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Dresdner Grüne: "CDU zu wählen, um die AfD zu verhindern, ist keine kluge Sache"

MP Michael Kretschmer fordert die Sachsen auf, aus strategischen Gründen ihn und seine CDU zu wählen. Dresdens Grüne sagen: "Strategisch wählen, aber klug" und wollen in eine ganz andere Richtung.

Von Andreas Weller
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Dresdens Grünen-Vorsitzende Susanne Krause und  Klemens Schneider rufen dazu auf, dass die Dresdnerinnen und Dresdner Grüne wählen.
Dresdens Grünen-Vorsitzende Susanne Krause und Klemens Schneider rufen dazu auf, dass die Dresdnerinnen und Dresdner Grüne wählen. © Matthias Rietschel

Dresden. Um aus Sicht von Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) die Macht im Land nicht an "Populisten" abzugeben, ruft er auf, die CDU zu wählen. Damit die rechtsextreme AfD am 1. September nicht stärkste Kraft in Sachsen wird, wildert der MP bewusst auch in den Lagern von SPD, Grünen und anderen.

Diese Attacke kontern nun die Grünen in Dresden. Sie verstehen unter "strategischem Wählen" etwas ganz anderes, sehr zum Unmut anderer Parteien.

Worum geht es genau?

Vor wenigen Tagen hat MP Kretschmer dazu aufgerufen, aus strategischen Gründen die CDU zu wählen. Das kommt bei den Dresdner Grünen nicht gut an. Sie starten nun eine Art Gegenkampagne. "Ja, die Dresdnerinnen und Dresdner sollten strategisch wählen", so Dresdens Grünen-Chefin Susanne Krause. "Aber klug. CDU zu wählen, um die AfD zu verhindern, ist keine kluge Sache."

Die Grünen sehen die Gefahr, dass dann sie, die Linke und die SPD, es nicht wieder in den Landtag schaffen und auch die FDP nicht zurück in den Landtag gewählt wird. Laut der jüngsten Umfrage wird es tatsächlich knapp. Dafür wäre aber das neue Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) mit elf Prozent sicher drin.

"Wir sehen die Gefahr, dass künftig nur noch drei Parteien im Landtag vertreten sind - CDU, AfD und BSW", so Krause. "Dann wären progressive Positionen im Land nicht mehr sichtbar."

Deshalb sollten die Wählerinnen und Wähler, insbesondere in Grünen Hochburgen wie Dresden, mit beiden Stimmen Grüne wählen. "Wir sind optimistisch, dass wir es wieder in den Landtag schaffen", so der Co-Vorsitzende Klemens Schneider. "Wichtig ist die Regierungsoption." Damit meint er, weiterhin Teil der Regierung zu sein.

Sollte dies über die Zweitstimmen, also die für die jeweilige Partei, nicht reichen, gibt es die Möglichkeit, mit mindestens zwei Direktmandaten bei den Erststimmen sachsenweit dennoch in den Landtag einzuziehen. "Wir gehen davon aus, dass wir mit Thomas Löser ein Direktmandat in Dresden gewinnen und sind optimistisch, mindestens ein zweites Mandat zu holen", sagt Schneider.

Wo können die Grünen Direktmandate holen?

Zuallererst natürlich im Wahlkreis 41, also in den Dresdner Stadtteilen Neustadt und Johannstadt. Dort will Thomas Löser sein Direktmandat verteidigen. Die Grünen verweisen als Indiz für eine gute Ausgangsposition auf die Ergebnisse der Stadtratswahl. Auf den Wahlkreis heruntergebrochen liegen die Grünen dort mit 23,9 Prozent sicher vorn, Linke und CDU erhielten 12,7 beziehungsweise 12,4 Prozent, die AfD 10,9 Prozent.

Aber dieses Rechenbeispiel legen die Grünen auch in den Wahlkreisen (WK) 44 (Striesen und Blasewitz), 45 (Altstadt, Strehlen, Friedrichstadt und Pieschen) und 47 (Löbtau, Plauen, Südvorstadt) an. Im WK 44 lagen die Grünen im Juni knapp hinter der CDU auf Platz zwei, im WK 45 knapp vor der AfD auf Platz eins und im WK 47 ebenfalls ganz vorne, knapp gefolgt von CDU und AfD.

"Deshalb sollte die Wählerinnen und Wähler in den innerstädtischen Wahlkreisen auf keinen Fall die CDU wählen, um die AfD zu verhindern", so Krause. Die Grünen werben gezielt um beide Stimmen. Aus ihrer Sicht hätten von den Kandidatinnen und Kandidaten aus dem linken Lager nur die der Grünen überhaupt eine Chance, Direktmandate zu holen. Deshalb sollen möglichst viele, die SPD, Linke, Piraten, Die Partei oder Volt wählen, die Erststimme der oder dem Grünen geben, Schneider nennt es "Gegenangebot zu dem der CDU".

Wie bewerten das die anderen Parteien?

"Grundsätzlich verstehe ich die Panik der Grünen", so Dresdens Linke-Wahlkampfleiter Thomas Feske. "Aber wenn man sich beispielsweise den Wahlkreis 45 anguckt, da ist es doch logisch, die Linke und unseren Kandidaten André Schollbach zu wählen, wenn man Dresden stärken und die Belange der Stadt im Landtag vertreten haben will." Andere seien da relativ sicher über die Partei-Listen vertreten, wie etwa CDU-Kandidatin und Ministerin Barbara Klepsch, die Listenplatz zwei hat oder Grünen-Kandidat Valentin Lippmann (Platz vier), so Feske.

Es gehe darum, die "Stimme für Gerechtigkeit" im Landtag stärken. "Das Linke Spektrum ist dort auch anders aufgestellt, als beispielsweise im Neustadt-Wahlkreis. BSW tritt nicht an, diese Menschen wählen eher nicht die Grünen." Zudem könne Schollbach dort ein Direktmandat holen und dazu beitragen, dass die Linke über zwei Direktmandate - eines ist in Leipzig wahrscheinlich - in den Landtag zu kommen. "Auch das bedeutet, weniger Sitze für die AfD", so Feske. "Wer die AfD schwächen will, muss also Linke wählen. Die Aufrufe von Grünen und CDU sind totaler Humbug. Die Linke ist jedenfalls kein Mehrheitsbeschaffer der Sachsen-CDU im Gegensatz zu SPD und Grünen. Zudem stößt die Kriegsbegeisterung der Grünen und ihr sonstiges politisches Gebaren viele Menschen ab."

Die SPD nehme den Aufruf "zur Kenntnis", sagt Dresdens SPD-Chef und Direktkandidat Albrecht Pallas. "Im Wahlkampf erlebe ich gerade, dass viele Menschen sich eine stabile Regierung wünschen und den Streit zwischen CDU und Grünen sehen. Deshalb wollen sie die SPD im Landtag weiter vertreten wissen."

Die Direktwahlkreise werden aus seiner Sicht "überschätzt, in Bezug auf die Regierungsbildung."