Partner im RedaktionsNetzwerk Deutschland
SZ + Pirna

„Ausgangs-Beschränkungen kommen“

Landrat Michael Geisler über die Corona-Situation im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge und darüber, ob man das Böllern verbieten sollte.

 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Landrat Michael Geisler (CDU) spricht mit sächsische.de über die Corona-Situation und zu erwartende Konsequenzen.
Landrat Michael Geisler (CDU) spricht mit sächsische.de über die Corona-Situation und zu erwartende Konsequenzen. © Daniel Förster

Wie ernst ist die Corona-Situation im Landkreis, Herr Geisler?

Wir hatten am Freitag eine Wocheninzidenz von 375 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner, also wieder einen Anstieg. Die Anzahl der verfügbaren Betten in den Krankenhäusern wird immer geringer. Am Donnerstag hatten wir noch sieben verfügbare Intensivbetten, am Freitag nur noch sechs. Der Trend ist ganz eindeutig: Die Zahlen steigen und der Engpass im Gesundheitswesen ist absehbar.

Was sind die Hauptgründe dafür, dass wir zu den am stärksten betroffenen Landkreisen in Sachsen und sogar in Deutschland gehören?

Ich glaube schon, dass irgendwo auch die Grenznähe eine Rolle spielt, der Einkaufstourismus beidseitig der Grenze. Unsere Leute sind tanken und einkaufen gefahren, haben sich Zigaretten geholt. Die Tschechen sind zu uns zum Einkaufen gekommen. Im Zeitraffer sieht man es: Die grenznahen Landkreise wie der Erzgebirgskreis, wir, Görlitz und auch Bautzen waren die ersten, die auf der Corona-Karte tiefrot wurden. Altenberg war bei uns als erster Ort so schlimm dran.

Gibt es noch andere Gründe?

Ich will auf keinen Fall behaupten, dass das die einzige Ursache ist. Der zweite Grund ist sicherlich, dass es immer noch zu viele gibt, die die Corona-Epidemie auf die leichte Schulter nehmen und sagen: Mir wird schon nichts passieren – bis hin zu den Corona-Leugnern. Ich denke, sie werden jetzt alle eines Besseren belehrt.

Wie sehen Sie die schärferen Maßnahmen, die jetzt in Kraft treten?

Ich betrachte die Maßnahmen insgesamt als erforderlich. Mir ist vollkommen bewusst, dass man sich an mancher Stelle keine Freunde macht, aber es ist notwendig. Ich denke, dass wir maßvoll mit der Angelegenheit umgehen. Was die stärker betroffenen Landkreise mit einer Inzidenz von mehr als 200 angeht, gibt es noch weitere zwingend zu erlassende Maßnahmen wie befristete Ausgangsbeschränkungen. Das wird kommen, und ich gehe davon aus, dass wir das über das Wochenende in einer Allgemeinverfügung regeln werden.

Wird die Ausgangsbeschränkung für alle und jederzeit gelten?

In der Corona-Schutzverordnung sind triftige Gründe aufgeführt, die zu Ausnahmen führen können. Aber die Leute werden angehalten, Dinge, die nicht zum täglichen Leben gehören, bis Weihnachten wegzulassen. Den täglichen Bedarf einzukaufen, Kinder oder Mutter und Vater zu betreuen, das sind alles Dinge, die möglich sein werden. Was nicht möglich sein soll, ist es eben, einfach so in der Gegend unterwegs zu sein und großartig shoppen zu gehen. Aber es wird auch die Möglichkeit geben, spazieren zu gehen.

Was ist mit Weihnachtseinkäufen?

Die werden möglich sein, aber die Zahl der Personen, die in der Kaufhalle oder in einer Mall unterwegs sein dürfen, wird eingeschränkt sein, so wie es schon im Frühjahr gewesen ist.

Plant der Landkreis Maßnahmen darüber hinaus, was die anderen stark Betroffenen in Sachsen auch planen?

Wir werden am Samstagvormittag mit den anderen Landräten in einer Telefonkonferenz verbunden sein und wir wollen uns abstimmen, damit wir im Wesentlichen alle die gleichen Festlegungen treffen. Wir haben im Frühjahr Lehrgeld bezahlt, als zum Beispiel Lehrlinge über die Landkreisgrenzen hinaus unterwegs waren und verschiedene Regeln galten. Es hat Diskussionen gegeben, und wir mussten nachbessern. Das wollen wir vermeiden.

Wie sollen die Regeln kontrolliert werden?

Das wird durch die Kreispolizeibehörde in Zusammenarbeit mit der Landespolizei und im Landkreis sicherlich auch mit der Bundespolizei passieren. Am Dienstag werde ich in einer außerordentlichen Bürgermeisterkonferenz mit den Bürgermeistern absprechen, wie die Ordnungsämter bei den Kontrollen vertreten sein werden. Wir werden maßvoll schauen, aber wir werden schauen. Und ich gehe davon aus, dass die Regelungen diesmal so konkret gefasst sind, dass man sie tatsächlich anwenden und Verstöße sanktionieren kann.

Was halten Sie von einem Böllerverbot zu Silvester?

Ich gehe mal davon aus, dass es kein Böllerverbot geben wird. Man sollte den Leuten nicht den letzten Spaß wegnehmen. Silvesterfeuerwerk ist ja dazu da, die bösen Geister zu vertreiben, und davon haben wir derzeit mehr als genug. Solange sich die Leute nicht zu Hunderten auf dem Marktplatz in Pirna treffen, wird es sicherlich möglich sein, Silvesterraketen abzuschießen.

Apropos Marktplatz Pirna. Immer wieder treffen sich dort Menschen, die gegen die Corona-Schutzmaßnahmen protestieren. Was halten Sie davon?

Ich halte davon überhaupt nichts und habe eine ganz andere Meinung als die Damen und Herren, die dort Demonstrationen abhalten. Aber ich gehöre zu denen, die immer gesagt haben: Jeder muss das Recht haben, zu demonstrieren.

Allerdings werden die Demonstrationen oft nicht angemeldet – offenbar, um damit auch gegen demokratische Spielregeln zu protestieren...

Dann müssen sie mit Konsequenzen rechnen. Wir werden ein solches Verhalten nicht dulden und wir werden es sanktionieren. Das letzte Wort darüber wird wahrscheinlich von Gerichten gesprochen. Ich hoffe auf die Weitsicht der Richter, dass sie so etwas ebenfalls nicht tolerieren.

Das Gespräch führte Domokos Szabó.