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Dresden: Klinik nimmt keine Corona-Patienten mehr auf

Die Kapazitäten für Covid-19-Patienten am Städtischen Klinikum Dresden sind erschöpft. Was das heißt.

Von Julia Vollmer & Sandro Pohl-Rahrisch
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Die Corona-Kapazitäten am Städtischen Klinikum Dresden sind erschöpft.
Die Corona-Kapazitäten am Städtischen Klinikum Dresden sind erschöpft. © Sven Ellger (Archiv)

Dresden. Das Städtische Klinikum Dresden kann keine Corona-Patienten mehr aufnehmen. Die Kapazitäten gäben das aktuell nicht mehr her, sagte Sprecherin Viviane Piffczyk am Donnerstag gegenüber der SZ.

Das Klinikum sei von der Corona-Leitstelle abgemeldet worden, die am Uniklinikum angesiedelt ist. Diese koordiniert die Verteilung der Corona-Patienten in Dresden und Ostsachsen auf die Krankenhäuser.

Die 35 teilnehmenden Krankenhäuser geben täglich ihre Corona-Kapazitäten bekannt. Je nach Auslastung melden sie sich von der Aufnahme ab, bis wieder Betten beziehungsweise Personal zur Verfügung stehen. "Dies haben wir aktuell getan und uns bis zum 7. Dezember abgemeldet", so Piffczyk. "Aus dem gleichem Grund setzt unser Klinikum auch bis zum 11. Dezember alle planbaren Eingriffe aus und verschiebt diese in den Januar 2021."

Das freigelenkte Personal setze man in den Corona-Bereichen ein sowie in der Versorgung von anderweitigen Notfällen, lebensbedrohlichen und dringlichen Erkrankungen.

Appell an Bürger in Ostsachsen: "Nehmt Corona ernst!"

Die Abmeldung betrifft damit nicht die Versorgung von Notfällen aller Art, bei denen zunächst kein Verdacht auf Covid-19 besteht. Diese Versorgung sei uneingeschränkt gesichert, so die Sprecherin weiter.

Die Situation werde täglich neu bewertet. Für Ostsachsen habe man nach wie vor eine sehr ernste Situation. "Daher der dringliche Appell an alle Bürger in Ostsachsen, Corona ernst zu nehmen und die Hygienevorschriften einzuhalten", so Piffczyk.

Schon am Dienstag war am Städtischen Klinikum von einer hochausgelasteten Lage die Rede. "Wir halten 34 Intensivbetten für die Behandlung von Covid-19-Patienten vor. Hiervon sind 27 belegt." Außerhalb der Intensivstationen gibt es 117 Betten, davon 91 auf Normalstationen, 14 für Verdachtsfälle sowie zwölf im Bereich der Psychiatrie. Von diesen 117 Betten seien 84 belegt. Damit sei dieser Bereich laut Piffczyk für Corona-Patienten hoch ausgelastet.

Sind die Kapazitäten in einer der angeschlossenen Kliniken ausgeschöpft, müssen die Patienten auf andere Häuser umgelenkt werden. Das greift auch im Fall Städtisches Klinikum, so Holger Ostermeyer, Sprecher des Uniklinikums. Die Kapazitäten am Universitätsklinikum seien auch angespannt. "Die freien Kapazitäten der Intensivstation liegen bei etwas mehr als 10 Prozent, im Normalstationsbereich bei etwa 20 Prozent."

Deutlich weniger freie Intensivbetten

In ganz Dresden ist die Zahl der freien, sofort verfügbaren Intensivbetten am Donnerstag deutlich gesunken, von 44 auf 33, wie aus dem Mittagsbericht des Deutschen Intensivregisters hervorgeht. Die Krankenhäuser haben aber nach wie vor die Möglichkeit, weitere Betten zur Verfügung zu stellen.

Das ist bereits in den vergangenen Tagen immer wieder geschehen. Dafür mussten allerdings planbare und nicht lebenswichtige Operationen von nicht Covid-19-Patienten abgesagt werden.

Dennoch verschärft sich die Lage in den Kliniken. Das Gesundheitsamt teilte am Donnerstag mit, dass 23 weitere Dresdner stationär aufgenommen werden mussten. Damit sind in dieser Woche bereits 42 Covid-19-Patienten in Krankenhäuser eingewiesen worden. Seit Pandemie-Beginn benötigten insgesamt 364 Erkrankte ärztliche Hilfe in einem Krankenhaus - manche von ihnen auf der Intensivstation.

Laut Intensivregister lagen am Donnerstagmittag 63 Corona-Patienten auf Dresdens Intensivstationen - vier mehr als am Mittwoch. Von ihnen wurden 48 beatmet, zwei mehr als am Vortag. Bei den dort Versorgten kann es sich auch um Patienten handeln, die von außerhalb kommen und in der Landeshauptstadt medizinisch versorgt werden, da die Klinik-Kapazitäten andernorts erschöpft sind.

Ärzte-Bund warnt vor schweren Entscheidungen

Der Marburger Bund, in dem die angestellten Ärzte organisiert sind, richtet seinen Appell nicht an die Bevölkerung, sondern an die Kommunalpolitiker. "Wir haben in Sachsen inzwischen eine Anzahl an stationär zu versorgenden Personen mit Covid-19 erreicht, die die Kliniken hart an die Grenze des Machbaren bringt", teilte der Bund am Donnerstag mit. "Dabei handelt es sich, anders als von den ignoranten Leugnern des Pandemiezustandes behauptet, um erkrankte Menschen und nicht bloß positive Testergebnisse."

Umso unverständlicher sei es, dass die politisch Verantwortlichen in den Landkreisen und kreisfreien Städten so zögerlich konsequent die bestehenden Infektionsschutzregeln umsetzten und damit eine weitere Verschärfung der Maßnahmen provozierten.

Eine Aussetzung des Arbeitszeitgesetzes für medizinisches Personal lehnt der Marburger Bund in Sachsen selbst für den Fall ab, dass die personellen Kapazitäten in den Krankenhäusern erschöpft sind. "Das Arbeitszeitgesetz ist ein Arbeitsschutzgesetz und gerade die aufopferungsvoll tätigen Kolleginnen und Kollegen, die bereits jetzt acht, zwölf oder oft auch bis zu 24 Stunden am Stück in der Patientenversorgung tätig sind, um Menschenleben zu retten, haben diesen Schutz bitter nötig."

Stattdessen müssten zum Beispiel verschiebbare Eingriffe auf ein Minimum reduziert werden, um die vorhandenen personellen Kräfte für Covid-19-Patienten, aber auch für andere Notfallpatienten vorhalten zu können. "Wenn die Kapazitäten erschöpft sind, muss das medizinische Personal unter Zeitdruck entscheiden, wer eine lebensrettende Behandlung erhalten kann und wer nicht. Eine solche Situation muss verhindert werden."

Trotz Todesopfer keine schärferen Regeln in Dresden

Zwar sind am Donnerstag wieder drei Corona-Todesfälle gemeldet worden. Damit verloren in dieser Woche bereits 24 Dresdner wegen einer Infektion mit dem Erreger ihr Leben. Die sächsische Corona-Schutzverordnung sieht für Dresden dennoch keine schärferen Maßnahmen im Moment vor. Denn weder die Zahl der an Corona Verstorbenen noch die Zahl der infizierten älteren Bevölkerung ist ausschlaggebend für strengere Regeln, sondern die Sieben-Tage-Inzidenz.

Diese muss erst den Wert von 200 an fünf aufeinanderfolgenden Tagen überschreiten, damit weitere Maßnahmen greifen. So haben es Bund und Länder vereinbart. Bisher ist diese Schwelle in Dresden nicht überschritten worden, sodass hier in den nächsten Tagen keine Ausgangsbeschränkungen zu befürchten sind.

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