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SZ + Dippoldiswalde

Diese Anlage an der Malter-Talsperre wird hoffentlich nie gebraucht

Sachsen weiht eine millionenteure Rinne an der Malter-Talsperre ein. Sie würde mit einem Hochwasser klarkommen, das größer ist als das von 2002.

Von Siiri Klose
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Die neue Schussrinne ist der sichtbarste Teil der neuen Hochwasserentalstungsanlage an der Malter.
Die neue Schussrinne ist der sichtbarste Teil der neuen Hochwasserentalstungsanlage an der Malter. © Egbert Kamprath

An der Malter herrscht Urlaubsstimmung: Sonnencremeduft in der Luft, Tretboote auf dem Wasser, Menschen unterwegs in Badesachen. "Je länger so eine Katastrophe zurückliegt, desto geringer werden die Gefahren eingeschätzt", sagt die Dippoldiswalder Oberbürgermeisterin Kerstin Körner (CDU) ein paar Meter weiter angesichts der mächtigen Betonrinne, die sich hell von der dunklen Staumauer abhebt.

Um sie einzuweihen, sind am Donnerstag Vertreter des Umweltministeriums, der Landestalsperrenverwaltung, des Landkreises und der Stadt Dippoldiswalde zusammengekommen. Denn immerhin geht es um ein 31 Millionen Euro teures Bauwerk, denn bei der Betonrinne handelt es sich nur um den sichtbaren Teil einer komplexen Hochwasserentlastungsanlage.

Höhere Wahrscheinlichkeit für Starkregen-Phänomene

Oder einfacher gesagt: Sollte es noch einmal zu einem Jahrhunderthochwasser wie 2002 kommen, dann wird das überschüssige Wasser in der Talsperre genügend Raum haben, um abzufließen. Eckehard Bielitz, der Geschäftsführer der Landestalsperrenverwaltung Sachsen (LTV), verdeutlicht es so: "Ursprünglich war die Entlastungsanlage auf 156 Kubikmeter Wasser pro Sekunde ausgelegt. Beim Hochwasser 2002 gingen hier 228 Kubikmeter pro Sekunde durch. Jetzt können wir bis zu 393 Kubikmeter pro Sekunde bewältigen."

Denn die Wahrscheinlichkeit für solche Starkregen-Phänomene wie 2002 steigt: "Ein Grad Celsius höhere Durchschnittstemperatur klingt wenig", sagt Bielitz. "Aber hydrologisch bedeutet es viel, denn damit steigt auch der Feuchtigkeitsgehalt in der Luft." Damit steigt auch die Chance auf plötzliche starke Regenfälle. Als jüngstes Beispiel verweist Bielitz auf die kürzliche Hochwasserkatastrophe in Slowenien.

Die Malter ist eine kleine Talsperre

"Die Malter ist eine unserer kleineren Talsperren", sagt Maren Wittig, Betriebsleiterin Oberes Elbtal der LTV. Sie fasst rund 10 Millionen Kubikmeter. In der Klingenberger sind es beispielsweise rund 16 Millionen Kubikmeter, "und die hat ja auch noch die Lehnmühl-Talsperre davor, die auch nochmal viel Wasser aufnehmen kann."

Gerade weil Malter mit rund 4 Millionen Kubikmetern nicht allzu hohe Kapazitäten für Hochwasser hat, wurde es hier besonders nötig, die Entlastungsanlage auf die neu ermittelten Bemessungszuflüsse einzustellen. "Die Rechnungen ergaben eine Verdoppelung der Entlastungskapazitäten", sagt Bielitz.

Weitere Maßnahmen bereits umgesetzt

Insgesamt stützt sich der Hochwasserschutz an der Malter auf einige Maßnahmen mehr, die bereits in den Vorjahren für rund 4 Millionen Euro umgesetzt wurden: 2016 und 17 wurde die Mauerkrone saniert und ein neuer Abflusspegel installiert. Die Leistungsfähigkeit der Betriebsauslässe, die ganz regulär das Wasserkraftwerk an der Malter versorgen, wurde zwischen 2017 und 2019 erhöht, außerdem bekam der Schieberschacht eine Treppe.

Dieser neu gebaute Schussrinne kann alles Wasser aufnehmen, was 125 Kubikmeter pro Sekunde übersteigt. Sie ist für Extremniederschläge ausgelegt.
Dieser neu gebaute Schussrinne kann alles Wasser aufnehmen, was 125 Kubikmeter pro Sekunde übersteigt. Sie ist für Extremniederschläge ausgelegt. © Egbert Kamprath
Moritz Moslener, stellvertretender Staumeister der Talsperre Malter, am unteren Überlaufbauwerk, über das bis zu 140 Kubikmeter Wasser pro Sekunde abgeleitet werden.
Moritz Moslener, stellvertretender Staumeister der Talsperre Malter, am unteren Überlaufbauwerk, über das bis zu 140 Kubikmeter Wasser pro Sekunde abgeleitet werden. © Egbert Kamprath
Bei der Einweihung dabei: SOE-Beigeordnete Brit Jacob-Hahnewald, Staatssekretärin Gisela Reetz, Eckhard Bielitz von der LTV, die Dippser OB Kerstin Körner und Maren Wittig von der LTV.
Bei der Einweihung dabei: SOE-Beigeordnete Brit Jacob-Hahnewald, Staatssekretärin Gisela Reetz, Eckhard Bielitz von der LTV, die Dippser OB Kerstin Körner und Maren Wittig von der LTV. © Egbert Kamprath

Die Planung der jetzt eingeweihten Hochwasserentlastungsanlage begannen bereits 2008 zunächst mit einer Untersuchung zahlreicher Varianten. Die bevorzugte Variante überprüfte die LTV zunächst an einem Modell, das die Uni Siegen im Maßstab 1 : 25 gebaut hatte. Im Kern kann der neue Überlauf alle Wassermassen oberhalb von 125 Kubikmetern fassen und zum Unterlauf der Roten Weißeritz weiterleiten. "Bis 125 Kubikmeter fließt das Wasser durch die bisherige Entlastungsanlage, danach springt die neue an."

"Hoffentlich kommt sie nie zum Einsatz", sagt Moritz Moslener, stellvertretender Staumeister der Talsperre Malter, und weist auf den relativ schmalen Schacht, der den ersten Schwung der Wassermassen in die bisherige Schussrinne leiten soll, bevor noch mehr Wasser einfach über den Schacht hinweg schnellen würde und die neue zweite Schussrinne füllt. "Auch wenn das jetzt paradox klingt für ein Millionen-teures Bauwerk."

Denn auch wenn die Talsperre Malter jetzt für extreme Hochwassersituationen bestens gerüstet ist, bedeutet das ja nur, dass das überschüssige Wasser gut weitergeleitet wird und keine Gefahr für die Staumauer darstellt. Im Unterlauf der Roten Weißeritz auf ihrem weiteren Weg gen Freital können solche Wassermassen immer noch viel Schaden anrichten.