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Designerin betreibt ein Atelier in Weißenberg: Läuft das?

Die junge Keramik-Designerin Judith Anders hat vor einem Jahr in ihrer Heimatstadt Weißenberg einen mutigen Schritt gewagt. Mit Erfolg, wie sie nun konstatiert.

Von Uwe Menschner
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Designerin Judith Anders in ihrem Keramikatelier in Weißenberg. Sie erweitert ihr Portfolio ständig - beispielsweise um das Lausitz Service, das traditionelle sorbische Dekore mit modernen Formen verbindet.
Designerin Judith Anders in ihrem Keramikatelier in Weißenberg. Sie erweitert ihr Portfolio ständig - beispielsweise um das Lausitz Service, das traditionelle sorbische Dekore mit modernen Formen verbindet. © Uwe Menschner

Weißenberg. Kann man in Weißenberg ein Keramik-Atelier betreiben? Diese Frage stellte sich vor mehr als einem Jahr wohl nicht nur Judith Anders. Heute weiß die preisgekrönte Designerin: Man kann! Und es macht viel Spaß. „Sicher ist in einer so kleinen Stadt wie Weißenberg manches etwas schwieriger als in den großen Metropolen. Doch das Leben und Arbeiten hier hat auch viele Vorzüge, die ich nicht missen will.“

2020 war es, als die gebürtige Weißenbergerin den Publikumspreis im Rahmen des Wettbewerbs um den Sächsischen Staatspreis für Design gewann. Eine Referenz, die ihr in der weiten Welt sicher viele Türen geöffnet hätte. Doch Judith Anders entschied sich anders: „Ich stamme aus Weißenberg, bin hier aufgewachsen und habe die ländliche Region schon in meiner Kindheit liebgewonnen. Ich denke, das war Grund genug, nach meinem Studium und dem Auslandsaufenthalt zurück in die Heimat zu ziehen“, sagte sie Anfang 2022 gegenüber Sächsische.de.

Damals hatten die Handwerker gerade begonnen, das im Familienbesitz befindliche alte Fachwerkhaus an der Ernst-Thälmann-Straße nach ihren Vorstellungen auszubauen. Und bereits Anfang Dezember 2022 konnte sie hier ihre eigene Werkstatt beziehen.

"Im ländlichen Raum spricht sich Neues schnell rum"

Seitdem ist ein Jahr vergangen, und Judith Anders hat ihre Entscheidung an keinem Tag bereut, sagt sie. „Das Jahr ist für mich sehr gut gelaufen. Ich habe viele neue Kunden gewonnen, von denen manche ganz gezielt auch von weiter her gekommen sind, um sich mit meiner Arbeit vertraut zu machen.“ Und die ist alles andere als gewöhnlich: Schon mit ihrer preisgekrönten Produktserie Vaio zeigte Judith Anders, dass sie imstande ist, ganz alltägliche Tätigkeiten – in diesem Falle das Essen – völlig neu zu denken und in Porzellan zu gießen.

Und das im wahrsten Sinne des Wortes, denn die junge Designerin arbeitet hauptsächlich mit der noch wenig verbreiteten Gusstechnik. Dabei wird flüssiges Porzellan in eine Form gegossen, ausgehärtet und gebrannt – ein sehr aufwändiger und arbeitsintensiver Prozess. Zu ihrem Markenzeichen machte sie die Einarbeitung floraler Elemente, beispielsweise von Gingko-Blättern, die ihre Form auf die Außenwände übertragen.

„Hier, im ländlichen Raum, sprechen sich neue Dinge schnell herum“, hat Judith Anders erfahren. „Die Leute kommen aus Neugierde, staunen, machen ihre Freunde aufmerksam. Andere werden über das Internet aufmerksam und nutzen ihren Oberlausitz-Urlaub, um mich zu besuchen. Auch Märkte bieten gute Gelegenheiten, sich bekannt zu machen.“ So präsentierte sie sich zuletzt in den Schlössern Klaffenbach bei Chemnitz und Wackerbarth bei Radebeul und freute sich, „manche Gesichter auf beiden Märkten zu sehen“.

Designerin kooperiert mit anderen jungen Kreativen

In der Adventszeit hat Judith Anders ihre Werkstatt ein wenig umgestaltet und sie teilweise in eine Ausstellung verwandelt. Wie schon mehrfach in den letzten Wochen, so bietet sie auch am Freitag, dem 22. Dezember 2023, von 10 bis 17 Uhr, und am Sonnabend, dem 23. Dezember, von 10 bis 12 Uhr, Sonderöffnungszeiten an: „In meiner Ausstellung 'Seelenzauber' präsentiere ich nicht nur meine eigene Arbeit, sondern auch die von befreundeten Künstlern und Kunsthandwerkern.“

Dazu zählen beispielsweise die Fotografin Sophie Gestrich aus dem nahe gelegenen Buchholz (Gemeinde Vierkirchen im Landkreis Görlitz) oder die Florale Manufaktur Steudtner aus Cunewalde, mit der Judith Anders schon seit mehreren Jahren zusammenarbeitet. „Dies stieß auf eine gute Resonanz bei Leuten, die sich wirklich dafür interessieren“, freut sich die Weißenbergerin. Die Vernetzung mit anderen jungen Kreativen der Region sei ihr wichtig.

Service von Judith Anders in Bautzen-Information erhältlich

Die Regale mit den vorproduzierten Waren haben sich in dieser Zeit deutlich gelichtet. „Besonders die Seelenwärmer, kleine Lichter aus durchscheinendem Porzellan, haben sich sehr gut verkauft. Einerseits freue ich mich natürlich darüber, andererseits weiß ich jetzt aber auch, dass ich im nächsten Jahr mehr für diese Zeit vorproduzieren muss“, sagt Judith Anders.

Dabei fragt sich der Laie ohnehin, wie sie es schafft, ihr umfangreiches Portfolio zu fertigen und dabei auch noch zu erweitern – beispielsweise um die Produktlinie Libra, die das für sie typische gegossene Porzellan mit klassisch gedrehtem Steinzeug verbindet. Oder das Lausitz Service, das im Rahmen der Innovationswerkstatt ‚Lausitzer Typen‘ entstand und sorbische Dekore neu interpretiert. Auch für die Stadt Bautzen hat Judith Anders auf Anfrage ein Service gestaltet, das in der Tourist-Information erhältlich ist.

„Meine Familie hilft mir sehr und hält mir den Rücken frei“, erklärt sie dazu lächelnd. „Und man muss sich natürlich gut organisieren.“ Judith Anders freut es auch, dass es ihr bereits im ersten Jahr gelungen ist, Menschen nach Weißenberg und in die Region zu locken, die sonst vielleicht nicht hierher gekommen wären. Und die Frage, ob man in Weißenberg ein Keramik-Atelier betreiben kann, stellt sich jetzt nicht mehr.