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Kanalsanierung im Kaitzbachtal in Dresden: Was die Arbeiten so aufwendig macht

Am grünen Stadtrand von Dresden muss ein über 100 Jahre alter Abwasserkanal abgedichtet werden. Warum der Aufwand dort besonders hoch ist.

Von Peter Hilbert
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Teamleiter Norman Wonka (l.) und Projektleiter Daniel Philipp von der Stadtentwässerung freuen sich, dass der Abwasserkanal am Mittelsteg im Kaitzbachtal jetzt saniert ist. Hier zeigen sie ein restliches Stück des Inliners, mit dem er abgedichtet wurde.
Teamleiter Norman Wonka (l.) und Projektleiter Daniel Philipp von der Stadtentwässerung freuen sich, dass der Abwasserkanal am Mittelsteg im Kaitzbachtal jetzt saniert ist. Hier zeigen sie ein restliches Stück des Inliners, mit dem er abgedichtet wurde. © Peter Hilbert

Dresden. Norman Wonka und Daniel Philipp stehen im Mockritzer Kaitzbachtal mitten im Grünen, in der Hand das Ende eines großen weißen Schlauchs. Das ist ein übrig gebliebenes Stück eines sogenannten Inliners. Der Projekt- und der Teamleiter der Stadtentwässerung Dresden sind froh, dass sie hier so weit gekommen sind.

Ein traumhafter Blick bis in die Sächsische Schweiz bietet sich vom Südhang, wo die Stadtentwässerung derzeit arbeitet.
Ein traumhafter Blick bis in die Sächsische Schweiz bietet sich vom Südhang, wo die Stadtentwässerung derzeit arbeitet. © Peter Hilbert

"Im großen Sanierungsgebiet Münzmeisterstraße, das sich von der Südhöhe bis zur Boderitzer Straße erstreckt, haben wir diesen Teilbereich extra ausgegliedert, da er besonders anspruchsvoll ist", erklärt Teamleiter Wonka. Denn hier verläuft ein über 100 Jahre alter Kanal, der mit dem harzgetränkten Nadelfilzschlauch neu abgedichtet wurde, dessen Rest die Fachleute zeigen.

Hier ist gut zu sehen, wie über das Gerüst der mit Wasser befüllte Schlauch des Inliners in den Kanal eingestülpt wird.
Hier ist gut zu sehen, wie über das Gerüst der mit Wasser befüllte Schlauch des Inliners in den Kanal eingestülpt wird. © Daniel Philipp/Stadtentwässerung Dresden

Die Strategie: Komplette Gebiete sanieren

Wonka leitet das Team Eigenplanung der Stadtentwässerung. "Das ist eine Art hauseigenes Ingenieurbüro", erklärt der 54-Jährige. Die Spanne der Aufgaben reicht von der Planung über die Organisation des Baus bis hin zur Überwachung. Dabei wird seit 2017 eine besondere Strategie verfolgt. Wurden bis dahin schadhafte Kanäle nur abschnittsweise in einzelnen Bauvorhaben geplant und baulich erneuert, so geht sein Team jetzt ganz systematisch vor.

Das Dresdner Kanalnetz ist rund 1.800 Kilometer lang. Etwa die Hälfte der Kanäle wurde nach der Wende saniert. Außerdem wurde das alte unterirdische Netz so gut gebaut, dass noch heute alte Kanäle teilweise in solidem Zustand sind. Allerdings müssen etwa 15 Prozent des Kanalnetzes, was einer Gesamtlänge von rund 240 Kilometern entspricht, in den kommenden Jahren saniert werden. "Deshalb haben wir derzeit 23 Sanierungsgebiete ausgewiesen", erläutert Wonka.

Dabei gibt es zwei Schwerpunkte. Einerseits werden punktuell lokale Schäden an Kanälen beseitigt. Sind sie größer, müssen die Röhren über den gesamten Abschnitt zwischen zwei benachbarten Schächten saniert werden.

Der Plan: Kanalarbeiten im Gebiet Kaitz bis 2027

In 14 Gebieten sind die Arbeiten bereits abgeschlossen, zuletzt in der Inneren Neustadt. Dieses Jahr werden Kanäle in weiteren Gebieten saniert, so am Blüherpark, in der Südvorstadt-Ost, in Zschertnitz oder eben in Mockritz, erklärt der Teamleiter. Der dortige Teilbereich gehört zum Sanierungsgebiet Kaitz. "Vom 20 Kilometer langen Kanalnetz müssen wir etwa ein Drittel punktuell oder durch den Inlinereinzug wie hier im Kaitzbachtal sanieren", sagt er. Die gesamten Arbeiten in dem großen Gebiet werden bis 2027 dauern.

Auch der neue Wohnpark an der Franz-Bänsch-Straße gehört zum Kanal-Sanierungsgebiet. Dort sind die Kanäle aber in gutem Zustand.
Auch der neue Wohnpark an der Franz-Bänsch-Straße gehört zum Kanal-Sanierungsgebiet. Dort sind die Kanäle aber in gutem Zustand. © Peter Hilbert

Das Problem: Kanalsanierung inmitten von Feldern

Der Kanalverlauf parallel zum Kaitzbach unweit des Naturbads Mockritz erfordert besonders viel Aufwand. "Die Felder werden von der Dresdner Vorgebirgs Agrar AG bewirtschaftet", erklärt Wonka. "Wir müssen die Zeit nutzen, in der die Bauern nicht auf dem Feld arbeiten." Deshalb konnten die vorbereitenden Arbeiten erst Anfang August beginnen. Außerdem gibt es einige Schächte auf den Feldern, die schwer erreichbar sind. Künftig werden sie nicht mehr benötigt. Deshalb ist geplant, sie abzubrechen und zu verfüllen.

Dieser Weg vom Mockritzer Wohnpark Franz-Bänsch-Straße und andere Zufahrten mussten als Baustraßen hergerichtet werden.
Dieser Weg vom Mockritzer Wohnpark Franz-Bänsch-Straße und andere Zufahrten mussten als Baustraßen hergerichtet werden. © Peter Hilbert

Der Kanal liegt unterhalb des neuen Mockritzer Wohnparks an der Franz-Bänsch-Straße. Dort endet die Straße, aber auch das neue Kanalnetz. "Damit die Zufahrt für die Spezialtechnik überhaupt möglich wurde, mussten wir Wege verbreitern und Behelfsstraßen über Ackerflächen bauen lassen", beschreibt Wonka den Zusatzaufwand.

Der Fortschritt: Schläuche dichten alten Kanal ab

Der marode Steinzeugkanal, der 1920 gebaut wurde, verläuft unterhalb der Südhöhe von Altmockritz bis zur Julius-Scholtz-Straße, erklärt Projektleiter Philipp. Er ist 600 Meter lang und hat einen Durchmesser zwischen 40 und 45 Zentimetern. Damit er saniert werden kann, musste eine provisorische Abwasserdruckleitung verlegt werden, durch die das Abwasser während der Bauzeit gepumpt wird. "In Spitzenzeiten waren es 70 Liter je Sekunde", sagt Philipp. "Die Pumpe ist aber noch viel leistungsfähiger."

Durch dieses Überleitungsrohr wird das Abwasser während der Kanalsanierung zwischen Altmockritz und der Julius-Scholz-Straße gepumpt.
Durch dieses Überleitungsrohr wird das Abwasser während der Kanalsanierung zwischen Altmockritz und der Julius-Scholz-Straße gepumpt. © Peter Hilbert

Ab Anfang August wurden die Baustraßen angelegt und die Flächen vorbereitet. In der Woche ab 9. September hatte der Einbau der Inliner im ersten der drei jeweils 200 Meter langen Abschnitte begonnen. Der lange Schlauch kommt zusammengefaltet auf einem Lkw an und wird über einen Gerüstturm mit etwa 70 Grad heißem Wasser befüllt und über ein Rohr in den Kanalabschnitt eingestülpt. In bis zu zwölf Stunden härtet der Inliner aus, sodass der alte Kanal wieder eine dichte Innenwand hat.

"Am vergangenen Mittwoch haben wir den Inliner im letzten Abschnitt eingebaut", sagt der Projektleiter. Am 20. September werden die gesamten Einbauarbeiten nach zwei Wochen beendet.

Das Finale: Letzte Arbeiten bis Ende Oktober

Bis Ende Oktober sollen die letzten Rückbau- und Nacharbeiten abgeschlossen sein. Mit den 2023 begonnenen Planungen und den monatelangen Vorbereitungsarbeiten ist das ein sehr großer Aufwand gewesen, resümiert Teamleiter Wonka. Die Stadtentwässerung investiert dafür rund 350.000 Euro. Im Vergleich zum Neubau des Kanals ist das aber noch günstig. "Denn der würde über eine Million Euro kosten", sagt er.