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Dresden

Nach Einsturz von Carolabrücke in Dresden: Droht Deutschland der Brückenkollaps?

Manfred Curbach kennt sich mit den Brücken in Dresden bestens aus - und ist bundesweit gefragter Experte. Im Podcast "Thema in Sachsen" spricht der TU-Professor über das Unglück und den Zustand von Deutschlands Brücken.

Von Fabian Deicke
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Auf etwa 100 Meter Länge liegt ein Teil der Carolabrücke in der Elbe. Brückenexperte Manfred Curbach gibt im Podcast "Thema in Sachsen" eine erste Analyse des Unglücks.
Auf etwa 100 Meter Länge liegt ein Teil der Carolabrücke in der Elbe. Brückenexperte Manfred Curbach gibt im Podcast "Thema in Sachsen" eine erste Analyse des Unglücks. © Robert Michael/kairospress

Dresden. Für viele Dresdner hat der Mittwochmorgen mit einem verwunderten Blick aufs Smartphone begonnen. Nachrichten-Apps berichten mit Eilmeldungen über den Einsturz eines Teils der Carolabrücke, der sich in der Nacht ereignet hat. Die Bilder schockieren und beeindrucken zugleich. Ein etwa 100 Meter langes Stück der Brücke liegt in der Elbe.

Es ist ein großes Unglück - auch wenn keine Menschen zu Schaden kamen. Dennoch stellen sich jetzt viele Fragen: Wie konnte das passieren? Wie sicher sind Brücken in Dresden, Sachsen und Deutschland? Und droht vor dem Hintergrund einer sich aufstauenden Sanierungsbedürftigkeit vieler derartiger Bauwerke ein Brückenkollaps? Antworten auf diese Fragen liefert Bau-Experte Manfred Curbach im Podcast "Thema in Sachsen".

Curbach leitet das Institut für Massivbau an der Technischen Universität Dresden. Er gilt bundesweit als renommierter Experte für Brücken - und kennt sich zudem bestens aus mit den Brücken in der Stadt Dresden. Dass die Carolabrücke in der Nacht zusammengebrochen ist, sei für den Wissenschaftler überraschend. Die Elbquerung sei schon "seit vielen Jahren mit einem sehr intensiven Monitoringsystem ausgestattet" gewesen, sagt er. "Wir können auf diese Daten zurückgreifen bei der Ursachensuche." Allerdings sei es auch so gewesen, dass keinerlei Messwerte auf einen bevorstehenden Einsturz hingedeutet hätten.

Trotz des Unglücks betont Curbach, dass Bauwerke in Deutschland in der Regel sicher seien. "Absolute Sicherheit gibt es nicht. Eine Versagenswahrscheinlichkeit liegt allerdings bei 0,0001 Prozent. Das ist sehr, sehr wenig." Die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein solches Ereignis in Deutschland in naher Zukunft wiederhole, hält der Forscher für "äußerst gering".

Bis zu 6.000 Brücken bundesweit sanierungsbedürftig

Aber: Curbach betont auch, dass die Sanierung von Brücken in Deutschland zu langsam vorangehe. Zwischen 4.000 und 6.000 Brücken würden als sanierungsbedürftig gelten. "Jedes Jahr werden aktuell 200 Brücken gebaut oder saniert", rechnet der Experte vor. Es würde zwei Jahrzehnte dauern, bis der aktuelle Rückstand aufgeholt sei.

Eine Möglichkeit, das Tempo zu erhöhen, sei der Einsatz moderner Baustoffe. Curbach ist in Dresden maßgeblich in die Entwicklung eines neuartigen Carbonbetons involviert. Auf dem bereits sanierten und vom Einsturz nicht betroffenen Teil der Carolabrücke ist der Beton auch verbaut.

Der Baustoff sei auch bereits erfolgreich bei weiteren Brückensanierungen eingesetzt worden, sagt Curbach und bilanziert zugleich, dass derart vielversprechende technologische Entwicklungen oft an bürokratischen und vor allem finanziellen Hürden scheitern würden. "Die Bauwirtschaft trägt 11,6 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt Deutschlands bei", erklärt er. Gerechnet auf alle Forschungsmittel, die der Bund ausgebe, entfielen aber nur 0,6 Prozent auf das Bauwesen. "Sie können das noch mal runter rechnen, was das dann für den Bereich Brückenbau bedeutet."

Außerdem im Podcast: Der Sächsische.de-Reporter Sandro Pohl-Rahrisch, der die Lage am Tag nach dem Brückeneinsturz beobachtet hat und über Folgen berichtet. Der Reporter erzählt unter anderem, wie knapp es war, dass zum Zeitpunkt des Einbruchs keine Straßenbahn auf der Brücke fuhr und was es mit einem explosionsartigen Knall kurz nach dem Ereignis auf sich hatte.

Weitere Schwerpunkte des Podcasts:

  • Welche Umleitungen gelten jetzt in Dresden?
  • Wie geht es nach dem Einsturz weiter und was sagt die Stadt?
  • Droht ein kommendes Hochwasser die Räumung zu behindern?
  • Warum war von dem Einsturz das Fernwärmenetz betroffen?
  • Wie ist die Lage an den übrigen Brücken Dresdens - insbesondere an den zwei Problembrücken Blaues Wunder und Nossener Brücke?

Gäste im Podcast

Manfred Curbach leitet das Institut für Massivbau an der Technischen Universität Dresden und ist bundesweit gefragter Experte für Brücken.
Manfred Curbach leitet das Institut für Massivbau an der Technischen Universität Dresden und ist bundesweit gefragter Experte für Brücken. © kairospress

Professor Manfred Curbach ist Leiter des Instituts für Massivbau an der Technischen Universität Dresden. Der gebürtige Dortmunder lebt und arbeitet seit 1994 in Dresden und ist seit 1997 als Prüfingenieur für Tragwerksanalysen registriert, wobei er sich auf Betonbauwerke spezialisiert hat. Zusätzlich ist er Mitbegründer der Firma CarboCon GmbH, die sich auf die Planung und den Bau mit carbonfaserverstärktem Beton spezialisiert hat. Curbach gilt insbesondere im Bereich Brückenbau als Experte und organisiert das jährlich in der Messe stattfindende Dresdner Brückensymposium.

SZ-Reporter Sandro Pohl-Rahrisch war am frühen Mittwochmorgen bereits an der Unglücksstelle.
SZ-Reporter Sandro Pohl-Rahrisch war am frühen Mittwochmorgen bereits an der Unglücksstelle. © Sven Ellger

Sandro Pohl-Rahrisch seit 2013 Redakteur von Sächsische.de und Sächsischer Zeitung und seit 2021 stellvertretender Leiter der Dresdner Stadtredaktion. Pohl-Rahrisch hat sich an der Einsturzstelle ein Bild von der Lage gemacht und berichtet im Podcast darüber.

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