Partner im RedaktionsNetzwerk Deutschland
SZ + Döbeln

Amiblu-Rohre taugen nicht nur für Abwasserleitungen

Im Gewerbegebiet Fuchsloch werden seit 30 Jahren Kunststoffrohre gewickelt. Warum diese woanders beliebter sind als in Deutschland.

Von Jens Hoyer
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Was man aus Kunststoffrohren von Amiblu nicht alles machen kann. Werkleiter Vidar Pettersen und Personalleiterin Karin Kühne stehen an dem Fahrradunterstand auf dem Werksgelände, der aus einem Drei-Meter-Rohr gebaut wurde.
Was man aus Kunststoffrohren von Amiblu nicht alles machen kann. Werkleiter Vidar Pettersen und Personalleiterin Karin Kühne stehen an dem Fahrradunterstand auf dem Werksgelände, der aus einem Drei-Meter-Rohr gebaut wurde. © SZ/DIetmar Thomas

Döbeln. Der Fahrradabstellplatz auf dem Firmengelände von Amiblu im Gewerbegebiet Fuchsloch ist außergewöhnlich. An diesem Objekt hat die Firma, die Rohre aus glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK) herstellt, so ziemlich alles gezeigt, was sie kann.

Verarbeitet wurde ein Kunststoffrohr mit drei Metern Durchmesser – das größte Kaliber, das das Amiblu-Werk in Döbeln herstellen kann. Dach, Wände und Vordach wurden zugeschnitten und mit Laminierungen verbunden.

Und die Schriftzüge mit dem Firmennamen sind mit der Wasserstrahlanlage in die Seitenwände geschnitten worden, wie Werkleiter Vidar Pettersen erzählt.

Exklusiver Fahrradständer

Er ist ziemlich stolz auf den exklusiven Fahrradständer. Es habe schon Anfragen gegeben, ob Amiblu nicht noch mehr solcher Anlagen bauen könnte. Aber das sei ja nicht das Geschäft, meint Pettersen.

Obwohl – in einem Fußballstadion würde sich so eine Überdachung auch ganz gut machen, findet er.

An diesem Freitag wird bei Amiblu nicht gearbeitet. Es wird mit den Beschäftigten gefeiert. Auch ehemalige Mitarbeiter kommen, Geschäftsfreunde und die beiden Geschäftsführer von Amiblu Germany Christian Wiedergut und Mario Frieben. Der Grund: Amiblu Döbeln besteht seit 30 Jahren.

Die US Firma Owens Corning fing 1994 mit der sogenannten Flowtite-Technologie aus Norwegen an, aus Glasfasern und mit Polyester-Kunstharz Rohre herzustellen.

Erst mit einer großen Wickelmaschine, später kam eine zweite dazu, erklärt Vidar Pettersen. Der norwegische Ingenieur, der heute in Döbeln lebt, war 1996 als technischer Berater zum ersten Mal im Mochauer Werk.

Der Name der Firma hat sich in den 30 Jahren mehrfach geändert. Als 2001 Amiantit aus Saudi-Arabien in die Firma einstieg, wurde sie in Amitech umbenannt.

Technologie aus Norwegen

2017 tat sich Amiantit mit seinem Konkurrenten Hobas zusammen, der ebenfalls Kunststoffrohre, aber nach einem anderen Verfahren, produziert. Der Name wechselte zu Amiblu. Bei Hobas werden die Rohre geschleudert statt gewickelt.

Pettersen, der lange Zeit in Südamerika gelebt hat, ist vor reichlich drei Jahren in Döbeln eingestiegen. „Eigentlich sollte ich für sechs Monate Berater sein, um einen neuen Werkleiter anzuleiten“, erzählt er. In den Jahren hatte er ganz gut Deutsch gelernt.

Und auch mit anderen Entwicklungen – nämlich die der Firma – ist Pettersen zufrieden. Es seien Investitionen geplant. Es sollen mehr Abläufe automatisiert werden. Bei der Herstellung von GFK-Rohren ist immer noch viel Handarbeit im Spiel.

  • Sie haben Hinweise, Kritik oder Lob? Dann schreiben Sie uns per E-Mail an [email protected]

Von Döbeln aus gehen die Rohre in viele Länder Europas. 100 bis 120 Kilometer werden im Jahr bei Amiblu im Fuchsloch gewickelt, schätzt der Werkleiter.

Allein um die 15 Kilometer 1,20-Meter-Rohre seien für eine große Wasserleitung nach Rumänien geliefert worden.

60 bis 70 Prozent der Produktion machen Leitungen für Abwassersysteme aus, so Pettersen. Amiblu stellt aber auch Wasserleitungen, Trinkwasserbehälter und sogenannte Stauraumkanäle – wichtig für den Hochwasserschutz – her.

Sieben bis acht Prozent der in Deutschland verlegten Abwasserleitungen sind Kunststoffrohre, sagt Pettersen. „In Argentinien sind es 70 bis 80 Prozent.“

Aber GFK ist teurer als Beton. Nach Pettersens Ansicht aber auch haltbarer und damit nachhaltiger. Im Technologiecenter in Norwegen, mit dem das Döbelner Werk eng zusammenarbeitet, sei man stolz auf einen Rohrprüfkörper, der dort in einem Langzeittest unter Schwefelsäure und Belastung seit 1976 durchhält.

160 Mitarbeiter in drei Schichten

Derzeit arbeiten im Döbelner Werk 160 Mitarbeiter in drei Schichten. Viele seien schon seit Jahren in der Firma. Den Nachwuchs will Amiblu selbst heranziehen. Ausgebildet werden Mechatroniker, Elektroniker, Logistiker und ganz neu Produktionstechnologen, sagte Karin Kühne, Prokuristin bei Amiblu Germany.

Für die sehr spezielle Technologie, die im Werk angewendet wird, gebe es keinen expliziten Ausbildungsberuf. „Wir qualifizieren unsere Mitarbeiter selbst weiter.“

Amiblu zahlt zwar nicht nach Tarif. Aber durch ein neues Entgeltmodell sei die Mehrzahl der Mitarbeiter finanziell besser gestellt worden – und das um bis zu 20 Prozent, so Kühne. „Die Löhne sind attraktiver geworden. Wir bieten auch umfangreiche Sozialleistungen.“ Im Betrieb gebe es auch eine eigene Kantine, die sich um die Versorgung der Mitarbeiter kümmert.