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Dresden

Wenn OB Hilbert das Rathaus in Dresden zum Party-Tempel macht

In der Nacht zu Sonnabend fand erneut die umstrittene Party für 18-Jährige im Rathaus in Dresden statt. Oberbürgermeister Dirk Hilbert genoss den Kontakt zu den jungen Menschen - die freuen sich, können die Kritik aber nachvollziehen.

Von Andreas Weller
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Oberbürgermeister Dirk Hilbert begrüßt Gäste, viele wollen Fotos mit ihm.
Oberbürgermeister Dirk Hilbert begrüßt Gäste, viele wollen Fotos mit ihm. © Christian Juppe

Dresden. Sie stehen alle lange in der Schlange vor der Goldenen Pforte, der Andrang ist groß. 5.400 junge Menschen hat Oberbürgermeister Dirk Hilbert ins Rathaus zur Party "@nachtschicht_18" eingeladen.

Es soll eine Art Erstkontakt mit der Verwaltung und der Stadtspitze sein, Hemmschwellen abbauen. Aber es gibt aus mehreren Gründen Kritik an den Partys. Dennoch kommen die Eingeladenen gerne.

Schlangestehen für Selfie mit OB Hilbert

Techno-Beats hämmern bereits vor dem Rathaus - gegenüber der Goldenen Pforte legen draußen DJs auf, Dresdnerinnen und Dresdner, die 18 Jahre und zum Teil ein wenig älter sind, stehen Schlange für die Rathaus-Party.

Kurz nach 21 Uhr geht es los, Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) begrüßt die Gäste per Handschlag, viele wollen Selfies machen und der OB macht mit. Drinnen gibt es mehrere Floors zum Tanzen, Getränkestände, Infostände der Verwaltung und in einer etwas abgelegenen Ecke dürfen sich auch die Fraktionen des Stadtrates präsentieren.

Am Wochenende wurde das Rathaus in Dresden zum Party-Tempel
Am Wochenende wurde das Rathaus in Dresden zum Party-Tempel © Christian Juppe
Oberbürgermeister Dirk Hilbert hat viele der Gäste persönlich mit einem Händedruck begrüßt.
Oberbürgermeister Dirk Hilbert hat viele der Gäste persönlich mit einem Händedruck begrüßt. © Christian Juppe
DJs legen nur einmal im Jahr im Rathaus in Dresden auf.
DJs legen nur einmal im Jahr im Rathaus in Dresden auf. © Christian Juppe
Schlangestehen, mit Lightshow und hämmernden Beats vor dem Rathaus in Dresden.
Schlangestehen, mit Lightshow und hämmernden Beats vor dem Rathaus in Dresden. © Christian Juppe
Eric Stehfest macht Selfies mit Jugendlichen, bevor er später selbst als DJ dran war.
Eric Stehfest macht Selfies mit Jugendlichen, bevor er später selbst als DJ dran war. © Christian Juppe

Tausende Partygäste nehmen für diese Nacht das Rathaus in Beschlag. Auch der Plenarsaal ist ein Dancefloor, wo sonst der Stadtrat tagt, zum Teil heiße politische Debatten führt - auch über genau diese Partys, die OB Hilbert seit ein paar Jahren veranstaltet. Die Kosten dafür sind enorm, die Vergabe der Aufträge dafür war in den ersten Jahren fehlerhaft, das haben die Rechnungsprüfer im Rathaus beanstandet.

In diesem Jahr kommt hinzu, dass das Geld in Dresden immer knapper wird, die Carolabrücke zum Teil zusammengefallen ist, Hochwasser Nachbarländer stark betroffen hat - deshalb wurde die Absage gefordert, aber OB Hilbert hat sich entschieden, die "@nachtschicht_18" auch in diesem Jahr durchzuziehen.

Wie sehen Jugendliche die Partys und die Kritik?

Charlotte ist 19, sie war auch im vergangenen Jahr bei der Party vom OB. "Freunde haben mir damals empfohlen, hierher zu gehen. Es ist echt cool, mit Gleichaltrigen zu feiern, in Clubs sind auch viele Ältere." Sie sagt aber auch: "Ich kann die Kritik verstehen, es kostet schon sehr viel Geld." In diesem Jahr sind es 145.000 Euro an Steuergeldern für die Nacht.

Ihre Freundin Pauline ist zum ersten Mal da, sie ist 18 Jahre und bestätigt, dass es auch für sie zwei Seiten hat. "Es ist gut, dass für Jugendliche etwas getan wird." Gleichzeitig lerne man die Verwaltung etwas kennen. "Das schweißt die Jugend und die Stadt insgesamt zusammen", ist sich Charlotte sicher.

v.l. Josie, Dennis, Henriette und Ava sind zum Feiern ins Rathaus gekommen.
v.l. Josie, Dennis, Henriette und Ava sind zum Feiern ins Rathaus gekommen. © Christian Juppe

"Es ist schon cool, vom Oberbürgermeister eingeladen zu werden", sagt Henriette. "Ich habe natürlich auch die Kritik wahrgenommen und hätte nicht gedacht, dass das so teuer ist - das geht bestimmt auch günstiger."

Dennoch sei die Party eine "gute Idee". Das bestätigen auch ihre Freundinnen Ava und Josie - die drei 18-Jährigen sind mit Dennis da, der 22 Jahre alt ist. "Es ist aber schon gut, dass wir und andere junge Leute im Rathaus feiern können", so Ava.

"Herr Hilbert scheint völlig abgehoben zu sein"

Im Rathaus gab es nach einigen Grenzerfahrungen in den vergangenen Jahren, mit zu viel Alkohol und Verletzten quasi eine Art Präventionsveranstaltung. Schauspieler Eric Stehfest, der ein Buch über seine Drogensucht und den Weg heraus geschrieben hat, stand einigen Jugendlichen für Fragen zur Verfügung, bevor er selbst als DJ die Musik zum Tanzen lieferte.

Unterm Strich zieht OB Hilbert erneut eine positive Bilanz der Party-Reihe. Die Kritik daran aber bleibt. In diesen Zeiten sei es "unpassend und unangemessen, einfach zur Tagesordnung überzugehen", so Linke-Fraktionschef André Schollbach. "Herr Hilbert scheint inzwischen völlig abgehoben zu sein."