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Susanne Engelhardt sagt der Seebühne Kriebstein Adieu

Die Sängerin nimmt Abschied vom Theater. Allerdings noch nicht ganz. Was sie zum Naturtheater sagt und in den nächsten Monaten vorhat.

Von Cathrin Reichelt
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Dreimal hat Susanne Engelhardt auf der Seebühne an der Talsperre Kriebstein die Rössl-Wirtin gespielt. In dem Naturtheater war es die erste und letzte Rolle der Sängerin.
Dreimal hat Susanne Engelhardt auf der Seebühne an der Talsperre Kriebstein die Rössl-Wirtin gespielt. In dem Naturtheater war es die erste und letzte Rolle der Sängerin. © Lutz Weidler

Kriebstein. Sie ist Schauspielerin mit Leib und Seele. Gerade deshalb ist die Szene ungewöhnlich. Die Gäste der Vorstellung sind auf dem Heimweg. Rund um die Seebühne an der Talsperre Kriebstein ist es ruhig geworden. Susanne Engelhardt sitzt mit ihrem Mann, der Lieblingskollegin, den Chefankleiderinnen und zwei Maskenbildnerinnen am See.

Es sind Menschen, die ihr besonders ans Herz gewachsen sind. Sie reden und stoßen mit einem Glas Sekt an. Zuvor hatte ihr der Intendant des Mittelsächsischen Theaters Sergio Raonic Lucovic bereits mit rührenden Worten einen Blumenstrauß überreicht. Es war die letzte Vorstellung von Susanne Engelhardt auf der Seebühne.

„Dabei habe ich keinerlei Wehmut empfunden. Die letzte Vorstellung war ein einziges Fest, ein wahres Gefühl des Glücks“, sagt sie. Cabaret, Evita, Hallo Dolly, Der Vogelhändler, Eine Nacht in Venedig – Susanne Engelhardt hat seit der Eröffnung im Jahr 2007 in jedem Jahr in einer Operette oder einem Musical auf der Seebühne die Hauptrolle gespielt. Die Wirtin im „Weißen Rössl“ jetzt sogar zum dritten Mal.

Zwar war das erste Stück in dem Naturtheater vor 17 Jahren „Die Schatzinsel“. „Aber wir haben Ausschnitte des Rössels als Rahmenprogramm im Hafen gezeigt“, erinnert sich die Sängerin. 2014 dann die erste komplette Aufführung.

Die Zweite in diesem Sommer war nicht nur für Susanne Engelhardt besonders, sondern für das gesamte Mittelsächsische Theater. Mit 33 Vorstellungen gab es so viele wie nie zuvor. Deshalb wurden alle Rollen erstmals doppelt besetzt.

Mehr als 22.000 Besucher haben das „Rössl“ gesehen, das waren 25 Prozent mehr als im vergangenen Jahr. „Damit war das diesjährige ,Rössl’ die bisher erfolgreichste Seebühnen-Inszenierung überhaupt“, erklärt Theatersprecher Christoph Nieder.

Garderobe im Container

Das Spiel auf der Seebühne verlangt den Darstellern einiges ab. Vieles ist so ganz anders als in einem Theater. Als Erstes nennt Susanne Engelhardt das Wetter. „Aber wir spielen fast immer. Die Großherzogin von Gerolstein zum Beispiel eine halbe Stunde lang im strömenden Regen“, erzählt sie. Dann sei die Aufführung aus Sicherheitsgründen abgebrochen worden. Ist die Bühne nass, wird es dort rutschig, was nicht nur für die Tänzer gefährlich ist.

Auch 33 Grad sind eine Herausforderung. Nicht nur wegen der Temperatur. „Wir müssen oft gegen die Sonne schauen“, sagt Susanne Engelhardt. „Aber all das wird durch die wunderschöne Lage kompensiert.“ Ansporn seien die stets erwartungsfrohen 800 bis 900 Zuschauer.

Auch die Hintergrund-Bedingungen sind andere als im Theater. Dort steht Susanne Engelhardt eine Solistengarderobe zur Verfügung. An der Seebühne teilt sie sich die „Garderobe“ in einem Container im Hafen mit den anderen Solisten. Zuvor – in den Kellerräumen des Gebäudes vom Talsperrenverband - waren auch noch die Chordamen dabei. Bei so vielen Menschen sei die Konzentration vor einer Vorstellung schwierig. „Da braucht man starke Nerven. Aber die Chorleute sind zauberhaft“, meint die Sängerin.

Einer habe ihr einmal Blumen aus seinem Garten mitgebracht, und gesagt: „Damit es hier schön für Dich ist.“ Und das sei es gewesen – immer. „In Kriebstein hatte ich die tollsten Theatererlebnisse“, sagt Susanne Engelhardt. Das hänge wohl auch damit zusammen, dass dort bei den Theaterleuten stets eine gewisse Euphorie und Vorfreude herrscht, weil es stets das letzte Stück vor dem Urlaub ist.

110 Rollen in 41 Jahren

„Da macht die Arbeit viel Spaß.“ Auch wenn die Seebühne von den Akteuren – unter anderem wegen des Wetters – mehr Einsatzbereitschaft und Robustheit erfordert. Auch wenn einmal die Generalprobe ausfiel, weil es nach einem zu lange dauernden Fernseh-Interview nicht wieder aufhörte, zu regnen, oder eine Vorstellung von Cabaret wegen zu großer Hitze schon vor der Pause abgebrochen werden musste, sagt Susanne Engelhardt: „Auf der Seebühne hatte ich nur schöne Erlebnisse.“

Seit 41 Jahren steht sie inzwischen auf der Bühne, die ersten Jahre in Döbeln, ab der Spielzeit 1993/94 im Mittelsächsischen Theater. Etwa 110 Rollen hat sie in dieser Zeit gespielt. „Und jede passte auch zu meiner Zeit“, meint sie. Auf eine Lieblingsrolle will sie sich nicht festlegen. „Das sind einige. Die Rössl-Wirtin gehört auch dazu.“

Abschied zum Bühnenball 2026

Der Abschied von der Seebühne ist jedoch noch keiner vom Theater. Den plant Susanne Engelhardt für den Theaterball im Jahr 2026 in Döbeln und Freiberg. „Dort treffe ich mein Publikum. Auf der Seebühne sind auch viele Touristen“, begründet sie. In den kommenden eineinhalb Jahren stünden noch schöne Aufgaben vor ihr.

Dazu gehören die Moderation eines Operetten-Gala-Programms, ein Kneef-Programm und das Musical „Doktor Schiwago“, das am 19. Oktober in Döbeln Premiere hat. Darin hat sie zwar keine Hauptrolle, aber gleich vier kleinere Charakterrollen.

Lampenfieber – ja, das hat sie immer noch. „Ich bin zum Beispiel aufgeregt, ob bei Dr. Schiwago alle Umzüge klappen.“ Natürlich merke sie auch, dass sie keine 25 mehr ist. „Die Sing- und Körperkraft hat Grenzen“, gibt Susanne Engelhardt zu.

„Ich muss meine Stimme sehr klug einsetzen. Sie ist nicht mehr so stark. Und ein hohes C möchte ich nicht mehr schmettern.“ Für die Beweglichkeit wandere sie sehr viel. „Ich bin ein sportbetonter Mensch.“ Und sie achte auf ihre Ernährung.

Dem kompletten beruflichen Ende sieht sie gelassen entgegen. „Loslassen ist wichtig. Es gibt die nächste Generation. Sie kann viel. Man muss ihr Platz machen“, meint sie. Aber wenn ihre Stimme noch mitmacht, wolle sie auch im Ruhestand weiter bei kleineren Veranstaltungen oder Feiern auftreten. Ansonsten werde sie dem Theater treu bleiben – als Zuschauerin bei Konzerten und Vorstellungen, auch auf der Seebühne. „Darauf freue ich mich.“

Spielzeiteröffnung 2024/25

  • Am Sonntag, 15. September, feiert das Mittelsächsische Theater in Döbeln die Eröffnung der Saison 2024/25.
  • Ab 12.30 Uhr gibt es im Foyer, auf dem Theaterplatz und in der Theaterstraße gastronomische Angebote, Informationen und vielfältige Attraktionen für Besucher.
  • Als Gesprächspartner sind der Förderverein, Mitglieder des Ensembles und der Theaterleitung vor Ort.
  • Um 17 Uhr führen die Spartenleiter auf der Hauptbühne durch ein Programm, in dem Schauspieler, Sänger, Chor und Orchester in Ausschnitten die geplanten Neuinszenierungen der Saison vorstellen.
  • Der Eintritt ist jeweils frei.