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600 Kilometer am Stück: Dieser Bäckermeister radelt ultralange Strecken

Der Schmiedeberger Konrad Pfützner hatte sich vor zehn Jahren einem Nischensport verschrieben - und ist in dem sehr erfolgreich.

Von Maik Brückner
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Konrad Pfützner ist nicht nur Bäckermeister, sondern auch ein erfolgreicher Radfahrer. In Österreich holte er bei einem Ultrarennen Platz 2.
Konrad Pfützner ist nicht nur Bäckermeister, sondern auch ein erfolgreicher Radfahrer. In Österreich holte er bei einem Ultrarennen Platz 2. © Konrad Pfützner

Das macht nicht jeder: 600 Kilometer mit dem Fahrrad - am Stück - und dabei 7.000 Höhenmeter überwinden. Für Konrad Pfützner ist das nichts Ungewöhnliches mehr. Der Bäckermeister aus Schmiedeberg ist ein Extremradsportler, ein Ultraradler.

Die besagte Tour ist vor wenigen Tagen in Österreich abgeradelt, sie führte ihn einmal rund um Oberösterreich. "Ich bin nur Zweiter geworden", sagt er. Schon wieder. Denn auch 2023 ist er auf dieser Strecke auf dem wenig beliebten Platz eingefahren. Damals brauchte er 19 Stunden und 30 Minuten für die Tour, in diesem Jahr zwei Stunden weniger. Bitter für den Schmiedeberger: Der Sieger war nur neun Minuten früher im Ziel.

Dabei hatte sich Konrad Pfützner sehr gut auf das Rennen vorbereitet. Seit zwei Jahren arbeitet er mit einem Trainer und dessen Frau zusammen. Er trainiert nach Plan, lässt sein Blut untersuchen. "Das ist alles auf einer gesunden Basis." Anders sei dieser Extremsport nicht zu bewältigen. Um fit zu bleiben, trainiert Pfützner fünfmal die Woche eineinhalb bis zwei Stunden am Tag. Manchmal unternimmt er auch längere Touren, zum Beispiel von Schmiedeberg auf den Jeschken bei Liberec/Reichenberg. Für die 260 Kilometer mit 4.500 Höhenmetern brauchte er neun Stunden.

Auch hier fühlt sich Konrad Pfützner wohl: die Backstube des Familienunternehmens in Schmiedeberg.
Auch hier fühlt sich Konrad Pfützner wohl: die Backstube des Familienunternehmens in Schmiedeberg. © Egbert Kamprath

Die Rennen, an denen er teilnimmt, führen über öffentliche Straßen, die in der Regel wenig befahren und für den Autoverkehr nicht gesperrt sind. Oft geht es über Pässe. Jeder fährt für sich. "Pausen kann man machen, muss man aber nicht", sagt er. Auf der besagten Tour durch Oberösterreich hatte Konrad Pfützner insgesamt elf Minuten Standzeit, die er zum Beispiel brauchte, um Wasser nachzufüllen. Weitere Bedürfnisse hatte er nicht. "Es war so heiß, ich habe nur geschwitzt". In dieser Zeit sind übrigens auch die Minuten enthalten, die er an Ampeln warten musste.

Ein Kumpel hat ihn zum Radfahren animiert

Wie kommt man zu so einer Sportart? Der 36-Jährige muss nicht lange überlegen: Er ist schon immer sportlich aktiv. Er spielte nicht nur Tischfußball und schaffte es bis in die Landesliga. Auch auf dem Fußballplatz war er erfolgreich. Seit seiner Kindheit kickte er bei Stahl Schmiedeberg. Ein Jahr lang spielte er sogar in Österreich Fußball. Wegen diverser Verletzungen musste er mit 26 Jahren die Fußballschuhe an den Nagel hängen. "Fußball ist ein Kampfsport", sagt er. Nach einem Schulterbruch und einem Kreuzbandriss war er vorsichtig geworden. Außerdem sorgte er sich um den Fortbestand der familieneigenen Bäckerei, in der er nicht länger als nötig fehlen wollte.

Für seine Erfolge trainiert Konrad Pfützner nach Plan und mit Trainer.
Für seine Erfolge trainiert Konrad Pfützner nach Plan und mit Trainer. © Konrad Pfützner

Trotzdem wollte er sportlich bleiben. Er suchte nach Alternativen und kam zum Radfahren. Inspiriert wurde er von einem Freund, der sich ein Fahrrad gekauft hatte. "Ich fand es beeindruckend, wie schnell die Rennfahrer fahren." Noch in derselben Woche kaufte sich Konrad Pfützner ein Rennrad. Zunächst drehten die beiden gemeinsam kleine Runden. Über Facebook kam Pfützner in Kontakt mit Radsportlern in Dresden. Zunächst fuhr er mit dem Auto dorthin und nahm sein Fahrrad mit.

"Irgendwann war ich so weit, dass ich mit dem Rad nach Dresden gefahren bin." Später begann er sich für Rennen zu interessieren. So kam er auf die Fichkona, das legendäre Radrennen vom Fichtelberg zum Kap Arkona auf Rügen. "2018 bin ich dort zum ersten Mal mitgefahren", erinnert er sich. "Das hat Spaß gemacht." Das Rennen hat ihm aber auch gezeigt, dass er noch Reserven hat. "Ich hätte noch weiterfahren können", sagt er und schmunzelt: "Nicht umsonst sagt man in Radsportkreisen, dass das die längste Abfahrt Deutschlands ist." Denn es geht fast nur bergab.

Für einen ambitionierten Sportler sei das keine sportliche Herausforderung, sagt der Schmiedeberger. "Ich will besser werden, will höher, weiter, schneller. Das liegt in meinen Genen." So ist er auch zur Elbespitze gekommen. "Das ist ein Langstrecken-Ultra-Bergmarathon." Der startet jedes Jahr mit 20 bis 30 Teilnehmern Ende Juni an der Frauenkirche mit einem anderen Ziel in den Alpen. Alle 150 Kilometer gibt es eine kleine Pause. Die Strecke ist jeweils rund 800 Kilometer lang, 12.000 bis 13.000 Höhenmeter sind zu überwinden. Es gibt Berg- und Sprintwertungen.

So sieht es aus, wenn Konrad Pfützner die Berge in Österreich hochradelt.
So sieht es aus, wenn Konrad Pfützner die Berge in Österreich hochradelt. © Konrad Pfützner

In der Regel sind die Fahrer rund 30 Stunden unterwegs. Bei diesem Rennen gibt es verschiedene Trikots, zum Beispiel das für den aktivsten Fahrer. "Das ist der, der sich am meisten bemüht, vorn zu fahren. Das ist am anstrengendsten, weil man die ganze Zeit im Wind ist." Pfützner, der bereits vier Mal an diesen Rennen teilgenommen hat, gewann dieses Trikot 2023. Im selben Jahr gewann er auch das "Race across Germany" von Aachen nach Görlitz.

Seinen bisher größten Erfolg feierte er beim Rennen "Rund um Sachsen", das er in diesem Jahr gewann. Er benötigte 31 Stunden und 55 Minuten und kam zweieinhalb Stunden vor dem Zweitplatzierten ins Ziel. Das sorgte für Schlagzeilen.

Die nächsten Rennen 2025 schon im Visier

Da die Rennen nur wenige Tage dauern, passen sie gut in Pfützners Alltag. "Ich bin gerne bei der Arbeit, ich bin gern Bäckermeister und Konditor", sagt er. Auch mit den süßen Sachen hat er kein Problem. "Ich kann die essen, ich verbrenne Kalorien ohne Ende." Torten und Kuchen seien für ihn eigentlich kein Problem. "Aber ich halte mich zurück, gönne mir mein Stück Kuchen am Tag."

Obwohl das Radfahren fast zu einer "kleinen Sucht" geworden ist, wollte und will er nicht Profi werden. Ultrarennen ist ein Nischensport. Es sei sehr schwer, von diesem Sport zu leben, sagt Konrad Pfützner. Er kenne nur einen Österreicher, der das geschafft habe, weil er sehr erfolgreich sei und von vielen Sponsoren unterstützt werde. Für ihn wird der Radsport ein Hobby bleiben. Und für 2025 hat er schon Pläne: Dann will er nicht nur als Titelverteidiger bei "Rund um Sachsen" antreten, sondern auch beim härtesten Eintagesrennen der Welt, dem Race across the Alps. "Da geht es acht hohe Pässe hintereinander rauf und runter." Die Strecke ist 550 Kilometer lang, 15.000 Höhenmeter sind zu überwinden. Mit dem Training möchte er im Januar beginnen.