Partner im RedaktionsNetzwerk Deutschland
Freischalten Freischalten Dresden

DVB-Millionen-Loch: Hilferuf zur Verkehrsfinanzierung aus Dresden

Die Nahverkehrsunternehmen in ganz Sachsen haben massive Finanzprobleme. Für mehr Unterstützung haben sie jetzt einen offenen Brief an Landtagsabgeordnete in Dresden übergeben. Wo es klemmt und wie die Politiker reagieren.

Von Andreas Weller
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Den DVB fehlen 20 Millionen Euro - sachsenweit sind die Verkehrsunternehmen in Finanznot.
Den DVB fehlen 20 Millionen Euro - sachsenweit sind die Verkehrsunternehmen in Finanznot. © Sebastian Kahnert/dpa (Symbolfoto)

Dresden. In den Kassen der Verkehrsbetriebe in Sachsen klaffen Millionen-Löcher, die Finanz-Chefs wissen derzeit nicht, wie sie für das kommende Jahr planen sollen. Deshalb haben die Vorstände der Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB) und der Verkehrsbürgermeister von Dresden stellvertretend für insgesamt sechs Städte einen offenen Brief an Landtagsabgeordnete übergeben - einen Hilferuf.

Worum geht es genau?

Laut Dresdens Verkehrsbürgermeister Stephan Kühn (Grüne) ist es "Fünf nach Zwölf für die Nahverkehrsunternehmen". Deshalb wende man sich an all diejenigen, die nach der Landtagswahl am 1. September in "Regierungsverantwortung" kommen wollen. "Deutschland- und Bildungsticket sind absolut wünschenswert, führen aber zu geringeren Einnahmen für die Unternehmen. Gleichzeitig steigen die Kosten."

Zudem kämen Fördermittel vom Bund nicht vollständig bei den Unternehmen an. "Die Unternehmen wissen nicht, wie sie ihren Finanzplan aufstellen sollen", so Kühn. Das Geld genüge nicht, um das vorhandene Angebot zu erhalten, geschweige denn auszubauen, wie vorgesehen.

Wie viel Geld fehlt den DVB?

Es brauche einen "Pakt", damit Bund, Land und den sächsischen Kommunen, damit den Unternehmen genügend Gelder zur Verfügung gestellt wird, so Kühn. Alleine bei den DVB fehlen laut Finanzvorstand Andreas Hemmersbach für das kommende Jahr 20 Millionen Euro. Und das, obwohl die DVB bereits 55 Millionen Euro Verlustausgleich von den Technischen Werken Dresden aus Sachsen-Energie-Gewinnen erhalten und 25 Millionen Euro von der Stadt.

"Es ist natürlich nicht üblich, einen Brief vor dem Landtag zu übergeben, aber den Nahverkehr geht die Puste aus", so Hemmersbach. "Die Einnahmen sinken trotz steigender Nachfrage. Wir brauchen eine Perspektive." Auch dass die Verkehrswende nur mit einem "langem Atem" und einer gesicherten Finanzierung funktionieren kann, steht in dem Brief, den jeweils die Oberbürgermeister und Chefs der Nahverkehrsunternehmen unterschrieben haben. Neben Dresden sind Leipzig, Chemnitz, Zwickau, Plauen und Görlitz dabei.

Christian Hartmann (v.l.), Gerhard Liebscher und Rico Gebhardt nehmen den offenen Andreas Hemmersbach und Stephan Kühn entgegen.
Christian Hartmann (v.l.), Gerhard Liebscher und Rico Gebhardt nehmen den offenen Andreas Hemmersbach und Stephan Kühn entgegen. © Sven Ellger

Wie reagieren die Landtagsabgeordneten?

Der CDU-Fraktionschef Christian Hartmann, Grünen-Wirtschaftspolitiker Gerhard Liebscher und Linken-Abgeordneter Rico Gebhardt kamen zur Übergabe des Briefes, zu der alle Fraktionen eingeladen waren. "Das Thema treibt uns in ganz Sachsen und Deutschland um", so Hartmann.

Er verweist darauf, dass die Politiker Steuergelder der Bürgerinnen und Bürger verteilen. "Der Nahverkehr hat eine besondere Bedeutung in den Städten und im ländlichen Raum. Es ist eine Frage der Prioritätensetzung bei der Aufstellung des nächsten Haushaltes. Wir werden nicht mehr Geld zur Verfügung haben, also werden wir das ausdiskutieren."

Liebscher unterstrich, dass ein attraktiver Nahverkehr benötigt wird, um die Verkehrswende zu schaffen - auch im ländlichen Raum. "Deshalb unterstützen wir die Forderung." Auch Gebhardt signalisiert, dass sich die Linke auch in der Opposition dafür einsetzen werden. "Wir können Druck auf die Regierung machen und haben bereits ein ÖPNV-Gesetz eingereicht, damit die Finanzierung gesichert wird."

Wie reagiert die Landesregierung?

"Auch wir hätten gern deutlich noch mehr Geld für den ÖPNV ausgegeben und deshalb haben wir seit 2016 für eine Verfünfachung der Landesmittel für den ÖPNV gesorgt", so Verkehrsminister Martin Dulig (SPD). "Nur der Landeshaushalt, den alle drei Koalitionsfraktionen gemeinsam beschlossen haben, sieht nicht mehr Geld vor."

Die Finanzierung des ÖPNV obliege primär und auch gesetzlich verankert, den Kommunen und Landkreisen, darauf weist Dulig hin. "Der Freistaat kann diese – nach finanziellen Spielräumen – unterstützen, obwohl dies nicht seine Aufgabe ist.
Ich wollte, das ist bekannt, in dieser Legislaturperiode eine Landesverkehrsgesellschaft gründen, um dem Freistaat mehr Verantwortung und auch finanzielle Verpflichtungen zu übertragen. Dies lehnten die Landräte und Oberbürgermeister mehrfach ab."

Der Minister sagt zudem, dass sein Vorschlag, zur Gründung einer Landesverkehrsgesellschaft, am Veto der Grünen gescheitert sei. "Zudem ist mir kein einziger Vorschlag der Grünen in den vergangenen fünf Jahren geläufig, wo man sich für Verbesserungen im ÖPNV eingesetzt hat. Anstatt neue Ideen und Lösungsvorschläge einzubringen, nun im Wahlkampf mit Schmutz zu werfen, ist unverschämt."

Gemeinsam mit dem Bund habe Sachsen finanziell dafür gesorgt, dass die Verkehrsunternehmen die schwere Corona-Zeit überstehen konnten. "Auch in der Energiekrise haben wir die Unternehmen massiv mit zusätzlichem Geld des Freistaates unterstützt", so Dulig weiter. Allein von 2022 bis 2023 seien zusätzlich 136 Millionen Euro an Unterstützungsleistung an die Aufgabenträger geflossen und bis 2031 seien es über 900 Millionen Euro zusätzlich.

"Nicht nur die Haushaltssperre des sächsischen Finanzministers sondern vielmehr die Einstellung des Bundesprogrammes, erschweren uns weitere Förderungen", sagt der Minister. "Wir arbeiten jedoch an Lösungen. Gerade die großen Städte Dresden, Leipzig und Chemnitz profitieren überdurchschnittlich von den Möglichkeiten die wir ihnen durch die europäischen Förderproramme und unseres Landesinvestitionsprogrammes zur Verfügung stellen."