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Immer mehr beschädigte Wahlplakate: So reagieren Parteien im Kreis Bautzen

Andere Wahlkampftaktik, Forderung nach mehr Kontrollen: Wie Parteien im Landkreis Bautzen damit umgehen, dass viele ihrer Wahlplakate nicht lange unversehrt bleiben.

Von David Berndt
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Plakate der SPD für die sächsische Landtagswahl, hier mit Spitzenkandidatin Petra Köpping, wurden an verschiedenen Orten im Landkreis Bautzen beschädigt, hier in Lauta.
Plakate der SPD für die sächsische Landtagswahl, hier mit Spitzenkandidatin Petra Köpping, wurden an verschiedenen Orten im Landkreis Bautzen beschädigt, hier in Lauta. © SPD Kreisverband Bautzen

Bautzen. Beschmiert, angezündet, heruntergerissen: Im Landkreis Bautzen melden mehrere Parteien Beschädigungen ihrer Wahlplakate für die Landtagswahl in Sachsen am 1. September. Laut Polizeidirektion Görlitz hat es bislang sieben Anzeigen wegen beschädigter Wahlplakate gegeben. „Straftatbestand ist entweder Sachbeschädigung durch Feuer oder Graffiti“, sagt Polizeisprecher Kai Siebenäuger.

Drei Anzeigen zu fünf beschädigten Plakaten stammen demnach von der CDU, drei Anzeigen zu drei Plakaten von der SPD und je eine Anzeige von der FDP zu einem Plakat, von der AfD zu zwei Plakaten und den Freien Sachsen zu sechs Plakaten. Zudem gibt es laut Polizei eine Anzeige wegen des Diebstahls von Wahlplakaten in Bischofswerda, wobei SPD, CDU, Grüne und FDP geschädigt sind.

Naziparolen auf zweisprachigem CDU-Plakat

Doch tatsächlich bei der Polizei angezeigt wird offenbar längst nicht jeder Fall. Die Kamenzer CDU-Direktkandidatin Elaine Jentsch etwa stellte bereits kurze Zeit nach Beginn des Plakatierens fest, dass CDU-Plakate in mehreren Gemeinden des Kamenzer Wahlkreises beschädigt worden waren. „Ich bin entsetzt, dass die Botschaften und Inhalte nicht im Mittelpunkt der politischen Auseinandersetzung stehen. So wurden 40 meiner Plakate in drei Ortschaften entfernt. Besonders schwerwiegend ist für mich die Beschmierung des zweisprachigen Bauzaunbanners in Rosenthal mit Nazisymbolen.“

Neben der CDU sind offenbar Plakate der SPD beliebtes Ziel der Täter. Es gebe wie vor den Europa- und Kommunalwahlen am 9. Juni 2024 viele Beschädigungen und Diebstähle, erklärt Anja Hennersdorf, Sprecherin des SPD-Kreisverbandes. Jetzt vor der Landtagswahl sei vor allem der Wahlkreis 52 und die dortigen Gemeinden Neukirch/Lausitz, Cunewalde, Schmölln-Putzkau und Steinigtwolmsdorf betroffen.

SPD: Das Plakatieren sollte stärker kontrolliert werden

Beschädigungen gebe es aber auch im Norden des Landkreises in Lauta, Spreetal oder Hoyerswerda. „Die Palette reicht dabei von Abreißen, Zerreißen, Diebstahl, Beschmieren bis sogar in einem Fall zum Anzünden eines Kopfplakates. Letzteres scheint aus unserer Sicht eine neue Qualität von Aggressionspotenzial und Hass zu sein“, sagt Hennersdorf. Auf dem angezündeten Plakat sei SPD-Spitzenkandidatin Petra Köpping zu sehen gewesen. Aus SPD-Sicht habe sich die Zahl der Beschädigungen und Diebstähle im Vergleich zur jüngsten Bundestags- und Landtagswahl erhöht.

  • Mehr als 23.000 Menschen aus Sachsen haben an der Umfrage von Sächsischer Zeitung und Leipziger Volkszeitung teilgenommen. Entwickelt und ausgewertet wurde der Sachsen-Kompass unter wissenschaftlicher Begleitung und in Kooperation mit der Agentur "Die Mehrwertmacher". Dabei wurde darauf geachtet, dass die Ergebnisse belastbar sind. Wo es aus kleinen Orten/Stadtteilen nicht ausreichend Antworten für belastbare Aussagen auf Gemeinde-/Stadtteilebene gab, wurden Nachbargemeinden teils gemeinsam ausgewertet. Alle Ergebnisse finden Sie auf saechsische.de/sachsenkompass

Die SPD im Kreis Bautzen dokumentiere diese Beschädigungen, unter anderem um künftig andere Standorte auszuwählen, „insbesondere dort, wo bereits mehrfach Plakate beschädigt wurden“, sagt Anja Hennersdorf. Zudem fordert die Partei, dass die Gemeinden die Regeln zum Plakatieren stärker kontrollieren. „Die Anzahl der zulässigen Plakate ist in vielen Gemeinden bereits stark reduziert worden. Da sich jedoch viele andere Parteien nicht an die Plakatierungsgenehmigungen halten, insbesondere was die Anzahl betrifft, entsteht so eine Chancenungleichheit.“

Der FDP-Vorsitzende im Kreis Bautzen und Direktkandidat für die Landtagswahl, Matthias Schniebel, geht davon aus, dass 20 bis 30 Prozent der FDP-Plakate beschädigt wurden. „Prinzipiell kann man sagen, dass auch jetzt im Landtagswahlkampf die Beschädigung von Plakaten enorm ist. Plakate werden abgenommen, zerstört, beschmiert.“ In manchen Fällen hätten die Täter die FDP-Plakate abgenommen, die Rückseite mit eigenen Botschaften beschmiert und so wieder aufgehängt.

Zwischen Pulsnitz und Ohorn haben Unbekannte ein FDP-Plakat abgerissen.
Zwischen Pulsnitz und Ohorn haben Unbekannte ein FDP-Plakat abgerissen. © Matthias Schumann

„Sicher wäre eine Reduzierung der Plakate keine schlechte Idee, die dann aber von allen politischen Parteien mitgetragen werden müsste“, sagt Matthias Schniebel.

Linke setzt mehr auf andere Wahlkampfmittel

Die Linke, erklärt der Co-Vorsitzende im Kreis Bautzen und Direktkandidat, Silvio Lang, habe bereits nach den Europa- und Kommunalwahlen reagiert. Vorrang hätten nun Wahlkampfmittel, die nicht beschädigt werden können. Das bedeute, dass die ehrenamtlichen Wahlkämpfer zunächst für das Verteilen von Printerzeugnissen in Briefkästen eingesetzt würden. „Zudem haben wir die Ausgaben für Anzeigen in den kreisweit erscheinenden Wochen- und Anzeigenblättern deutlich erhöht.“

Unbekannte haben hier ebenfalls zwischen Pulsnitz und Ohorn Wahlplakate der Linken abgerissen.
Unbekannte haben hier ebenfalls zwischen Pulsnitz und Ohorn Wahlplakate der Linken abgerissen. © Matthias Schumann

Eine flächendeckende Plakatierung sei nicht mehr so wichtig wie bisher. Dafür seien die Linken nun digital präsenter, sagt Lang. Dennoch wolle man, solange der Bestand reiche, beschädigte Plakate ersetzen und zudem jeden Fall bei der Polizei anzeigen. Für die Anzahl der aufgehängten Plakate werde auch weiterhin nicht der Beschädigungsdruck ausschlaggebend sein. „Ebenso werden wir nicht auf weniger gut sichtbare Standorte ausweichen, nur damit unsere Plakate nicht beschädigt werden. Ein Plakat macht nur dann Sinn, wenn es von möglichst vielen Menschen gesehen wird“, sagt Silvio Lang.

Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) ist erstmals bei der sächsischen Landtagswahl dabei. Im Kreis Bautzen habe es bislang ein besprühtes Großflächenplakat in Bischofswerda gegeben, erklärt Felix Lichtenstein, BSW-Koordinator für die Wahlwerbeplakatierung im Kreis Bautzen. Geringe Verluste plane man ein.

Unbekannte haben dieses Großflächenplakat des BSW in Bischofswerda beschmiert. Links daneben steht ein beschädigtes Plakat der FDP.
Unbekannte haben dieses Großflächenplakat des BSW in Bischofswerda beschmiert. Links daneben steht ein beschädigtes Plakat der FDP. © BSW

Auch künftig wolle das BSW Wahlplakate maßvoll einsetzen. „Parteien, deren Plakate überdurchschnittlich oft beschädigt oder entfernt werden, sollten sich die Frage nach der Ursache für ihre Unbeliebtheit stellen. Wir wollen die Menschen vordergründig durch gute Politik überzeugen und nicht durch massenhaft eingesetzte Plakate“, sagt Liechtenstein.