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Hunderte feiern den dritten Christopher Street Day in Döbeln

Am Samstag gingen etwa 600 Teilnehmer aus ganz Sachsen in Döbeln für Vielfalt, Toleranz und die Rechte queerer Menschen auf die Straße.

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Etwa 600 Teilnehmer feierten in Döbeln den dritten Christopher Street Day.
Etwa 600 Teilnehmer feierten in Döbeln den dritten Christopher Street Day. © Thomas Kube

Von Annemarie Banek, Elke Görlitz und Claudia Erbert

Döbeln. Regenbogenfahnen, laute Sprechchöre und bunte Transparente. Zum dritten Mal wurde am Samstag der Christopher Street Day in Döbeln gefeiert. Auch eine rechte Gegendemonstration fand statt. Auf einem Teil der Strecke begegneten diese den Demonstranten des CSD direkt.

Neben vielen jungen Menschen sind auch Mitglieder der Initiative Omas gegen Rechts und Eltern, die ihre Kinder im Bollerwagen ziehen, unterwegs. Mike Müller ist aus Leipzig angereist und hat schon auf mehreren CSD in Sachsen demonstriert. Mit seiner Teilnahme will er ein Zeichen für die queere Community und deren Freiheit setzen. "Ich will mich mit meinem Partner in der Öffentlichkeit bewegen können, ohne Angst zu haben und mich verstecken zu müssen", sagt der 20-Jährige. Homosexualität in der Öffentlichkeit sei auch in Großstädten wie Leipzig mitunter schwierig. Neben blöden Sprüchen habe Müller sogar schon Kieselsteine auf der Straße abbekommen, als er mit seinem Partner unterwegs war.

Junge Menschen setzten Zeichen für Toleranz

Auch Felix Teggatz unterstützt den CSD in Döbeln am Samstag und das schon zum zweiten Mal. "Wir wollen zeigen, dass es nicht nur in den großen Städten solche Bewegungen gibt, sondern auch im Hinterland", so der 19-jährige aus Döbeln. Aber gerade dort sei es schwieriger, offen homosexuell zu leben, denn dort gebe es kaum queere Menschen.

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Das sieht Leon Ahlgrimm ähnlich. Der 19-Jährige ist selbst Mitorganisator für den Christopher Street Day im Erzgebirge. "Es ist wichtig, gerade in den kleinen Städten aktiv zu sein. Denn in den letzten Wochen haben Rechtsextreme vermehrt versucht, die Demos zu stören. Gewaltbereite Neonazis werden immer mehr und versuchen unsere Veranstaltung zu vereinnahmen", so Ahlgrimm. Umso wichtiger sei es, hier zu sein und für die Gleichstellung aller Menschen zu demonstrieren. "Jeder sollte seine Identität frei bestimmen können und selbst entscheiden, wen er liebt."

Die Polizei sorgte für Sicherheit und schirmte die Demonstranten voneinander ab.
Die Polizei sorgte für Sicherheit und schirmte die Demonstranten voneinander ab. © Thomas Kube

Bei der Demonstration, die am Hauptbahnhof Döbeln startete, sprach auch Katja Meier, die sächsische Ministerin für Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung. In ihrer Rede erinnerte sie an die Landtagswahl in Sachsen. "Wir halten gerade alle den Atem an, weil noch nicht ganz klar ist, welches Bündnis sich bildet", sagt Meier. Der Politik käme jetzt eine große Verantwortung zu. Und auch der Christopher Street Day in Döbeln sei als politisch zu werten. "Der CSD ist kein reines Privatvergnügen oder eine Party. Unter den aktuellen Vorzeichen ist er eine sehr politische Angelegenheit", so Meier.

Rechte Gegendemonstration

Bis zuletzt hatten die Organisatoren des CSD gehofft, die Gegendemonstration der als rechtsradikal eingestuften Partei Freie Sachsen und der Jungen Nationalisten, zu denen auch die junge rechtsextreme Gruppe "Elblandrevolte" gehört, würde verboten. Sie fand aber statt – gut abgeschirmt von den CSD-Teilnehmern durch Polizeibeamte sowohl im Umfeld des Hauptbahnhofes als auch auf der Strecke durch die Stadt.

Bei der rechten Gegendemonstration waren auch viele junge Menschen anwesend.
Bei der rechten Gegendemonstration waren auch viele junge Menschen anwesend. © Thomas Kube

Zu den 180 Teilnehmer der Gegendemonstration gehörten der Döbelner NDP-Aktivist Stefan Trautmann, der jetzt für die Freien Sachsen im Stadtrat Döbeln sitzt, Wolfgang Schmiedel aus Zwönitz und der Chemnitzer Max Schreiber, der für die Freie Sachsen in Dresden sehr aktiv ist. Die vor allem jungen Menschen skandierten unter anderem "Es gibt kein Recht auf Homo-Propaganda."

"Omas gegen Rechts" demonstrieren für Freiheit

Zu erneuten Kundgebungen beider Seiten kam es auf dem Döbelner Obermarkt, wo sich nicht nur die Polizeibeamten zwischen die Demonstranten stellten, sondern auch die Döbelner Omas gegen Rechts. "Unsere Aufgabe als Omas ist es, den nachfolgenden Generationen zu erzählen, dass es zur Demokratie keine andere Alternative gibt, die ein besseres Leben ermöglicht. Wir mussten unsere Eltern fragen: Was habt Ihr getan und was habt Ihr getan, um es zu verhindern? Demokratie heißt Freiheit, wir müssen sie beschützen“, so Ines Stefanowsky von den Omas gegen Rechts.

Auch die Initiative Omas gegen Rechts war vor Ort.
Auch die Initiative Omas gegen Rechts war vor Ort. © Thomas Kube

Die Vorsitzende des Landesschülerrates Amy Kirchhoff sagte, dass es besonders in Sachsen mehr Schulsozialarbeiter und –Psychologen als Ansprechpartner für Opfer von queerfeindlicher Gewalt geben müsse. Fast die Hälfte aller sächsischen Schüler habe Diskriminierung, Mobbing bis hin zu körperlichen Angriffen auf scheinbar nicht der Norm entsprechende Kinder erlebt. Diese geht teilweise sogar von Lehrkräften aus, sodass sie sich auch hier mehr Bildung und Aufklärung wünscht.

Dass der Christopher Street Day bereits zum dritten Mal in Döbeln stattfindet und zudem in vielen ländlichen Regionen Sachsen gefeiert wird, ist für Ministerin Katja Meier "extrem ermutigend." Den Teilnehmern dankte sie, dass diese ein Zeichen für Vielfalt und Selbstbestimmung setzen. Die Ehe für alle sei in immer mehr Ländern möglich, diese Freiheiten für die queere Community mussten jedoch hart erkämpft werden. Und der CSD sei nicht nur ein Tag für die queere Community, sondern "ein Tag für alle, die sich für Demokratie einsetzen", so Meier. "Die Regenbogenfahne beschränkt sich nicht nur auf eine Nation, sondern steht für Vielfalt, Solidarität und Zusammenhalt."