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20 Jahre WelWel: Auferstanden aus den Fluten

Vor 20 Jahren wurde das Sport- und Freizeitzentrum von der Mulde überschwemmt. Da stand es kurz vor der Eröffnung. Elf Jahre später folgte Hochwasser Nummer zwei.

Von Jens Hoyer
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Das Aufräumen nach dem Hochwasser vor 20 Jahren. Noch vor der Eröffnung war die große Tennishalle des WelWel zerstört. Die Mulde hatte eine Menge Schlamm und einen Schaden von 3,5 Millionen Euro hinterlassen.
Das Aufräumen nach dem Hochwasser vor 20 Jahren. Noch vor der Eröffnung war die große Tennishalle des WelWel zerstört. Die Mulde hatte eine Menge Schlamm und einen Schaden von 3,5 Millionen Euro hinterlassen. © Dietmar Thomas

Döbeln. Am Freitag hat die Mannschaft des WelWel mit vielen Gästen und der Band Firebirds in der großen Tennishalle gefeiert. Die Firebirds hatten bei der Eröffnung vor 20 Jahren gespielt und auch beim zehnten Jahrestag, sagt Geschäftsführer Thorsten Hartwig.

Dass die Fete zum 20-Jährigen auf den 2. September fiel, hatte eher etwas damit zu tun, dass die Band an diesem Tag zu haben war. Wenn man den Tag der Feier mit einem denkwürdigen Ereignis verbinden wolle, dann mit diesem: Am 2. September 2002 hatte die Versicherung schriftlich bestätigt, dass das WelWel wieder aufgebaut werden kann.

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Die Geschichte des Sport- und Freizeitzentrums ist auch eine Geschichte der Jahrhundertflut 2002. Thorsten Hartwig und sein Geschäftspartner Lutz Iwan standen damals kurz vor der Eröffnung. „Am 22. August wollten wir aufmachen. Wir mussten nur noch die Gläser in die Regale räumen“, erzählt Hartwig. „Stattdessen haben wir dann alles ungenutzt wieder rausgerissen.

Blick über eine Wasserfläche zum WelWel. Die Mulde stand 1,70 Meter hoch in dem Neubau.
Blick über eine Wasserfläche zum WelWel. Die Mulde stand 1,70 Meter hoch in dem Neubau. © privat
Thorsten Hartwig in der Tennishalle, die für den Halbmarathon am Sonnabend hergerichtet ist.
Thorsten Hartwig in der Tennishalle, die für den Halbmarathon am Sonnabend hergerichtet ist. © Dietmar Thomas

“Das WelWel steht 100 Meter von der Mulde entfernt. „Wir sind am 12. August abends raus. Wenn man das Wehr nicht mehr hört, ist das ein Zeichen“, erzählt der Geschäftsführer. Als er das Haus verlassen hatte, stand das Wasser 20 Zentimeter unter der Krone des schützenden Deichs. „Da hatte man noch im Hinterkopf: Wo soll denn noch mehr Wasser herkommen?“

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Zudem war das WelWel wegen des hohen Grundwasserspiegels ohnehin einen knappen Meter über dem normalen Niveau gebaut worden. Aber das reichte nicht. „Als das Wasser am 14. August weg war, sind wir zum ersten Mal rein“, erzählt Hartwig.

1,70 Meter hoch hatte die Mulde in dem Neubau gestanden. Die Gewalt des Wassers hatte die massiven Feuerschutztüren aufgedrückt. Die Bar aus der Sauna lag in der Tennishalle, Sqashbereich, Sauna, Fitnessgeräte, Bowlingbahn – alles unter Wasser.

6-Meter-Trabi als Treibgut

Ein sechs Meter langer Trabi der Radiomoderatoren Böttcher und Fischer, der aus PR-Gründen am WelWel stand, hatte das Wasser vor den Eingang zum Grunersportpark geworfen. Für Hartwig bis heute ein Sinnbild für die üble Situation. „Der lag dort auf der Seite und ab und zu bewegten sich die Scheibenwischer noch ein bisschen hin und her.“

Lutz Iwan, der vor allem für den Bau verantwortlich war, sei „fertig“ gewesen. „Er ist von uns beiden eher der realistische Pessimist, während ich der unverbesserliche Optimist bin“, erzählte Hartwig. So hoffnungslos war die Situation dann doch nicht.

Der Schaden summierte sich zwar letztlich auf 3,5 Millionen Euro. Weil das WelWel noch nicht eröffnet war, griff aber die Bauleistungsversicherung, erzählt Hartwig. Und die versicherte auch Überschwemmungen.

2013 die nächste Katastrophe

Weil die Investoren beim Bau auf einheimische Handwerker zurückgegriffen hatten, war auch der Wiederaufbau schnell erledigt. Am 7. Dezember holten Hartwig und Iwan die Eröffnung nach. „Unser Ziel war, unter 100 Tagen für den Wiederausbau zu bleiben. Wir hatten dann 1.200 Leute auf der Silvesterparty. Die Leute hatten das Bedürfnis, nicht nur Schlamm zu sehen, sondern auch mal ein Glas Sekt zu trinken.“

Die beiden Geschäftsführer haben das WelWel seitdem durch einige Untiefen gesteuert. „Viele Leute haben damals gesagt: Das wird nichts“, erzählte Hartwig. Der ursprüngliche „Fünfjahresplan“ ging nach der Katastrophe nicht mehr auf, aber 2012 waren die schweren Anfangsjahre überwunden. Da ereilte das WelWel die nächste Katastrophe.

Beim Hochwasser 2013 stand die Mulde zwar nur 30 Zentimeter hoch im Erdgeschoss. Aber auch das reichte aus. Fußböden und Trockenbauwände mussten raus. Allerdings nutzten Hartwig und Iwan die Gelegenheit, um nach zehn Jahren Erfahrung das WelWel zu optimieren. Sowohl was den Betrieb, als auch was die Hochwasserfestigkeit angeht.

Mit drei Standbeinen Nischen gefunden

Heute ist das Untergeschoss so aufgerüstet, dass es einen Meter Wasser abkann, erzählt Hartwig. Der Fitnessbereich mit den teuren Geräten ist ins Obergeschoss verlegt und die Gaststätte ins Untergeschoss. Was noch einen Vorteil hat. Bowlingbahn und Gastronomie sind an einer Stelle vereinigt. „80 Prozent der Leute, die Bowlen, wollen auch etwas essen“, sagte Hartwig. Zudem ist der Zugang zur Gaststätte jetzt barrierefrei.

Mit den drei Standbeinen Gastrogewerbe, Fitness und Veranstaltungen sei man gut über die Runden gekommen, trotz der Konkurrenz. „Wir versuchen, unsere Nischen finden. Das ist uns 20 Jahre gut gelungen“ so Hartwig. Pro Jahr nutzen 60.000 bis 65.000 Besucher das WelWel. Sie werden von 15 Mitarbeitern betreut und trainiert.

Nur in der Corona-Zeit ging gar nichts. „Als es wieder losging, haben wir unsere Tennishalle zum größten Kursraum Sachsens gemacht“, sagt der Geschäftsführer. Nur in die Halle seien die geforderten Abstände für den Gesundheitssport einzuhalten gewesen.

Zukunft mit einigen Unsicherheiten

Aber die Unsicherheiten sind jetzt wieder groß. Zu Corona mit möglichen Einschränkungen gesellen sich Inflation und Energiekrise. „Unser Bereich ist der erste, auf den die Leute verzichten. Bei den Energiekosten hoffen wir, dass das mit viel Augenmaß gemacht wird“, sagt Hartwig.

Neun Jahre nach dem letzten Hochwasser hatte das WelWel im vergangenen Jahr wieder groß investiert. Die damals gebraucht beschaffte Bowlinganlage ist gegen eine nagelneue getauscht worden. „Die alte Anlage war eine Diva. Wir waren so ausgebucht, mit der wären wir nicht über die Wintersaison gekommen“, erzählte Hartwig. Das Weihnachtsgeschäft sei wegen Corona im vergangenen Jahr zwar doch ausgefallen, aber die neue Anlage funktioniere fast wartungsfrei. Und spart dabei noch spürbar Energie.