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"Das ganze Strafgesetzbuch abgearbeitet"

Eine Liste mit ganzen 42 Anklagen wird einem Mann aus Burkhardswalde zur Last gelegt. Im Gerichtssaal geht es heiß her.

Von Louis Venus
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Symbolfoto.
Symbolfoto. © Pixabay.com

Selten muss ein Gericht über den Diebstahl von vier Gurken und zwei Tomaten verhandeln. Doch im Verfahren gegen den Heidenauer Josef T.* geht es um noch viel mehr. Er wird unter anderem verdächtigt, ein Fahrrad geklaut zu haben. Zudem ist davon die Rede, dass er dem Sohn seiner damaligen Lebensgefährtin die Bankkarte gestohlen und mit dieser über einen Zeitraum von einigen Wochen für private Einkäufe bezahlt hat. Auch weitere Einbrüche stehen auf der Liste. 

"Als Ersttäter haben Sie praktisch das ganze Strafgesetzbuch einmal abgearbeitet", witzelt der Staatsanwalt. Zehn Minuten braucht er für das Vorlesen der Anklage, die 42 einzelne Taten umfasst.  Während die Sache mit den Gurken und den Tomaten manchen im Gerichtssaal zum Schmunzeln bringt, sind die Zuhörer geschockt, als der Ankläger das Wort Tötung in den Mund nimmt. Josef T. wird der Tötung seines Hundes bezichtigt. Er soll ihm die Schädeldecke eingeschlagen und ihn anschließend, mit zusammengebundenen Pfoten und eingewickelt in eine Decke, in einer Regentonne versenkt haben. 

Extreme Tiefphase nach Jobverlust

Das Erste, was der Angeklagte macht, nachdem ihm Richter Andreas Beeskow das Wort erteilt, ist gestehen. Er bekennt sich hinsichtlich aller Anklagepunkte als schuldig. Darüber hinaus entschuldigt er sich bei jedem, bei dem seine Taten einen seelischen, körperlichen oder finanziellen Schaden hinterlassen haben. Das, was er sagt, hört sich aufrichtig an. Er empfindet offensichtlich Reue und er gibt zu Protokoll, dass ihm bereits die fünf Monate, die er nun schon in Untersuchungshaft sitzt, eine Lehre waren.

Vom Richter wird er gefragt, welche Umstände bei ihm zu solchen Straftaten geführt haben. Bereitwillig räumt Josef T. ein, dass die letzten Jahre eine extreme Tiefphase in seinem Leben gewesen seien. Der gelernte Karosseriefahrzeug-Bauer wurde 2016 von seiner Frau geschieden, verlor 2018 seine Anstellung in einer Werkstatt und war fortan ohne Einkommen. Seitdem ging es bei ihm kontinuierlich bergab. Das einzige Seelenpolster, wie er es nennt, war für ihn Alkohol. Unter dessen Einfluss beging er jedoch Straftaten.

Schadenfreude unter den Zeugen

Damit machte er sich viele zum Feind. Das  offenbart sich, als nach und nach die Zeugen befragt werden. Neben seiner ehemaligen Frau kommt unter anderem auch der Vorsitzende eines Sportvereins zu Wort. Der Verein war mehrfach Einbruchsziel des Angeklagten, der dort seinen Alkoholdurst stillte. Er hatte das Vertrauen beider Zeugen massiv missbraucht. Seiner Frau sowie ihrem Sohn hat er Geld gestohlen und zu dem Clubhaus des Vereins hatte ihm der Vorsitzende sogar einen Schlüssel gegeben, damit er einfachen Zugang hat.

Während beide ihre Enttäuschung kundtun, sieht man bei der Ex-Frau wiederkehrendes Lächeln - wohl ein Zeichen dafür, dass sie dem Angeklagten eine möglichst hohe Strafe von Herzen gönnen würde.

Der Verteidiger von Josef T., von dem in der gut dreistündigen Verhandlung nicht viel zu hören ist, verweist auf schätzungsweise 86.000 Nutztiere, die seit Prozessbeginn in Deutschland getötet wurden. Er bittet darum, das mal in Relation mit der Tötung des Hundes zu setzen. Damit provoziert er tobenden Protest beim Publikum. Während der Verhandlung muss Richter Beeskow die Zuhörer mehrfach zur Ordnung rufen. 

Letzten Endes wird Josef T. zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt, die für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wird. Des Weiteren wird T. zu Zahlungen an die Geschädigten, also seine damalige Frau (800 Euro)  und den Verein (300 Euro) auferlegt. Das Urteil ist rechtskräftig.

*Name geändert

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