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SZ + Döbeln

Abgestraft für Politik in Berlin

Die Wirtschaft wünscht sich von der Regierung Planungssicherheit und schnelle Integration von Ausländern. Die Kommunen hätten gern eine bessere finanzielle Ausstattung.

Von Jens Hoyer
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Dass diese Regierung eine Vision für die Legislaturperiode entwickelt und umsetzt und dass die Zukunft für die Unternehmen planbarer wird, fordert Thomas Kolbe, Döbelner Unternehmer und Präsident der IHK-Regionalversammlung..
Dass diese Regierung eine Vision für die Legislaturperiode entwickelt und umsetzt und dass die Zukunft für die Unternehmen planbarer wird, fordert Thomas Kolbe, Döbelner Unternehmer und Präsident der IHK-Regionalversammlung.. © Archiv: Lutz Weidler

Region Döbeln. Mittelsachsen nach der Landtagswahl. Die CDU ist vor der AfD ganz knapp stärkste Kraft geworden. Sächsische.de hat Vertreter von Politik und Wirtschaft zu ihren Gedanken und zu ihren Wünschen an die neue Regierung befragt.

„Es ist gut, dass das Land nach diesem Wahlkampf wieder zur Ruhe kommt“, meint Thomas Kolbe, Döbelner Unternehmer und Präsident der IHK-Regionalversammlung Mittelsachsen.

„Hoffnung und Erwartung aus Sicht der Unternehmer ist, dass schnell eine arbeitsfähige Regierung gebildet werden kann. Zwei Punkte sind für uns wichtig: Dass diese Regierung eine Vision für die Legislaturperiode entwickelt und umsetzt und dass die Zukunft für die Unternehmen planbarer wird. Wobei wir wissen, dass die EU und der Bund dabei auch eine wichtige Rolle spielen. Stabilität und Planbarkeit ist das, was die Wirtschaft sich wünscht. Für eine lebenswerte Region ist es entscheidend, dass die Wirtschaft funktioniert“, sagte Kolbe.

Wirtschaft will Stabilität

Zwischen Politik und Wirtschaft ist aus der Sicht von Kolbe schon eine recht gute Zusammenarbeit entwickelt worden, die noch stärker ausgebaut werden müsste. Ohne ausländische Arbeitskräfte werde es in der Wirtschaft nicht gehen, so der Unternehmer. Probleme, die in diesem Zusammenhang auftreten, seien hausgemacht und sollten langfristig gelöst werden.

„Dabei geht es nicht nur um das Erlernen der Sprache. Auch eine Integration dieser Menschen findet nicht in dem Maße statt, wie das möglich wäre. Sportvereine, die Wirtschaft und die Schulen können da einen Beitrag leisten.“

Kurskorrektur bei Asylpolitik

„Das Ergebnis war erwartbar und hat mich nicht überrascht. Das ist eine Abreibung durch die Wähler in Richtung Bundesregierung“, sagte Döbeln Oberbürgermeister Sven Liebhauser (CDU), der bis 2019 selbst Mitglied des Landtages war.

„Ich erwarte beim Bund eine Kurskorrektur beim Thema innere Sicherheit und der Asyl- und Migrationspolitik. Eine Kurskorrektur bis hin zu Neuwahlen. Das Wahlergebnis interpretiere ich als Hilfeschrei der Bevölkerung, endlich etwas zu tun in Richtung Migrations- und Asylpolitik. Wenn die Bundesregierung da nichts ändert, wird es bei der Bundestagswahl ein böses Erwachen geben.“

Nach Liebhausers Meinung trägt die Bundesregierung einen Anteil am Erstarken der AfD.

Von der künftigen Regierung in Sachsen erwartet Liebhauser als Oberbürgermeister von Döbeln eine bessere finanzielle Ausstattung der Kommunen. Auch, um Kultur im ländlichen Raum zu finanzieren.

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„Bei der Finanzierung der Theater dürfen die Städte und Gemeinden nicht allein gelassen werden.“ Die Ausstattung mit Lehrern muss aus seiner Sicht verbessert werden. Mit dem Straßenbaubudget in Sachsen hätten die Kommunen jetzt ein gutes Instrument zum Ausbau der Infrastruktur.

„Das muss verstetigt werden“, so Liebhauser. Das Döbelner Stadtoberhaupt erwartet auch höhere Zuschüsse oder Entlastungen wegen der zusätzlichen Kosten, die insbesondere durch Tariferhöhungen zustande kommen. Diese machten sich vor allem auch bei der Betreuung der Kinder in den Kitas bemerkbar.

Regierungsfähig ist die CDU in Sachsen mangels Mehrheit kaum. „Die Regierungsbildung wird sehr spannend“, meint Liebhauser. Eine Minderheitsregierung hält er für problematisch. „Das bedeutet Stillstand, wenn keine Mehrheiten zustande kommen.“

Liebhauser bedauert, dass die FDP es nicht in den Landtag geschafft hat. „Die FDP ist ein natürlicher Koalitionspartner für die CDU.“

Abgestraft für Bundespolitik

Es sei vorauszusehen gewesen, dass die FDP es bei dieser Wahl schwer haben wird, sagte Steffen Ernst, der als FDP-Bürgermeister in Waldheim weit und breit der einzige Vertreter seiner Partei in einem höheren politischen Amt ist.

Durch die Beteiligung der FDP an der Ampelregierung sei die Partei schon bei der Kommunalwahl bis in die unterste Ebene abgestraft worden. „Die Wähler überlegen nicht, auf welcher Ebene agiert wird. Die FDP hat mit der Beteiligung an dieser Regierung ganz schön Schaden genommen“, so Ernst.

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Grundsätzlich sieht Ernst nach der Wahl die Möglichkeit, eine arbeitsfähige Regierung in Sachsen zu bilden. Die CDU müsse nun Gespräche führen und sollte die Tür nicht verschließen. „Ich denke da an die Altparteien wie SPD und Grüne und an das Bündnis Sahra Wagenknecht“, so Ernst.

Für die Kommunen erhofft sich das Waldheimer Stadtoberhaupt eine bessere finanzielle Ausstattung. „Es gibt viele Probleme, die angefasst werden müssen, um den Landkreisen und den Städten und Gemeinden ein Überleben zu ermöglichen. Die Förderprogramme greifen nicht. Wir haben arge Probleme mit dem Straßenbau“, so Ernst.

Großen Nachholbedarf sieht er beim Umgang mit Asylsuchenden. „Es müssen Wege gefunden werden, um diese Leute schneller in Lohn und Brot zu bringen. Wir haben hier in Waldheim die Erstaufnahmeeinrichtung. Es gibt dort viele Menschen, die wollen nicht einfach nur Geld einstecken, sondern arbeiten. Es dauert viel zu lange, bis das funktioniert.“

Probleme schnell angehen

„Das Ergebnis der Wahl war so zu erwarten. Die Stimmung ist nicht gut“, sagte Grit Neumann, die Vorsitzende des Stadtwerberings, die jetzt für die Freien Wähler im Döbelner Stadtrat sitzt.

„Das war ein Dämpfer für alle etablierten Parteien. Sie waren sich ihrer Sache zu sicher und sollten sich jetzt Gedanken machen, wie sie das, was der Bürgerwille ist, umsetzen. Ein ‚Weiter so‘ darf es nicht geben.“

Grit Neumann hofft, dass sich die Regierung schnell der Probleme annimmt. „Wir im Kleinen müssen uns auch täglich den Problemen stellen.“ Schon die Regierungsbildung dauert ihr zu lange, „Die nehmen sich jetzt 30 Tage Zeit, das muss sofort losgehen.“