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Dresden: Feuerwehrmann auf Lebenszeit

Heinz Heine ist vor 80 Jahren Kamerad der Freiwilligen Feuerwehr geworden. Im Dienst hat der Hauptlöschmeister Dramen und Komik erlebt.

Von Nadja Laske
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Auch mit 95 Jahren ein guter Erzähler, der sich sehr präzise erinnert: Hauptlöschmeister Heinz Heine im Ruhestand.
Auch mit 95 Jahren ein guter Erzähler, der sich sehr präzise erinnert: Hauptlöschmeister Heinz Heine im Ruhestand. © Marion Doering

Dresden. Wenn ein altgedienter Feuerwehrmann wie Heinz Heine erzählt, können die Jungen nur staunen. In dessen Zimmer des Seniorenheims hängt eine Urkunde. Gerahmt und hinter Glas an der Wand: 70 Jahre Freiwillige Feuerwehr Niedersedlitz. 

Die Auszeichnung ist zehn Jahre her. Inzwischen kann der 95-Jährige stolz auf eine neue Ehrung sein: Anlässlich seines 80. Dienstjubiläums im Brandschutz ist er zum Ehrenmitglied der Feuerwehr Dresden ernannt worden.

Auf den Tag genau hätte die Feier für ihn am 1. Juni stattfinden sollen. Doch zu dieser Zeit lebte Heinz Heine wie so viele Senioren zum Schutz vor einer Ansteckung mit dem Corona-Virus abgeschottet vor Besuchern. Inzwischen sind die Maßnahmen gelockert, und der Hauptlöschmeister ist hochoffiziell ehrenvoller Feuerwehrmann auf Lebenszeit.

"Mein Vater war Sächsischer Feuerwehrinspektor, und so kam ich als Junge auch zur Freiwilligen Feuerwehr", erzählt er. Fünfzehn Jahre alt war er damals. Da, wo Heinz Heine heute noch wohnt, hat er sein ganzen Leben verbracht - bis auf die Jahre als Soldat im Zweiten Weltkrieg und Kriegsgefangener der Alliierten. 

In Sedlitz wurde er geboren, als der heutige Stadtteil Dresdens noch eigenständige Gemeinde war. Da ist er zur Schule gegangen, wurde Maschinenschlosser und musste, gerade mal 18 Jahre alt, zum Wehrmachtsdienst antreten. 

Heinz Heine (r.) zusammen mit seinem Vater Otto, durch den er als 15-Jähriger zur Freiwilligen Feuerwehr kam. Feuerwehrinspektor Otto Heine lehrte an der Zentralen Feuerwehrschule in Lockwitz.
Heinz Heine (r.) zusammen mit seinem Vater Otto, durch den er als 15-Jähriger zur Freiwilligen Feuerwehr kam. Feuerwehrinspektor Otto Heine lehrte an der Zentralen Feuerwehrschule in Lockwitz. © privat

"Als ich 1947 aus der Gefangenschaft zurück kam, habe ich sofort meinen Dienst bei der Feuerwehr wieder aufgenommen", sagt Heinz Heine. An Handys war damals nicht zu denken. Nicht einmal Festnetztelefone waren üblich. Nur Behörden und wenige Haushalte bekamen einen Anschluss.

"Neben der Feuerwache auf der Dorfstraße, da wo sie heute noch ist, hatte ein Klempner seine Werkstatt, und der besaß ein Telefon", erinnert sich Heinz Heine. Doch die Leitung teilte er sich sich mit der Feuerwehr, und wenn der Handwerker telefonisch seine Bestellungen aufgab, konnte das dauern. Für die Notfall-Informationskette war dennoch gesorgt.

Im Rathaus Niedersedlitz befand sich auch das Polizeirevier. "Dort gab es eine Signalanlage, mit der die Wohnung eines jeden Feuerwehrmannes verbunden war", sagt Heinz Heine. Wurde Feuer gemeldet, habe der Diensthabende an einer Kurbel gedreht und damit die Signalkette in Gang gesetzt.

"Das Netz zog sich durch ganz Sedlitz, und wenn ein neuer Feuerwehrmann zur Mannschaft dazu kam, bekam er den Anschluss gelegt." Im Haus schrillte dann, zusätzlich zur Sirene, eine Klingel und rief die Retter zur Wache. 

Genügend Kameraden zu finden, sei keine Problem gewesen, weiß Heine: "Die Gemeinde hatte eigene Gewerke, und es bekam nur eine Anstellung, wenn er auch Dienst in der Freiwilligen Feuerwehr versah." So sicherte sich die Verwaltung den nötigen Brandschutznachwuchs.

Stichflamme durch mehrere Stockwerke

An zwei schwere Brände erinnert sich Heinz Heine noch heute, 60, 70 Jahre später: "In Sedlitz gab es ein Unternehmen, das Holzhäuser und Gewächshäuser produzierte." In dessen Holzlager brach ein Großbrand aus, der die Retter an ihre Grenzen brachte.

"Die Hitzeentwicklung war so groß, dass sich der Lack vom Helm löste." Die Kameraden setzten ihre Helme verkehrt herum auf, um im Kampf gegen die Flammen ihre Gesichter mit dem Nackenleder zu schützen.

Ein noch schlimmeres Erlebnis war der Brand in einem Wohnhaus. "Dort hatten Kinder versucht, Filme zu verbrennen, ohne zu wissen, dass darin Zelluloid enthalten war." Eine riesige Stichflamme sei durch mehrere Stockwerke geschossen und habe die Kinder so schwer verletzt, dass sie wenig später starben.

Viel lieber denkt Heinz Heine an all die vielen Einsätze, die Schlimmstes verhüteten und Leben retteten. Oder auch an die abwechslungsreichen Dienste als Brandsicherheitswachhabender in der Staatsoperette Dresden am ehemaligen Standort Leuben. "Wir waren immer zu zweit und standen während der Vorstellung links und rechts der Bühne." 

Einmal habe es einen Kabelbrand gegeben und ein anderes Mal sei mitten in der Vorstellung der Strom weggeblieben. Handwerker hatten den falschen Trafo angeschlossen, der irgendwann den Geist aufgab. 

Schlagartig war es stockfinster im ganzen Theater. "Die Sängerinnen und Sänger waren froh über unsere Taschenlampen." Auch so manchen Unmut der Künstler bekam Heinz Heine mit - etwa, wenn sie Stück und Inszenierung sie in Rage brachte.

Das erste Mädchen in der Jugendfeuerwehr

Gelegentlich ärgerlich zu werden, dazu hätte Heinz Heine auch Grund gehabt. War er als Maschinenschlosser und Maschinenbauingenieur doch für die Reparaturen defekter Einsatztechnik zuständig und hatte das Los, für Ersatzteile, Gerätschaften und auch Schutzbekleidung zu sorgen. Ohne gute Nerven, Zeit, Enthusiasmus und Einfallsreichtum ging zur DDR-Zeit nichts davon. 

Doch der Hauptlöschmeister fand immer eine Lösung und sogar noch freie Spitzen, um weitere Ämter zu bekleiden: als Nachhilfelehrer für angehende Feuerwehrmänner, als Schrift- und Kassenwart und Brandschutzkontrolleur. 

Drei Kinder, fünf Enkel, elf Urenkel hat Heinz Heine. "Eine meiner Töchter war das allererste Mädchen in der Jugendfeuerwehr", erzählt er stolz, "Nun ist auch sie bereits Rentnerin." Viel mehr Ruhe ist in sein Leben inzwischen eingekehrt, die meisten Freunde von einst leben nicht mehr. 

Doch für Langeweile bleibt wenig Zeit. "Mein Vater vermisst im Seniorenheim zwar gute Gesprächspartner", erzählt sein Sohn Thomas. Doch die Familie halte den Vater, Opa, Uropa auch mit 95 Jahren auf Trapp. 

Zahlen und Fakten

  • Dresden hat fünf Berufsfeuerwachen und 21 freiwillige Stadtteilfeuerwehren 
  • Die Freiwilligen Feuerwehren fördern in 18 Jugendfeuerwehren den Nachwuchs
  • Aktiv arbeiten in den Freiwilligen Feuerwehren 634 Kameraden mit
  • Dazu kommen 368 Jugendfeuerwehrleute und 399 Mitglieder im Altersdienst
  • Zu exakt 2519 Einsätzen rückten die Freiwilligen Feuerwehren im Jahr 2029 aus 

Informationen zur Messe Florian

FLORIAN - Fachmesse für Feuerwehr, Zivil- und Katastrophenschutz: 8. bis 10. Oktober, jeweils 9 bis 17 Uhr, Messe Dresden, Messering 6, Tickets zu 3 bis 8 Euro gibt es im Internet , Dreitageskarte zu 20 Euro,  Kinder unter 11 Jahren haben freien Eintritt.

www.messe-florian.de

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