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Bei Lippkes geht's doch weiter

Gute Nachrichten für Löbaus Handel: mit Lederwaren Lippke bleibt einer der ältesten Läden erhalten. Dabei war das Aus schon beschlossen.

Von Romy Altmann-Kuehr
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Gabriele Rumpf führt das alt eingesessene Geschäft "Lederwaren Lippke" in Löbau weiter.
Gabriele Rumpf führt das alt eingesessene Geschäft "Lederwaren Lippke" in Löbau weiter. © Matthias Weber/photoweber.de

Der Familienrat hat getagt - und beschlossen, dass es weitergeht. Nachdem "Lederwaren Lippke" schon zum Anfang des Jahres schließen sollte, wird der Laden an der Bahnhofstraße/Ecke Gartenstraße nun doch weitergeführt. Und er bleibt in Familienhand.

Christina Lippke hatte Ende 2020 beschlossen, das Geschäft zu schließen. Sie selbst ist inzwischen 89 Jahre alt. Ihr ganzes Leben lang war sie selbstständig und in Löbau mit dem Laden für Lederwaren, Schirme und Erzgebirgs-Kunst stadtbekannt. Das Geschäft gehört zu den ältesten in Löbau. Christina Lippkes Mann, der Löbauer Schleifermeister Horst Lippke, betrieb zu DDR-Zeiten um die Ecke im gleichen Gebäude eine Schleiferei, verkaufte außerdem Messer und Scheren. Insgesamt existiert der Familienbetrieb der Lippkes seit über 145 Jahren. Gegründet wurde er bereits im Jahr 1875 von Horst Lippkes Urgroßvater Eduard Seibt in Liegnitz in Polen. Seit 1888 ist der Firmensitz in Löbau. Und seit 30 Jahren ist das Geschäft nun in dem Eckladen an der Bahnhofstraße ansässig. Schleifermeister Horst Lippke hat hier Messer und Scheren wieder flott gemacht, seine Frau Christina verkaufte im Laden: Lederwaren wie Taschen und Geldbörsen, Schnitzkunst aus dem Erzgebirge, Messer und Scheren, Schirme. Das ist das Sortiment bis heute.

Frau Lippke selbst war bis dahin mit ihrem eigenen Betrieb selbstständig gewesen. Sie stammt aus einer Schirmmacherfamilie. Die Familie hatte im tschechischen Rumburk (Rumburg) einen Betrieb, musste später nach Ebersbach umsiedeln. Bis heute näht sie selbst noch daheim Schirmbezüge.

Lockdown kreuzte die Pläne

Ende 2020 wollte Christina Lippke nach den langen Jahren als Geschäftsfrau aufhören. Doch es kam anders. Die Corona-Pandemie brachte diesen Plan gehörig durcheinander. "Wir konnten ja durch den Lockdown gar keinen Ausverkauf machen", sagt Christina Lippke. Die ganze Ware war noch da, die ja eigentlich hätte bis zum Jahresende ausverkauft werden sollen - so der Plan. "Eine Woche vor Weihnachten mussten wir dicht machen. Das war natürlich auch für das Weihnachtsgeschäft schlecht", erzählt Frau Lippke. Deshalb entschloss sie sich jetzt, wo es wieder möglich ist, doch noch mal zu öffnen - auch um die restliche Ware zu verkaufen. Und noch eine Entscheidung fiel in der Zwischenzeit: Ihre Tochter Gabriele Rumpf erklärte sich bereit, den Laden weiterführen. Bisher hatte ihre Mutter keinen Nachfolger gefunden. Schon jetzt steht Gabriele Rumpf abwechselnd mit ihrer Mutter im Laden. Ab August will sie ihn offiziell übernehmen.

Dabei könnte Frau Rumpf sich ebenfalls längst zur Ruhe setzen. Sie ist jetzt 69 Jahre alt. Sie lebte nach der Wende 25 Jahre in Wiesbaden, kehrte vor ein paar Jahren ins Elternhaus nach Ebersbach zurück. "Ja, ich könnte mich ausruhen und daheim im Garten werkeln", sagt sie lachend. "Aber ich muss immer was zu tun haben. Das liegt wohl in den Genen." Auch ihre Mutter arbeitete weit über das Rentenalter hinaus im Laden.

Das gewohnte Sortiment bleibt

Für Erzgebirgskunst ist Lederwaren Lippke seit Jahrzehnten eine gute Adresse in Löbau.
Für Erzgebirgskunst ist Lederwaren Lippke seit Jahrzehnten eine gute Adresse in Löbau. © Matthias Weber/photoweber.de
Die Weihnachtsfiguren sind das ganze Jahr über erhältlich.
Die Weihnachtsfiguren sind das ganze Jahr über erhältlich. © Matthias Weber/photoweber.de
Einen Teil der Schirme, die verkauft werden, hat Gabriele Rumpfs Bruder in seiner Manufaktur selbst hergestellt.
Einen Teil der Schirme, die verkauft werden, hat Gabriele Rumpfs Bruder in seiner Manufaktur selbst hergestellt. © Matthias Weber/photoweber.de

Am Sortiment will die künftige Inhaberin vorerst nichts ändern. Sogar Schirmreparaturen werden weiterhin angeboten. Denn das Handwerk, das heute nicht mehr gelehrt wird, hat Alt-Inhaberin Christina Lippke ja von der Pike auf gelernt.

Auch das Aussehen des Ladengeschäfts bleibt wie gewohnt. "Klar - ein neuer Laden sieht anders aus", sagt Gabriele Rumpf und schaut auf die in die Jahre gekommenen Möbel und Regale. "Aber das ist ja auch kein neuer Laden", meint sie mit Blick auf die lange Geschichte des Familienbetriebs. "So kennen die Leute den Laden und so mögen sie ihn." In eine Sanierung investieren möchte sie jetzt nicht, sie will kein Risiko eingehen. "Ich will erst sehen, wie es läuft." Immerhin, so ist ihr bewusst, habe sich vieles im Handel jetzt durch die Coronakrise und die Ladenschließungen ins Internet verlagert. Schon vorher wurde viel online gekauft, statt im stationären Handel. Das habe sich noch verstärkt, ist ihre Einschätzung. Sie wünscht sich, dass es die Leute wieder mehr schätzen, in einem Geschäft einkaufen zu gehen und persönlich beraten zu werden.

Löbauer freuen sich, dass der Laden bleibt

Viele Löbauer freuen sich, dass es bei Lippkes weitergeht, erzählt die künftige Inhaberin. Viele Gespräche mit Kunden hat sie schon geführt, seit der Laden wieder offen ist, die sie in ihrem Beschluss bestärkt haben.

Denn viele hatten schon die Schließung zur Kenntnis genommen und freuen sich jetzt umso mehr, dass eines der ältesten Löbauer Geschäfte weiter bestehen bleibt. "Die Leute sind durchweg sehr erfreut, dass wir noch da sind", erzählt Gabriele Rumpf. Bis Ende Juni will sie jetzt gemeinsam mit ihrer Mutter den Ausverkauf der bisherigen Ware ankurbeln. "Dann werden wir ein paar Wochen schließen, wir müssen Inventur machen." Ab August startet Gabriele Rumpf dann neu. Und sicher wird auch die stadtbekannte Löbauer Geschäftsfrau Christina Lippke dann hin und wieder hinter dem Verkaufstresen stehen. "Sie kann herkommen, wann immer sie möchte", so ihre Tochter. "Sie wird es nicht lassen können, die Gene eben", sagt sie augenzwinkernd.