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Warum Bürgerpolizist Stephan Büchel manchmal nur die Gelbe Karte zieht

Stephan Büchel ist Polizist mit Leib und Seele. Wie der Ermittler in Döbeln für Ordnung sorgt und was er dabei erlebt.

Von Annemarie Banek
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Seit 2013 ist Polizist Stephan Büchel im Polizeirevier Döbeln eingesetzt. Dort sorgt er für Sicherheit und Ordnung auf den Straßen.
Seit 2013 ist Polizist Stephan Büchel im Polizeirevier Döbeln eingesetzt. Dort sorgt er für Sicherheit und Ordnung auf den Straßen. © SZ/ Dietmar Thomas

Zwischen spannenden Ermittlungen, Festnahmen, Papierkram und Enkeltrick-Vorträgen: So sieht die Arbeit von Stephan Büchel aus. „Jeden Tag habe ich mit anderen Menschen, Charakteren und Situationen zu tun, langweilig wird es hier nie“, sagt Büchel. Im Polizeirevier Döbeln hat er viel zu tun. „Als Bürgerpolizisten sind wir das Bindeglied zu Behörden wie der Stadtverwaltung, Ansprechpartner für den Bürger und das Gesicht der Polizei im Ort“, so Büchel.

Sein Tag beginnt um 7.30 Uhr mit einer Morgenbesprechung und einem vollen Postfach, das er sortiert. „Dann bin ich oft beim Einwohnermeldeamt zugegen, weil ich Adressen überprüfe und Lichtbildabgleiche mache“, so Büchel. Auch Präventionsarbeit gehört zu Büchels Job wie auch der ganz normale Streifendienst. Zudem kümmert er sich um die Strafverfolgung, überbringt Haftbefehle und ermittelt für andere Behörden und Länderpolizeien. „Als Bürgerpolizist haben wir ein bisschen mehr Zeit als die Kollegen im Streifendienst und können akribischer im Umfeld des Gesuchten ermitteln. Wir überlegen, wo sind Anlaufpunkte, was ist das tägliche Verhalten der Person und suchen dann gezielt nach ihm“, sagt Büchel.

Gesetzeshüter mit Augenmaß

Neben der Suche nach handfesten Schurken kümmert Büchel sich auch um kleinere Vergehen. Im Sommer muss er öfter eine Geburtstagsfeier oder ein Trinkgelage unterbrechen. „Bei Ruhestörung gibt es aber erstmal die Gelbe Karte“, sagt der 44-Jährige. Und auch wenn der Pflegedienst in der Hektik das Anschnallen vergessen hat, drückt er ein Auge zu. „Ziel ist es immer, Mensch zu bleiben“, sagt er.

Seit 26 Jahren ist Büchel Polizist und das mit Leib und Seele. „Ich arbeite sehr gern mit dem Bürger und bin gern in Uniform auf der Straße erkennbar.“ Mittlerweile ist Büchel in der Stadt als Polizist ein bekanntes Gesicht und hat das Vertrauen der Menschen gewonnen. Wenn er mit seiner Arbeit helfen kann, freut ihn das besonders. Zum Beispiel wären viele Menschen bei einfachen Verkehrsunfällen überfordert. „Wenn wir ihnen ein Telefonat mit der Versicherung abnehmen, das Prozedere erklären und ein Stück weit die Angst nehmen, sind viele sehr dankbar.“ Zufrieden ist Büchel auch, wenn er eine Gefahrenlage gebannt hat, zum Beispiel bei häuslicher Gewalt. „Wir trennen die Streitparteien, vermitteln Hilfsangebote und zeigen Wege für einen Neuanfang auf. Wenn das funktioniert, ist das schön.“

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Auch Kurioses erlebt Büchel bei seiner Arbeit. Einmal hätte eine ältere Dame auf der Wache angerufen, weil ihr das Licht in der Wohnung ausgefallen ist. Auch Betrunkene habe er öfters am Telefon. Selbst eine verdreckte Straße bei Leisnig, auf der ein Traktor Schlammspuren hinterließ, hat Büchel mit einem Kollegen im Dienst gefegt. „Kurz vor einer Kurve hat Schlamm Gefahrenpotenzial. Wir haben dann die Bürger nach Schaufeln und Besen gefragt und an dem Sonntag die Straße in Uniform sauber gemacht.“

Drogenverstecke der Junkies

Einem Kleinkriminellen begegnet Büchel, wenn er im Dienst unterwegs ist, immer wieder. Wenn er ihn trifft, fragt er ihn, ob er eine Arbeit gefunden hat und wie es ihm geht. Bei einer nächtlichen Personenkontrolle blieb einmal der typische Smalltalk mit ihm aus. „Es fiel auf, dass er etwas in seinem Mund deponiert hat. Statt zu reden, hat er versucht, das Gespräch über Gesten zu führen“, so der Ermittler. Der Grund: ein mit Drogen gefülltes Überraschungsei im Mund des Mannes. Büchel stellte es sicher und leitete ein Verfahren ein. Der Drogenabhängige, den Büchel seit zehn Jahren kennt, hat sich bei ihm eingeprägt. „Man nimmt Anteil an der Lebensgeschichte der Leute“, sagt Büchel. „Jeder hat ein Motiv, warum er so geworden ist, wie er ist“, so der Polizist. „Er war eigentlich pfiffig, aber jetzt bestimmt die Sucht sein Leben.“

Verbale Entwaffnung

Kommunikativ und einfühlsam sei Stephan Büchel, sagt der stellvertretende Revierleiter Thomas Kunze über seinen Kollegen. Und gerade im Umgang mit kriminellen Menschen würden Ermittler das brauchen. „Viele Ganoven sind Wiederholungstäter, die oft aggressiv gegenüber der Polizei werden. Sie braucht man nicht mit Paragrafen zu erschlagen“; so Kunze. Mit den richtigen Worten könnten Beamte viele gefährliche Situationen deeskalieren. „Man braucht Fingerspitzengefühl und Empathie für die Menschen, um verhältnismäßig zu handeln“, sagt Kunze. Im Laufe der Jahre entwickle man ein gutes Gespür für Menschen in der Polizeiarbeit, so Büchel. Denn mitunter wird er angeflunkert und bekommt frei erfundene Straftaten zur Anzeige. „Da kriegt man mit der Zeit ein Bauchgefühl für, hinterfragt Dinge und deckt Widersprüche in den Vernehmungen auf“, so Büchel.

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Für kleine und große Probleme der Bürger sind Polizisten Ansprechpartner. „Wir gehen unter Einsatz von Gesundheit und Leben, in Gefahrenlagen rein, in die sonst niemand anderes gehen würde“, so der Bürgerpolizist. Und das mache die Ermittler zu Helden des Alltags. „Mit unserer Arbeit erhalten wir Sicherheit und Ordnung aufrecht, damit sich jeder hier frei und sicher bewegen kann.“