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Schafft der Landkreis Bautzen die Bezahlkarte für Asylbewerber wieder ab?

Nach zwei Gerichtsurteilen zur Bezahlkarte in Deutschland fordert die Linke deren Rücknahme im Landkreis Bautzen. Wie sie das begründet und wie das Landratsamt darauf reagiert.

Von David Berndt
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Der Landkreis Bautzen hatte die Bezahlkarte für Asylbewerber im Frühjahr 2024 eingeführt. Jetzt fordert Die Linke deren Rücknahme.
Der Landkreis Bautzen hatte die Bezahlkarte für Asylbewerber im Frühjahr 2024 eingeführt. Jetzt fordert Die Linke deren Rücknahme. © Steffen Unger

Bautzen. Die Linke im Landkreis Bautzen fordert, die Bezahlkarte für Asylbewerber im Kreis wieder zurückzunehmen. Sie begründet ihre Forderung mit Gerichtsurteilen zur Bezahlkarte in Hamburg und Nürnberg. Doch wie reagiert der Landkreis Bautzen auf diese Forderung? Sächsische.de fasst das Thema im Überblick zusammen.

Warum hat der Kreis Bautzen die Bezahlkarte eingeführt?

Im Januar 2024 hatte das Landratsamt Bautzen mitgeteilt, dass es eine Bezahlkarte für Asylbewerber und Geduldete einführen wird. Davon versprach man sich weniger Verwaltungsaufwand und geringere „Zuzugsanreize“, weil Geld nicht mehr ins Ausland überwiesen und damit etwa Schlepper bezahlt werden könnten.

Auf die bundeseinheitliche Bezahlkarte ab 2025 wollte der Landkreis Bautzen nicht warten. Die Einführung von Bezahlkarten für Asylsuchende im Landkreis Bautzen beruhe auf den Abstimmungen der sächsischen Landkreise vor der Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes im Mai 2024, erklärt das Landratsamt Bautzen.

Wie funktioniert im Kreis Bautzen die Bezahlkarte?

Im April 2024 hatte der Landkreis mit der Ausgabe der Karten an gemeldete Empfänger von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz begonnen. Pro Haushalt gibt es eine Karte. Alle Gelder nach dem Asylbewerberleistungsgesetz werden seitdem auf die Bezahlkarten gebucht und nicht mehr bar ausgezahlt oder auf Girokonten überwiesen.

Mit der Bezahlkarte sind Einkäufe in Geschäften möglich. Pro Erwachsenem dürfen die Nutzer zudem monatlich 50 Euro und pro Minderjährigem zehn Euro Bargeld abheben. Überweisungen oder Lastschriften etwa für den ÖPNV oder Mobilfunkverträge müssen beantragt und vom Landratsamt freigeschaltet werden.

Wie Landkreissprecherin Sabine Rötschke erklärt, haben bislang 880 Bedarfsgemeinschaften, zu denen 1.150 Menschen gehören, je eine Bezahlkarte erhalten. „Für eine Erstnutzung vorgesehen sind alle Leistungsempfänger nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, welche dem Landkreis zukünftig zugewiesen werden. Im Monat sind das durchschnittlich circa 50 Personen“, sagt Sabine Rötschke.

Warum fordert die Linke die Rücknahme der Bezahlkarte?

Die Linke beruft sich mit ihrer Forderung auf Gerichtsurteile zur Bezahlkarte aus Hamburg und Nürnberg. Wie die Linke mitteilt, sei die Bezahlkarte für Asylsuchende demnach unzulässig, „wenn sie eine Bargeldobergrenze beinhaltet“. Wie in Bautzen habe diese in Hamburg bei 50 Euro gelegen.

Das Sozialgericht Hamburg hat entschieden, dass starre Bargeldobergrenzen auf der Bezahlkarte für Geflüchtete nicht geeignet sind, um den Mehrbedarf beispielsweise von Schwangeren oder Familien mit Kleinkindern zu decken. Die für die Karte zuständige Sozialbehörde müsse die persönlichen Lebensumstände der Antragstellenden berücksichtigen, starre Obergrenzen würden das nicht ermöglichen, sagte eine Gerichtssprecherin der Deutschen Presse-Agentur.

Das Sozialgericht Nürnberg hatte laut der Süddeutschen Zeitung diese Rechtsauffassung in zwei weiteren Fällen bestätigt und angewiesen, die Geldleistungen wieder auf die Konten der Kläger zu überweisen.

Der Bautzener Kreisverband der Linken fordert nun: „Die Bezahlkarte im Landkreis Bautzen muss umgehend wieder abgeschafft werden.“ Landrat Udo Witschas (CDU) müsse umgehend reagieren, um keine fortgesetzten Rechtsverletzungen zuzulassen, fordert Alex Theile, Fraktionschef der Linken im Kreistag. „Mindestens muss die Ausgabe der Bezahlkarten umgehend gestoppt, alle bisherigen Bezahlkarten durch den Landkreis zurückgenommen und die Anwendung dieses Mittels ausgesetzt werden, bis Rechtssicherheit darüber besteht, in welcher Art und Weise man die Bezahlkarte ohne Rechtsverletzungen anwenden kann.“ Falls dies nicht passiere, bereite die Fraktion der Linken einen entsprechenden Antrag für den Bautzener Kreistag vor.

Wie Silvio Lang, Co-Vorsitzender des Linken-Kreisverbandes, erklärt, habe die Linke bereits vor der Einführung rechtliche Bedenken zur Bezahlkarte geäußert. So habe der Landkreis diese Karte offenbar ohne Prüfung der Rechtssicherheit eingeführt. „Ein fataler Fehler, der zu Lasten der geflüchteten Menschen ging.“

Wie bewerten Betroffene die Bezahlkarte?

Betroffene aus Bautzen sowie die Migrationsberatung der Caritas hatten gegenüber Sächsische.de die Bezahlkarte bereits kritisiert. So seien damit das Einkaufen in Geschäften nicht überall und Online-Einkäufe gar nicht möglich.

Wie Heidi Katzki, Leiterin aller Beratungsstellen der Caritas Oberlausitz und in der Migrationsberatung tätig, erklärte, müssten Nutzer der Bezahlkarte mit einem Formular monatlich Überweisungen auf andere Konten beantragen. „Ob diese dann genehmigt werden oder nicht, erfahren die Nutzer aber nicht. Lastschriftverfahren funktionieren gar nicht.“

Wie reagiert der Kreis auf die Forderung der Linken?

Die angesprochenen Urteile zu den Bezahlkarten habe das Landratsamt Bautzen zur Kenntnis genommen und prüfe diese derzeit, sagt Sprecherin Sabine Rötschke. „Die Kreisverwaltung hält grundsätzlich an der Bezahlkarte fest, auch aus Gründen der effizienteren Verwaltungsprozesse, die sich durch die Umstellung ergeben.“

Eine Antragstellung im Kreistag zu diesem Thema wäre aber wirkungslos, da der Kreistag nicht zuständig sei. „Bei dem Thema Bezahlkarte handelt es sich um ein Geschäft der laufenden Verwaltung. Das bedeutet, dass die Kreisverwaltung die Art der Aufgabenerledigung selbst bestimmt.“ Ein Beschluss des Kreistages sei dazu nicht nötig, einen solchen habe es auch zur Einführung der Karte nicht gegeben. (mit dpa)