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So rettet eine Familie einen Dreiseithof in Auerschütz vor dem Abriss

Familie Wachs hat ein abrissreifes Wohnstallhaus um- und ausgebaut. Dafür gab es den Denkmalpreis. In dem Gebäude finden nun drei Generationen ausreichend Platz.

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Im umgebauten Wohnstallhaus der Familie Wachs in Auerschütz wohnen drei Generationen – und Hündin Paula.
Im umgebauten Wohnstallhaus der Familie Wachs in Auerschütz wohnen drei Generationen – und Hündin Paula. © Elke Walter-Koch

Von Elke Walter-Koch

Jahnatal/Auerschütz. Dass ein Bauprojekt am besten in Familie zu stemmen ist, beweist Familie Wachs, die in Auerschütz in der Gemeinde Jahnatal ein großes Wohnstallhaus um- und ausgebaut hat.

Heute leben Eltern, Kinder und Enkel in dem großen, von Feldern umgebenen Gebäude. Für die behutsame Sanierung, Umnutzung und Belebung des Anwesens haben die Bauherren den diesjährigen Denkmalpreis des Landkreises Mittelsachsen erhalten.

Wer auf den Hof fährt, bemerkt vor allem die Weite und Größe des Anwesens, das um 1800 erbaut wurde. Auffallend sind die sorgfältig sanierten Sandsteingewände, die Ornamente und das Wappen über der Eingangstür.

Details, die so vorher gar nicht erkennbar waren, sagt der junge Bauherr Christian Wachs. Er macht auch auf den einstigen, zum Gemeinschaftsraum um- und ausgebauten Stall mit Kreuzgewölbe aufmerksam.

Früher, so erzählt er, gab es auf dem Hof die LPG Schweinezucht Wilhelm Pieck. Davor wurde der Hof von den Alteigentümern bewirtschaftet, die mit dem Bau der innerdeutschen Grenze nach Bayern flüchteten, das Ensemble nach der politischen Wende aber wieder rückübereignet bekamen. Eine Geschichte, die den 33-jährigen Landwirt und dessen Familie nicht unberührt lässt.

Einstige Besitzer in Freudentränen

„Wer Land bewirtschaftet, ist mit der Region eng verbunden und weiß genau, was es bedeutet, wegzugehen und alles zurückzulassen“, meint Christian Wachs. Ein Umstand, der beim Hauskauf auf beiden Seiten für ein gutes Gefühl sorgte und den Kontakt mit den einstigen Landwirten auch nach dem Eigentümerwechsel nicht abreißen ließ.

„Wir haben sie nach der Sanierung zu uns eingeladen. Es war berührend, als die Familie aus dem Auto stieg und Tränen in den Augen hatte, weil sie sich freute, was aus dem früheren Anwesen geworden ist.“

Der Eingangsbereich des Bauernhauses wurde großzügig gestaltet.
Der Eingangsbereich des Bauernhauses wurde großzügig gestaltet. © Elke Walter-Koch

Dass Familie und Zusammenhalt auf dem Lande noch etwas bedeuten, wird bei der Hausgeschichte der Familie Wachs mehr als deutlich. „Ohne die Hilfe meines Bruders Stefan und der ganzen Familie hätten wir das nicht geschafft“, ist Christian Wachs dankbar.

Den großen Hof in Auerschütz kannte er schon länger. Als die Familie im Jahr 2016 zum ersten Mal vor Ort war, wurden das Wohnstallhaus des Dreiseithofes und das gesamte Ensemble bereits als baufällig eingeschätzt. Es war für den Abriss vorgesehen.

Die gute Lage und die dazugehörigen Felder boten jedoch auch Potenzial, um vor Ort sesshaft zu werden und den gemeinsamen Landwirtschaftsbetrieb weiterzuführen.

Mithilfe der Denkmalschützer, eines Planungsbüros und geeigneter Handwerksfirmen aus der Region wurden das marode Gebäude und das gesamte Anwesen vor dem Abriss gerettet.

„Die Dachziegel waren schon lose, ein Teil des Dachstuhls verrottet. Und auch sonst war der Zustand mehr als bedenklich“, erinnert sich der junge Bauherr.

Grundriss wieder hergestellt

Den ursprünglichen Grundriss des abgewohnten und seit 30 Jahren leerstehenden Gebäudes wiederherzustellen, war ein Anliegen, das Bauherren, Denkmalschützer und Planungsbüro gemeinsam in Angriff nahmen.

So wurde das Obergeschoss nach und nach in seine ursprüngliche Form zurückversetzt und das Dach mit traditionellen Handwerkstechniken saniert.

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„Früher lebten bis zu 25 Leute hier. Jeder größere Raum wurde mit Zwischenwänden verkleinert, um alle unterzubringen. Wir haben die ursprüngliche Aufteilung weitestgehend wiederherstellen lassen“, so Christian Wachs, der mit seiner Familie in ebendiese Etage eingezogen ist.

Ein großes Kompliment des Hofeigentümers geht an alle involvierten Unternehmen und Handwerker, ohne deren Fleiß und Einfühlungsvermögen für den mehr als 200 Jahre alten Bau ein solch großes, dreijähriges Vorhaben nicht zu bewältigen gewesen wäre.

Der ehemalige Stall wurde zum Partyraum um- und ausgebaut.
Der ehemalige Stall wurde zum Partyraum um- und ausgebaut. © Elke Walter-Koch

Im Erdgeschoss des Wohnstallhauses leben heute die Eltern, die aus einem Hof, den sie zu DDR-Zeiten ebenfalls mit eigenen Händen um- und ausgebaut haben, nach Auerschütz gezogen sind. Und auf dem Hof der Eltern wohnt nun Stefan Wachs mit seiner Familie.

Drei Brüder – drei Landwirte

Wie es sich auf einem so großen Generationenhof lebt? Da ist vor allem der Betrieb, den die beiden Brüder Christian und Stefan von den Eltern übernommen haben und gemeinsam weiterführen. Dass Platz und Ruhe zudem günstig für Menschen sind, die auf dem Land aufwuchsen, versteht sich.

„Wir haben zum Studium eine Weile in Dresden gelebt. Auch das war in Ordnung. Alles hat seine Zeit“, erzählt der junge Landwirt, der in der Fachrichtung Gartenbau studierte.

Heute leben er und seine beiden Brüder, die ebenfalls in der Landwirtschaft tätig sind, in Sichtweite voneinander. Dass jeder von ihnen Straßenschuhe anziehen muss, um zur Wohnung des jeweils anderen zu gelangen, sei eine der Voraussetzung dafür, dass sich die Familie nach wie vor gut versteht, gegenseitig unterstützt und auch an allen Geburtstagen zusammenkommt, resümiert der 33-Jährige.