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SZ + Feuilleton

Wanda in Dresden: Bussis, Kippen und Handys als Effektgeräte

Die Wiener Band Wanda spielte sich selbst und die Fans in der ausverkauften Dresdner „Jungen Garde“ in einen kollektiven Rausch.

Von Andy Dallmann
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Manuel Christoph Poppe, Reinhold Weber und Marco Fitzthum (v.l.) sind Wanda. Am Sonnabend brachte sie in Dresden die "Junge Garde" zum Kochen.
Manuel Christoph Poppe, Reinhold Weber und Marco Fitzthum (v.l.) sind Wanda. Am Sonnabend brachte sie in Dresden die "Junge Garde" zum Kochen. © PR

Das Versprechen am Schluss, unbedingt wiederkommen zu wollen, taugte ein wenig als Trost dafür, dass alles so schnell vorbei war. Punkt 22 Uhr musste die Wiener Band Wanda am Sonnabend den Stecker ziehen. Da hatten die 5.000 Fans in der ausverkauften Dresdner „Jungen Garde“ längst davon geträumt, dieser Abend würde nie ein Ende haben. So intensiv war das Ganze, so punktgenau lief die Show ab, so groß war die Euphorie auf und vor der Bühne. Die Musiker spielten das Publikum in einen kollektiven Rausch und wurden ihrerseits von der Begeisterung umgehauen. Im wörtlichen Sinne: Frontmann Marco Fitzthum setzte sich vors Keyboardpodest und genoss minutenlang den Jubel.

Gern etwas Rotlicht: 5.000 Fans bejubelten am Sonnabend den Auftritt von Wanda in der ausverkauften "Jungen Garde" in Dresden.
Gern etwas Rotlicht: 5.000 Fans bejubelten am Sonnabend den Auftritt von Wanda in der ausverkauften "Jungen Garde" in Dresden. © Jana-Carolin Wiemer

Hatten Wanda das Konzert mit dem Hit „Bologna“ eröffnet, diente die Nummer nach gut 100 Minuten auch als Abgesang. Dazwischen ging es munter zwischen älteren Songs und Stücken des im Juni veröffentlichten Albums „Ende nie“ hin und her. Für die Lichtshow wurde gern auf tiefes Rot zu waberndem Bühnennebel gesetzt. Naheliegend, dass so der Bandnamensgeberin Wanda Gertrude Kuchwalek, der bisher einzigen Zuhälterin in der Geschichte Wiens, gehuldigt werden sollte. Nicht ganz jugendfreie Texte tun ihr Übriges.

Wie die Austro-Rocker Wiener Schmäh und hedonistische Bekenntnisse glaubhaft mit Verletzlichkeit und Melancholie verschmelzen, lässt einen regelmäßig staunen. Live packt das noch weit intensiver, vor allem, wenn ordentlich angebaut wird. Wie etwa bei der bluesigen Ballade „Va bene“, die Gastgitarrist Sebastian „Zebo“ Adam mit einem famosen Solo eröffnete. Mehrfach marschierte der sonst vor allem als Produzent arbeitende Musiker in Richtung Bühnenrand und überließ dabei in bester Metal-Tradition sein Haar dem Wind. Bassmann Reinhold Weber lieferte wiederum eine Art Gegenentwurf zu Harry Jeske ab, dem einstigen Vier-Saiten-Experten der Puhdys. Bewegte dieser sich rein gar nicht, absolvierte Weber ein eindrucksvolles Gymnastikprogramm und spielte sogar im Liegen präzise.

Viel Liebe und ausdauernde Chöre

Der ebenso bewegungsfreudige Frontmann spendierte zwischenrein seine Kippen einem fangsicheren Fan, fand jedoch backstage bald Nachschub. Für den Zugabenblock kam er im wehenden offenem Hemd zurück. Unter Freunden pfeift man doch gern auf Etikette. Viel wichtiger: Die Riffs saßen, natürlich auch die Melodien; diese Mischung aus fast schon poppigen Passagen, Indie-Attitüde und staubtrocken durchkachelndem Rock'n'Roll nahm sofort gefangen, Fitzthums Texte triggerten den Verstand.

Bussi, Schatzi, Bussi... Die Liebesbekundungen nahmen gar kein Ende, die Fan-Chöre wurden ebenso wenig leiser und hielten selbst bei explizit wienerischen Textpassagen durch. Das Publikum fühlte sich zudem für die Effekte zuständig und ließ besonders in den ruhigeren Momenten Hunderte Handy-Sternlein leuchten. „Danke für die letzten zehn Jahre. Ihr habt uns ein hochinteressantes, vollkommen merkwürdiges Leben ermöglicht“, rief Sänger Marco Fitzthum. „Ihr seid so ein tolles Publikum in Dresden. Immer wenn ich vor euch stehe, denke ich mir, man kann schon hoffnungsvoll in die Zukunft schauen.“ Dieser Optimismus wirkte definitiv ansteckend und letztlich als weiterzureichende Empfehlung: Gut möglich, dass die "Junge Garde" fürs nächste Dresden-Konzert von Wanda viel zu klein ist.