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Weshalb neben Karls Erlebnis-Dorf in Döbeln schon wieder gebuddelt wird

Schneller als geplant wird das Areal von Karls Erlebnis-Dorf erweitert. Damit soll sich bis zu den Sommerferien die teils angespannte Situation auf dem Parkplatz lösen. Noch sind die Archäologen vor Ort. Ist das trotzdem zu schaffen?

Von Cathrin Reichelt
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Susanne Peschel gehört zu den den sechs Mitarbeitern auf dem Grabungsfeld bei Karls in Döbeln.
Susanne Peschel gehört zu den den sechs Mitarbeitern auf dem Grabungsfeld bei Karls in Döbeln. © Foto: Lutz Weidler

Döbeln. Während die Besucher neun Wochen nach der Eröffnung zu Karls strömen wie am ersten Tag, wird neben dem Döbelner Erlebnis-Dorf bereits wieder gegraben und gebaut.

Zwischen dem Freizeitpark und der A 14 sollen weitere Pkw-Stellflächen entstehen und zur Entspannung der teils prekären Parkplatzsituation beitragen. Seit zwei Wochen teilen sich deshalb Bauleute und Archäologen das Areal.

Grabungen neben dem Wirtschaftshof von Karls Erlebnis-Dorf

Nur wenige Meter vom Wirtschaftshof des Erlebnis-Dorfes entfernt haben die Archäologen auf einer Länge von 180 Metern einen zwei Meter breiten Streifen Erde ausgehoben. In dem befinden sich zahlreiche viereckige noch tiefer gehende Löcher.

Das Grabungsfeld ist nur zwei Meter breit, aber 180 Meter lang.
Das Grabungsfeld ist nur zwei Meter breit, aber 180 Meter lang. © Foto: Lutz Weidler

„Wir gehen nur dort in die Tiefe, wo für den Parkplatz Rohre für die Entwässerung, die Gullydeckel und der Hauptsammler verlegt worden sollen“, erklärt der wissenschaftliche Grabungsleiter Thomas Lukas.

Und Dr. Christoph Heiermann, Sprecher des Archäologischen Landesamtes Sachsen, ergänzt: „Wir sind Denkmalschützer. Der Erhalt dessen, was sich in der Erde verbirgt, hat immer Priorität.“

Aber auch das, was die Archäologen auf den begrenzten Flächen finden, ist für sie mehr als aufschlussreich. Die dunkle Färbung des Bodens weist unter anderen auf Pfosten von Langhäusern hin, die dort einmal gestanden haben.

Etwa 60 Häuser können so auf der gesamten Fläche nachgewiesen werden. Drei davon befinden sich unter dem Kreisel an der Einfahrt zum Parkplatz. Fünf sind bei den jetzigen Grabungen dazugekommen.

„Das ist die größte Siedlung aus der Jungsteinzeit, die wir uns im mittelsächsischen Gebiet ergraben haben“, so Lukas. Ähnlich große Siedlungen seien nur aus dem Raum Leipzig bekannt.

Glasperle hilft bei Zeitbestimmung

Kleine Zettel neben jeder Grabungsstelle dokumentieren die Verfärbungen. 3.500 sind es bis jetzt auf dem gesamten Areal von Karls. Das sind jedoch nicht alles Pfostengruben, sondern auch Speichergruben für Lebensmittel, Arbeits- und Materialentnahmegruben.

Auch Gräber wurden entdeckt, in denen sich noch Zahnreste befunden haben. „Die Knochen waren alle zersetzt“, so der Grabungsleiter. Trotzdem weiß er, dass die Gräber aus dem 10./11. Jahrhundert, also dem Mittelalter stammen.

Beim Datieren der Gräber hat ein ganz besonderer Fund geholfen: Eine blaue Glasperle mit gelblichen Rauten. Diese Art von Perlen komme eigentlich nur in der Mitte von Polen, Weiß- und Nordrussland vor. „Es ist der bisher westlichste Fund einer solchen Perle“, erklärt der Archäologe.

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Dokumentiert wird alles, was sich im Boden abzeichnet oder gefunden wird und nicht geologischen Ursprungs ist. Dazu gehören Keramiken und Steingeräte, wie Beile, Äxte und Meißel sowie Feuergeräte wie Klingen und Bohrer, aber auch Produktionsreste von der Herstellung der Steingeräte. „Wir haben fast ein Jahr gebraucht, um die alten Funde zu waschen und zu katalogisieren“, so Lukas.

Grabungsleiter Thomas Lukas zeigt gefundene Fragmente einer Steinaxt und eines Gefäßes.
Grabungsleiter Thomas Lukas zeigt gefundene Fragmente einer Steinaxt und eines Gefäßes. © Foto: Lutz Weidler

Besonders wichtig seien für die Archäologen Funde mit Verzierungen. Sie geben Auskunft über die verschiedenen Zeiten. Und im Gegensatz zu den Funden unter dem Erlebnis-Dorf, die aus drei Epochen stammen, waren die der jetzigen Ausgrabungsstelle nur in einer Zeit üblich. „Die Linien- und Stichbandkeramik gab es zu Beginn der Jungsteinzeit“, sagt Lukas.

Seit zwei Wochen erkunden die sechs Mitarbeiter des archäologischen Teams den Untergrund neben dem Erlebnis-Dorf. Voraussichtlich eine Woche werden sie noch bleiben.

Parallel dazu hat auf einem breiten Streifen entlang der Autobahn bereits der Bau der neuen Parkplätze begonnen. Dabei wird der Mutterboden mit Kalk stabilisiert und ein Mineralgemisch als Unterbau aufgebracht.

Karls Erlebnis-Dorf in Döbeln: 500 weitere Parkplätze geplant

Bis zum Beginn der Sommerferien, und das sind nur noch knapp vier Wochen, sollen die zusätzlichen Parkflächen fertiggestellt sein. „Die Zeit ist knapp, aber nach Auskunft unseres Bauleiters ist das möglich“, erklärt Karls-Chef Robert Dahl auf Nachfrage dieser Zeitung.

Auf dem Areal, das etwas höher gelegen ist als die derzeitigen Stellflächen, sind rund 500 weitere Parkplätze geplant. „Das sind 50 Prozent mehr als bisher. Das sollte eine Menge Probleme lösen“, so Dahl.

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Zwar werden die zusätzlichen Stellflächen gebraucht, sie rufen aber auch einige Kritik hervor. Wie kann es sein, dass so eine große Fläche Naturraum versiegelt wird? Kein Baum, kein Strauch, kein Grashalm nichts – nur Beton. Und dann sollen noch weitere Flächen der Natur entrissen werden? Wo sind die Auflagen für begrünte Parkplätze?, fragt SZ-Leserin Claudia Stosik.

Bereits während des Verfahrens zum Bebauungsplan für Karls Erlebnis-Dorf sei geklärt worden, wie die damit verbundenen Eingriffe in Natur und Landschaft ausgeglichen werden, antwortet der Pressesprecher der Stadt Döbeln.

Pflanzungen und Ökopunkte gefunden

Dazu sei der Ist-Zustand des Areals bewertet und mit der Planung verglichen worden. Dabei seien alle möglichen Versieglungen – auch die Erweiterungsfläche des Parkplatzes – berücksichtigt worden. „Diese Bilanzierung wird mit Biotopwertpunkten gerechnet“, so Mettcher.

Parallel zu den Ausgrabungen hat entlang der Autobahn 14 bereits der Bau für die Erweiterung des Parkplatzes begonnen.
Parallel zu den Ausgrabungen hat entlang der Autobahn 14 bereits der Bau für die Erweiterung des Parkplatzes begonnen. © Foto: Lutz Weidler

Rechnerisch habe sich ein Minus von 600.432 Biotopwertpunkten ergeben. Diese Punkte müssen durch geeignete Maßnahmen ausgeglichen werden. Dies könne durch umfangreiche Pflanzungen auf dem Grundstück vor Ort oder bereits vorhandene Ökopunkten erfolgen.

In das Gelände von Karls wurden unzählige Pflanzen integriert. Trotzdem sei ein vollständiger Ausgleich innerhalb des Areals nicht möglich. Deshalb werde von der Möglichkeit externer Kompensationsmaßnahmen Gebrauch gemacht.

Für bereits durchgeführte und von der Unteren Naturschutzbehörde anerkannte Entsieglungs- oder Pflanzmaßnahmen verfüge die Stadt Döbeln über Ökopunkte bei der Behörde.

Der Stadtrat habe am 2. Juni 2022 beschlossen, dass das Defizit an Biotopwertpunkten im B-Plan „Karls Erlebnis-Dorf Döbeln“ durch das Ökokonto der Stadt ausgeglichen wird. Konkret herangezogen wurden Ökopunkte aus der Entsiegelung der Bushaltestelle Technitz und der Klosterwiesen.