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Klappbare Lastenboxen für Fahrräder: Die faltbare Revolution aus Dresden

Das Dresdner Start-up Allpacka erfindet die Lastenbox neu. Jetzt steht die Serienproduktion an.

Von Jana Mundus
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Eine klappbare Kiste macht das normale Fahrrad zum Lastenrad. Die Idee stammt aus Dresden.
Eine klappbare Kiste macht das normale Fahrrad zum Lastenrad. Die Idee stammt aus Dresden. © Jürgen Lösel

Nach der Arbeit schnell mit dem Rad in den Supermarkt: ein Brot, zwei Flaschen Wasser, etwas Obst und Schokolade. An der Kasse die Erkenntnis: kein Beutel dabei. Also zur Papiertüte gegriffen. Aber wohin damit auf dem Rad? Auf den Gepäckträger passt sie kaum, der Rucksack ist voll. Bleibt nur der Lenker und eine wackelige Fahrt… Lukas Ludwig ärgerte sich über dieses Problem. Nach den Vorlesungen an der TU Dresden ging der ehemalige Elektrotechnik-Student oft für die WG einkaufen. „Meistens hatte ich nichts zum Transportieren dabei und die Fahrradtaschen lagen zu Hause“, erinnert er sich. Das muss anders gehen, dachte er. So entstand die Idee für eine besondere Kiste und ein eigenes Start-up.

Glücklicherweise studierte seine Mitbewohnerin Daniela Weiß Maschinenbau an der TU Dresden. „Ich kannte das Problem mit dem Fahrradtransport gut“, erzählt sie. Gemeinsam überlegten sie, wie sie es lösen könnten. Ihre Idee: eine neuartige Kiste für den Gepäckträger. Eine klappbare Lösung, die man im Notfall schnell öffnen kann, die aber, wenn sie nicht gebraucht wird, das Fahren nicht behindert. So etwas gab es bisher nicht. Ihr Ehrgeiz war geweckt.

Aus ihren Transportproblemen machten Daniela Weiß und Lukas Ludwig kurzerhand eine Geschäftsidee. Sie entwickelten die klappbare Kiste für den Fahrradgepäckträger.
Aus ihren Transportproblemen machten Daniela Weiß und Lukas Ludwig kurzerhand eine Geschäftsidee. Sie entwickelten die klappbare Kiste für den Fahrradgepäckträger. © Jürgen Lösel

„Lukas hat immer wieder kreative Einfälle, und ich bastle und tüftle gern“, sagt Daniela. Eine perfekte Mischung für die Aufgabe, die vor ihnen lag. Lukas kannte sich im Modellbau aus, Daniela entwarf den ersten Prototyp am Computer. Das Modell bauten sie später zunächst aus Holz. Es bestand aus Boden, Seitenwänden und Scharnieren, die alles zusammenhielten. „Das waren die Anfänge“, sagt Lukas lächelnd, als er die erste Kiste hervorholt und zeigt. Alles noch sehr grob, unhandlich, schwer. Aber um den Klappmechanismus zu perfektionieren, brauchten sie mehrere Evolutionsschritte. Zwei Jahre lang arbeiteten sie intensiv an ihrer Erfindung.

Im Jahr 2023 reisten sie mit einer neuen Variante aus gefrästen Kunststoffteilen zur Messe „Eurobike“, einer internationalen Ausstellung für Fahrräder und Mobilität der Zukunft. Die neue Kiste war leichter und funktionaler – und zog viele Besucher an den Messestand. Radfans zeigten sich begeistert, Hersteller beglückwünschten die beiden Dresdner zu ihrer Idee. Da merkten sie: Das Problem, beim Radfahren plötzlich vor Transportschwierigkeiten zu stehen, kannten nicht nur sie. „Wir mussten nicht viel erklären, die Leute verstanden unseren Ansatz sofort“, erinnert sich die Maschinenbau-Ingenieurin.

Problem der Testnutzer gelöst

Doch sie waren noch nicht zufrieden. „Wir gaben die Kisten immer wieder Testern, um ihre Meinung zu hören“, erzählt Daniela weiter. Hauptkritikpunkt: Der Aufbau dauert zu lange. Grund dafür waren spezielle Spannverschlüsse, die Seitenwände und Boden zur besseren Stabilität verbanden. „Eine Radfahrerin berichtete sogar, dass sie damit so schlecht zurechtkommt, dass sie die Kiste gleich aufgeklappt lässt“, fügt Lukas hinzu. So war das natürlich nicht gedacht.

Nach Monaten des Überlegens und Ausprobierens fanden sie endlich die Lösung. Ins Detail können die beiden nicht gehen. Die Klapptechnologie, die auf einem Federsystem beruht, ist inzwischen patentiert. „Der Auf- und Abbau dauert nur noch wenige Sekunden und ist jetzt wirklich simpel“, erklärt der Entwickler. Aus der WG-Idee ist längst eine Geschäftsidee geworden. Früher trafen sie sich in Lukas‘ WG-Zimmer, um an ihrem Produkt zu arbeiten. Jetzt hat das Start-up ein Büro im neuen Lehr- und Laborgebäude der HTW Dresden bezogen. Dort unterstützt die Gründungsschmiede Start-ups bei ihren ersten Schritten. Ein Exist-Stipendium finanziert das Projekt. Es fehlte nur noch ein Name für Firma und Kiste.

Der erste Prototyp war noch aus Holz (r.). Später wurden die Teile aus Kunststoff gefräßt (l.), doch die Kiste war den Erfindern und Testern noch zu umständlich beim Aufbau.
Der erste Prototyp war noch aus Holz (r.). Später wurden die Teile aus Kunststoff gefräßt (l.), doch die Kiste war den Erfindern und Testern noch zu umständlich beim Aufbau. © Jürgen Lösel

„Eines Morgens wachte ich auf und hatte den Namen“, erzählt Lukas. Im Mai 2024 gründeten sie die Allpacka GmbH. Mit dabei ist nun auch der BWL-Absolvent Jonathan Vincentz. Das Firmen-Logo zeigt ein kleines Alpaka. Ihr aktuelles Kistenmodell heißt passenderweise Allpacka One. Es passt auf alle Gepäckträger und erweitert deren Fläche auf 50 mal 31 Zentimeter. So kann man auch einen Getränkekasten transportieren.

Start der Serienproduktion geplant

Die 2,5 Kilogramm leichte Kiste trägt bis zu 20 Kilogramm und fasst mindestens 30 Liter. Zusammengeklappt ist sie kaum breiter als der Gepäckträger. Die Dresdner denken auch an Zubehör: Im geschlossenen Zustand passen daran links und rechts Fahrradtaschen. An einer Lösung, wie die Taschen auch bei aufgeklappter Box integriert werden können, arbeitet Allpacka noch. Zwei kleine Fächer in der Box bieten Platz für eine Regenabdeckung oder Spanngurte. Das Start-up hat die Sicherheit seines Produkts gemeinsam mit der TU Dresden getestet. An einem speziell entwickelten Teststand prüften sie die Lastenbox fürs Fahrrad ausgiebig.

Ist die Box einmal aufgeklappt, bietet sie viel Stauraum. Sogar eine komplette Getränkekiste passt so aufs Rad.
Ist die Box einmal aufgeklappt, bietet sie viel Stauraum. Sogar eine komplette Getränkekiste passt so aufs Rad. © Jürgen Lösel

Im vergangenen Juli nahmen die Gründer erneut an der „Eurobike“ teil. Wieder begeisterten sie das Fachpublikum. Sogar namhafte Hersteller zeigten Interesse und hätten gern die Rechte an der Erfindung. Doch die drei sind sich einig: Sie wollen es mit ihrem Produkt und ihrer Firma allein schaffen. Der nächste große Schritt steht bevor. Im September läuft eine Crowdfunding-Kampagne auf der Plattform „Kickstarter“. 30.000 Euro wollen die Gründer einsammeln, um die erste Serienproduktion zu finanzieren.

Aktuell verhandeln sie mit einem deutschen Unternehmen, das die Box im Spritzgussverfahren herstellen soll. Die aktuelle Variante stellten sie noch mittels 3-D-Druck her. Bei der Produktion größerer Stückzahlen ist das nicht mehr drin. „Wir hoffen auf genug Unterstützer, um unsere Pläne weiter zu verfolgen“, sagt Daniela. Ab 99 Euro kann sich jeder eine Box der ersten Serie sichern. Für etwas mehr gibt es Pakete mit passendem Zubehör. Die Allpacka One soll im Sommer 2025 ausgeliefert werden.

Allpacka-Webseite und Infos zum Crowdfunding gibt es hier.