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SZ + Döbeln

Von der „Irrensiechenanstalt“ zum Fachkrankhaus Bethanien

Seit 150 Jahren wird in Hochweitzschen psychisch erkrankten Menschen geholfen. Nicht nur dazu wird es am 8. August Einblicke für die Öffentlichkeit geben.

Von Dirk Westphal
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Der Theologische Geschäftsführer Michael Veihelmann lädt Interessierte ein, sich am 8. August vor Ort ein Bild über Leistungsspektrum und Geschichte des heutigen Zentrums für Psychosoziale Medizin zu machen.
Der Theologische Geschäftsführer Michael Veihelmann lädt Interessierte ein, sich am 8. August vor Ort ein Bild über Leistungsspektrum und Geschichte des heutigen Zentrums für Psychosoziale Medizin zu machen. © SZ/Dirk Westphal

Hochweitzschen. Das Fachkrankenhaus Bethanien in Hochweitzschen bereitet sich auf besondere Feierlichkeiten vor. Das erklärte der Theologische Geschäftsführer Michael Veihelmann, der die Geschicke der Klinik gemeinsam mit dem Kaufmännischen Geschäftsführer Dirk Herrmann in den Händen hält.

Mit einer Jubiläumswoche vom 7. bis 9. August soll die 150-jährige Tradition psychiatrischer Versorgung am Standort Hochweitzschen mit drei Veranstaltungen gewürdigt werden, die sich an verschiedene Zielgruppen richten.

So werden zur offiziellen Festveranstaltung am 7. August im geladenen Kreis neben weiteren Gästen aus Politik und Medizin auch die Sächsische Staatsministerin für Soziales, Petra Köpping, und der Staatssekretär der Sächsischen Staatskanzlei, Professor Thomas Popp, erwartet.

Tag der offenen Tür für interessierte Bürger

Am Donnerstag, 8. August, haben interessierte Bürger die Möglichkeit, sich von 15 bis 18 Uhr ein Bild über den traditionsreichen Krankenhausstandort, aber auch psychische Erkrankungen zu machen.

Unter dem Titel „(Ein-)Blick in die Psychiatrie stehen historische Rundgänge sowohl mit hauseigenem Personal als auch mit Mitgliedern des Treibhaus-Vereins Döbeln auf dem Programm. „Es wird die Möglichkeit bestehen, die Boulderwand und den Fitnessparcours zu inspizieren“, sagte Michael Veihelmann.

Die Besucher können an einem entspannten Yoga oder Faszienrollentraining teilnehmen oder mit Simulatoren testen, wie sich Bewegungsdefizite im höheren Lebensalter, eine Demenzerkrankung oder ein eingeschränktes Sichtfeld anfühlen.

Diese Aktivitäten seien bewusst außerhalb des direkten Umfeldes der Patienten geplant worden, um in diesem nicht für Unruhe zu sorgen. Das sei auch der Grund, dass Stationsbereiche im mit 242 Metern wohl längsten Klinikgebäude Deutschlands den Besuchern nicht präsentiert werden.

Der öffentliche Themennachmittag wird abgerundet durch professionelle Suchtberatung sowie der Vorstellung des drogenfreien Lebensprojektes „Zwischenstopp“ in Bockelwitz, das junge Suchtkranke nach einer stationären Suchtbehandlung zurück ins Leben begleitet.

Präsentation der historischen Entwicklung

Zudem wird es eine Präsentation zur historischen Entwicklung des Fachkrankenhauses geben, das sich seit 2007 in diakonischer Trägerschaft befindet und ab 2020 zum Verbund von Agaplesion gehört.

Dieser ist eine gemeinnützige Aktiengesellschaft, die als Einrichtung der evangelischen Kirche gemeinsam mit diakonischen Unternehmen Krankenhäuser und Altenpflegeeinrichtungen in Deutschland betreibt.

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Die Festwoche findet ihren Abschluss am Freitag, 9. August, mit einem Sommerfest, zu dem nicht nur die rund 200 Mitarbeiteten eingeladen sind, sondern zu dem auch 40, 50 Ruheständler erwartet werden.

„Gemeinsam können wir sehr stolz sein, auf unseren traditionsreichen Standort, an dem seit 150 Jahren Menschen mit seelischen Nöten und psychischen Erkrankungen professionelle Hilfe erhalten“, sagte Dirk Herrmann als Kaufmännischer Geschäftsführer. „Diese Erfolgsgeschichte war und ist nur möglich, weil wir ein hervorragendes Behandlungsteam beisammen haben und in der Mittelsächsischen Region fest verwurzelt sind.“

Breites Behandlungsspektrum

So verfügt das Fachkrankenhaus Bethanien in Hochweitzschen – Zentrum für Psychosoziale Medizin – über 121 Betten, die die sich in den Fachkliniken für Allgemeinpsychiatrie und Psychotherapie, für Gerontopsychiatrie und Gerontopsychotherapie sowie Suchtmedizin auf sechs Stationen aufteilen.

Zudem gibt es in Döbeln und Freiberg Tageskliniken mit 27 beziehungsweise 25 Plätzen sowie drei Psychiatrische Institutsambulanzen an den Standorten Hochweitzschen, Döbeln und Freiberg.

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Errichtet wurde die Königlich-Sächsische Landesanstalt Hochweitzschen in den Jahren 1872 bis 1874. Am 15. Dezember fand die Eröffnung als „Irrensiechenanstalt“ statt.

„Von dem damaligen Bau steht nur noch die Hülle, ansonsten ist in den vergangenen Jahrzehnten alles auf den heutigen Stand modernisiert worden“, erklärt Michael Veihelmann. Derzeit werde noch die neue Ergotherapie, die an einen anderen Platz zieht, fertiggestellt.

Im Verlauf der Geschichte erfolgten mehrfache Umbenennungen und Neuausrichtungen. Ab 1889 entwickelte sich Hochweitzschen zur ersten Heil- und Pflegeanstalt für Epilepsie-Patienten im deutschsprachigen Raum.

Dunkles Kapitel in der Geschichte

Ein dunkles Kapitel in der Geschichte war die Beteiligung an der „Aktion T4“, die im Dritten Reich die Vernichtung von „unwertem Leben“ zum Ziel hatte.

In DDR-Zeiten fungierte die Einrichtung von 1970 bis 90 unter anderem als Nervenklinik, zu der auch die umstrittene Außenstelle Waldheim gehörte. Außerdem gab es eine Kinderklinik.

Nach der Wende mussten Fachgebiete geschlossen oder an andere Krankenhäuser abgegeben werden. Im Jahr 2007 erfolgte der Wechsel vom Land Sachsen in diakonische Trägerschaft, 2020 die Aufnahme in die Regionalholding Agaplesion Mitteldeutschland.

Seit 2021 ist das Fachkrankenhaus Hochweitzschen zudem Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Leipzig.

  • Veranstaltung (Ein-)Blick in die Psychiatrie: 8. August von 15 bis 18 Uhr im Fachkrankenhaus Hochweitzschen