsichtig, aber gut aufgenommen worden, erzählen beide. "Es ist wichtig, das vorher mit allen zu besprechen und Feedback einzuholen."

Jobsharing könnte bestimmte Stellen attraktiver machen

Im Gesundheitswesen sei Jobsharing weniger etabliert, sagt Patricia Müller von der Personalbetreuung des Städtischen Klinikums. Dabei sei dieses Modell auch im ärztlichen und therapeutischen Dienst an einem Krankenhaus denkbar. So seien Oberarzt-Stellen für junge Medizinerinnen derzeit eher unattraktiv. Durch das Medizinstudium verschiebe sich die Familienplanung oftmals auf die Zeit, in der solch eine Position erstmals infrage kommt. Meist stehe dann aber die Kinderbetreuung im Vordergrund. Indem sich zwei Ärztinnen eine Oberarztstelle teilen, könnte dieser Job für Frauen attraktiver werden.

Und wie findet man den passenden Jobpartner? "Entweder selbst oder mithilfe der Personalabteilung", sagt Patricia Müller. Am Städtischen Klinikum ist bereits eine Arbeitsgemeinschaft eingerichtet worden, die sich mit der Suche nach dem Matching-Partner, mit der Organisation im Jobshharing-Tandem und der Ausschreibung geeigneter Jobsharing-Stellen beschäftigt. Gefördert wird das Projekt durch EU und Bund. "Wir suchen bereits per Ausschreibung gezielt nach Fachkräften, die daran interessiert sind, sich eine Position zu teilen." Man wolle jetzt mit solchen Jobangeboten reagieren, nicht erst dann, wenn Stellen nicht besetzt werden können.

"Ich weiß, wie überfordern der Job von außen aussehen kann", sagt Jana Hoyer. Umso mehr sei sie Elisabeth Kluge dankbar dafür, dass sie sich auf das Jobsharing eingelassen habe. "Es ist eine riesige Entlastung."