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Einschnitte beim Hygiene-Museum in Dresden: Droht der Abstieg in die Mittelmäßigkeit?

Das Deutsche Hygiene-Museum ist weltweit einmalig, nun soll es von den harten Spar-Plänen der Stadt Dresden betroffen sein. Jetzt sagt das Museum, wo es zukünftig Abstriche machen will. Das könnte seinem Ruf schaden.

Von Birgit Grimm
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Die Stiftung Deutsches Hygiene-Museum Dresden fürchtet angesichts der Kürzungspläne der Stadt um das Format und den internationalen Ruf des Hauses.
Die Stiftung Deutsches Hygiene-Museum Dresden fürchtet angesichts der Kürzungspläne der Stadt um das Format und den internationalen Ruf des Hauses. © René Meinig

Lisa Klamka, kaufmännische Direktorin des Deutschen Hygiene-Museums Dresden (DHMD), beendete die Pressekonferenz über die geplanten Haushaltskürzungen mit den Worten: „Wir können es uns nicht leisten, die Hoffnung aufzugeben.“

Gemeinsam mit Direktorin Iris Edenheiser machte sie am Montag öffentlichkeitswirksam darauf aufmerksam, dass dem Haus 2025 und 2026 jeweils 1,33 Millionen Euro fehlen werden, wenn der Dresdner Stadtrat im November die Kürzungen im Kulturbereich so beschließt, wie sie jetzt auf dem Tisch liegen.

Das Hygiene-Museum ist eine Stiftung bürgerlichen Rechts, die 1999 ohne Stiftungskapital gegründet wurde. Stifter sind der Freistaat Sachsen und die Landeshauptstadt Dresden, die zur Erfüllung des Stiftungszwecks das Museum zu gleichen Teilen finanzieren.

Wenn also die Stadt dem Museum 665.000 Euro streicht, muss der Freistaat nachziehen. Die Stiftung des Hauses muss nicht nur das Programm finanzieren, sondern auch Gehälter des festangestellten Personals und die Instandhaltung des Gebäudes, das unter Denkmalschutz steht.

Einnahmen aus Eintrittsgeldern und Vermietungen des Tagungszentrums, öffentliche und private Drittmittel für Sonderausstellungen und Veranstaltungen kommen hinzu. 300.000 Besucher im Jahr sprechen für die Relevanz des Hygiene-Museums, das einer der kulturellen Leuchttürme Deutschlands ist.

Nur eine Sonderschau in diesem Jahr

Seit 2021 zahlen Stadt und Land jeweils 3.165.000 Euro in die Stiftung. „Infolge der Inflation und der allgemeinen Kostenentwicklung konnten die Beiträge der Stifter schon 2023 nicht einmal die notwendigen Fixkosten abdecken. Die gesamte Programmarbeit, und damit der eigentliche Stiftungszweck, wird seit einigen Jahren nur über Drittmittel und Eigenerlöse finanziert“, erklärt Lisa Klamka.

Deshalb wurden im Hygiene-Museum längst Sparmaßnahmen umgesetzt, so die Budgets der Abteilungen um 20 Prozent gekürzt und die Eintrittspreise Anfang des Jahres auf 12 Euro erhöht. Früher leistete sich das Haus zwei Sonderausstellungen im Jahr, die zeitweise parallel liefen. In diesem Jahr bleibt es bei nur einer Sonderschau, die vom Publikum gut angenommen wird: „Museum DDR“.

Klamka und Edenheiser zeigen die Konsequenzen auf, wenn der Leuchtturm weiter auf Sparflamme geführt werden müsste: Zunächst müssten die finanziellen Rücklagen aufgelöst werden, um die laufenden Kosten zu decken. Die Budgets der Abteilungen des Hauses würden gekürzt, ein zweiter Schließtag pro Woche eingeführt. Für Kinder und Jugendliche müsste Eintritt bezahlt und das Bildungs- und Vermittlungsprogramms eingedampft werden.

Als „extrem peinlich“ bezeichnet es Iris Edenheiser, wenn die geplanten Sonderausstellungen abgesagt werden müssten. Für die „Freiheits“-Schau seien bereits wichtige Kooperationspartner auch in Polen und Tschechien angefragt, so Iris Edenheiser. Im kommenden Jahr soll das Thema der Schau „Freiheit“ sein. 2026 nimmt das Haus die Folgen der Corona-Pandemie für die mentale Gesundheit der jungen Menschen in den Fokus.

Entlassungen vorerst ausgeschlossen

Entlassungen von Kolleginnen und Kollegen schließt das Führungsduo vorerst aus. So viel soziales Verantwortungsbewusstsein muss sein. Zumal die Festangestellten des Hygiene-Museums nicht wie die anderer Kultureinrichtungen nach dem Tarif des öffentlichen Dienstes, sondern nach einem Haustarif bezahlt werden, der „spürbar unter den öffentlichen Tarifen liegt“. Aber wie will das Führungsduo bei den angekündigten Abstrichen im Programm begründen, dass alle Stellen weiterhin besetzt bleiben müssen?

Abstieg in die Mittelmäßigkeit kann nicht gewollt sein

Fakt ist, dass sich das Deutsche Hygiene-Museum, das ohnehin weltweit einmalig ist, mit seinen Ausstellungen, mit dem Kindermuseum, mit dem Bildungs- und Vermittlungsprogramm, den zahlreichen öffentlichen Veranstaltungen einen hohen Stellenwert in der Dresdner Kulturlandschaft erarbeitet hat.

"Die oben skizzierten Maßnahmen beschreiben ein Szenario, in dem das Vorzeigemuseum Dresdens unweigerlich und in kürzester Zeit in die Mittelmäßigkeit absteigen würde. Wir können uns nicht vorstellen, dass das gewollt ist“, sagt Iris Edenheiser.

Von den Dresdner Haushaltskürzungen im Kulturbereich sind unter anderem auch das Festspielhaus Hellerau und die Staatsoperette betroffen. Für Hellerau könnte dies einen verkürzten Spielbetrieb von vier Monaten statt bisher zehn Monaten bedeuten.