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Der neue Chef im Sudhaus

Mirko Endt arbeitet seit Dezember als Braumeister im Liesker Missionshof. Dort braut er ein besonders gesundes Bier.

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© René Plaul

Von Manuela Reuß

Mirko Endt hat gut lachen. Um seinen Arbeitsplatz wird er sicher von vielen beneidet, denn der 37-Jährige ist von Bier umgeben. Das braut er selbst. In der Bergschlösschen-Brauerei im Missionshof Lieske – einer der kleinsten Brauereien in Sachsen. Drei fleißige Helfer – Bewohner des Missionshofes – unterstützen den jungen Braumeister bei seiner köstlichen Arbeit.

Dass es den Bierbrauer aus Aue nach Lieske verschlug, ist dem Zufall geschuldet. Eine Berufskollegin schrieb ihm in einer Mail, dass die Liesker einen neuen Braumeister suchen. Also sprach er bei Missionshof-Chef Sebastian Winkler vor. Der habe nicht schlecht gestaunt. Denn die Stellenausschreibung sei noch nicht einmal rausgewesen. „Das sind die internen Wege“, erzählt Mirko Endt und grinst schelmisch in seinen Dreitagebart.

Der neue Chef im Liesker Sudhaus hat das Brauerhandwerk von der Pike auf gelernt. Seine Lehre absolvierte er in einer Brauerei in Wunsiedel. Den Meisterbrief erwarb er berufsbegleitend. Damals braute er in Lotters Wirtschaft – einer kleinen Gasthausbrauerei in Aue. „Die war noch kleiner als die Liesker.“ Doch nach zwölf Jahren harter Arbeit brauchte der junge Brauer mal eine Auszeit. „Und die hab ich mir dann auch genommen“, erzählt der mittelgroße, drahtige Enddreißiger mit dem  Bürstenschnitt, dem offenen Lächeln und den dunklen, wachen Augen.

Eine Herausforderung

Seine neue Arbeit macht ihm Spaß. Die Aufgabe habe ihn gereizt. Weil die Liesker Brauerei kein rein kommerzieller Betrieb, sondern mit einem sozialen Projekt verknüpft sei. Immerhin bekommen geistig Behinderte hier eine Chance zum Mittun. Das sei in der Branche eher unüblich, weiß der 37-Jährige. „Ich kenne jedenfalls keine andere Brauerei, die so betrieben wird.“ Er sieht es als Herausforderung, der er sich gern stellt.

Fachlich ist der Job für den gestandenen Brauer ein Klacks. Er braut nach der Rezeptur seines Vorgängers Eckhard Göbel ein eher mildes Bier. „In Aue hab ich ein relativ herbes gebraut.“ Natürlich will er später auch ein bissel experimentieren, Kleinigkeiten verändern. Doch am Hauptgeschmack werde er auf jeden Fall festhalten. Der sei für die Kunden schließlich der Grund, Liesker Bier zu kaufen. Eckhard Göbel habe Aromahopfen der Sorte Hallertauer Perle favorisiert. Das kommt dem neuen Braumeister sehr entgegen. „Ich bin ein Fan der Hallertauer Perle.“ Aromahopfen habe wenig Bitterstoffe, dafür viele ätherische Öle, erklärt er. Durchschnittlich drei Tage in der Woche braut Mirko Endt Pils und Dunkles. Etwa 30 Hektoliter Gerstensaft verlassen die Bergschlösschen-Brauerei pro Woche. Reichlich Arbeit also für Meister Endt und seine drei Schützlinge.

Auch in Dresdner Gaststätten

Im Supermarkt kann man das Liesker nicht kaufen, sondern freitags und sonnabends in der Brauerei. Es wir auch in einer Handvoll Dresdner Gaststätten ausgeschenkt. Liesker Bier hat viele Fans im Umkreis. Bis aus Dresden, Hoyerswerda, Lauchhammer, Kamenz und Bautzen kommen die Kunden, um im Missionshof ihren Gestensaft zu kaufen. Liesker schmeckt nicht nur gut, es macht auch optisch was her. Die grünen Bügelverschluss-Flaschen, die im urigen Holzkasten stecken, heben sich wohltuend vom Plastik-Bierkasten-Einerlei ab. Handarbeit eben. Von der Kiste bis zum Inhalt.

Auch wenn das Bier aus dem Missionshof nicht industriell, sondern handwerklich gebraut wird, so arbeiten Meister Endt und seine Helfer nach dem deutschen Reinheitsgebot. Außer Hopfen, Malz, Wasser und Hefe ist nix drin, in dem beliebten Gebräu. Zunächst wird das geschrotete Malz im kleineren der beiden im Sudhaus stehenden Braukessel mit Wasser vermischt und erhitzt, erklärt der Braumeister. Die so entstandene Bierwürze wird danach im zweiten Kessel abgeläutert, mit Hopfen versetzt und gekocht. Danach kommt der Sud in offene Edelstahl-Bottiche, wo er mit Hefe zum Gären gebracht wird. Flugs eilt der 37-Jährige die Wendeltreppe hinab in den Braukeller. Dort zeigt er die vier Gärbottiche. Drinnen brodelt das entstehende Bier. Es trägt eine dicke bräunlich-weiße Schaumkrone. Die wird regelmäßig abgeschöpft. „Eine Woche lang dauert die offene Gärung. Dann wird das Gebräu in Lagertanks gepumpt. Im Liesker Bierkeller stehen 18 davon. Das Jungbier lässt sich aber noch nicht gut trinken. Es muss reifen. Das braucht noch einmal vier bis sechs Wochen. „Weil wir nur einmal filtrieren, ist unser Bier nicht unbegrenzt haltbar“, so der Braumeister. Auf das Flaschenbier gebe man drei Wochen Haltbarkeit. „Das ist nicht wie beim Rotwein, der mit der Zeit immer besser wird.“ Eine lange Haltbarkeit sei aber kein Zeichen für bessere Qualität. „Wir pasteurisieren unser Bier nicht und filtrieren es nur leicht. Dadurch schmeckt es besser und ist auch gesünder.“

Besonders lecker ist sicherlich auch das, was nächste Woche in den Sudkessel kommt. Da setzt Mirko Endt nämlich einen Tank Bockbier an. Wenn alles so klappt, wie er es sich vorstellt, könnte das Saisonbier Anfang März verkauft werden. Gute Aussichten also für Ostern. Bockbier-Liebhaber sollten allerdings schnell sein. „Wenn es alle ist, ist es alle.“

Bier ist übrigens nicht das einzige Standbein: Der Missionshof stellt zudem auch Fleisch- und Wurstwaren her – aus eigenem Rinder-, Schweine- und Damwildbestand. Auch Karpfen züchten und verkaufen die Liesker.