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Setzt der Landkreis Bautzen seine Ausländerbeauftragte wieder ein?

Der Kreistag Bautzen hatte auf AfD-Antrag die Stelle der Ausländerbeauftragten gestrichen. Doch die Sache ist damit noch nicht abgeschlossen - aus mehreren Gründen.

Von David Berndt
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Anna Piętak-Malinowska war bis vor Kurzem Ausländerbeauftragte des Landkreises Bautzen.
Anna Piętak-Malinowska war bis vor Kurzem Ausländerbeauftragte des Landkreises Bautzen. © Landratsamt Bautzen

Bautzen. Am 21. September 2024 feiert der Landkreis Bautzen sein „Fest der Begegnung“ auf dem Bautzener Kornmarkt. Es ist der Start für die nun schon 15. Interkulturellen Wochen im Landkreis, die bis zum 6. Oktober laufen.

Initiiert hat diese einst Anna Piętak-Malinowska, die bis vor Kurzem Ausländerbeauftragte des Landkreises Bautzen war. Doch bei der ersten Sitzung des neuen Kreistages am 19. August stimmten die Kreisräte auf Antrag der AfD mehrheitlich dafür, die Stelle der Ausländerbeauftragten abzuschaffen.

Anna Piętak-Malinowska wurde vom Landratsamt am Tag nach der Kreistagssitzung über den Beschluss informiert. Sie halte es für „ein fatales Signal nach außen, insbesondere in einer Situation, wo wir als Landkreis gleichzeitig um ausländische Fachkräfte werben“, sagt sie. Der Beschluss sei ein Politikum gewesen. „Die Landtagswahlen standen vor der Tür.“

Ausländerbeauftragte war direkte Ansprechpartnerin

Seit 2008 war Anna Piętak-Malinowska Ausländerbeauftragte. Neben den Interkulturellen Wochen habe sie ab 2022 etwa auch die Europawoche und das Deutsch-Polnische Maifest initiiert, Projekte mit ukrainischen Flüchtlingen durchgeführt, Thementage angeboten, und sie sei Ansprechpartnerin für Ausländer, Institutionen und verschiedene Ämter gewesen. „Man braucht so eine Person, die zwischen den Menschen und der Verwaltung interagiert“, sagt sie.

Doch nun hätten mehr als 12.500 Bürger mit ausländischem Pass im Landkreis Bautzen keine direkte Ansprechperson im Landratsamt mehr. Zwar koordinierten die Mitarbeiter des Landratsamtes die Integration und Sprachkurse für Geflüchtete, und das „Welcome Center“ sei für ausländische Fachkräfte da. „Aber es gibt jetzt keine unabhängige Stelle, an die sich die Bürger, unabhängig ihrer Staatsangehörigkeit, Institutionen, Vereine, Helfer, Zugewanderte im Vertrauen mit ihren Anliegen wenden können.“

Da gehe es um vielfältige Dinge, etwa Konflikte am Gartenzaun, Probleme in der Schule, Einbürgerungsgesuche, Kündigung, Heirat, Facharztsuche und vieles mehr. „Meine Aufgabe bestand darin, die richtige Stelle für den Ratsuchenden zu finden und in Konfliktsituationen zu vermitteln“, sagt Anna Piętak-Malinowska. Seit Anfang September ist sie im Sachgebiet Asylunterbringung und Integration des Kreisausländeramtes in Kamenz tätig. Und sie befinde sich eigentlich in „Warteschleife“.

Landesdirektion Sachsen prüft Bautzener Beschluss

Denn die Landesdirektion Sachsen prüft seit Ende August, ob der Bautzener Kreistagsbeschluss zur Ausländerbeauftragten rechtmäßig ist. Das Sozialministerium hatte bereits erklärt, dass der Beschluss unvereinbar mit dem Sächsischen Integrations- und Teilhabegesetz sei.

Dieses seit Mai 2024 geltende Gesetz besagt, dass die Landkreise und kreisfreien Städte als untere Integrationsbehörden hauptamtliche Beauftragte bestellen, „die ausschließlich für die Integration und Teilhabe von Menschen mit Migrationshintergrund zuständig sind“. Dabei handele es sich um eine Soll-Vorschrift. Abweichungen davon seien nur in begründeten Ausnahmefällen zulässig, so das Ministerium.

Der Landkreis Bautzen hat dazu laut eigener Aussage eine andere Rechtsauffassung. Er berief sich bislang darauf, dass die Verordnung zum Gesetz noch fehle. Damit seien Fragen zur Umsetzung oder Finanzierung unklar.

Integrationsgesetz: Verordnung ist jetzt in Kraft

Doch am 18. September ist diese Verordnung nun in Kraft getreten. Sie „setzt den Rahmen für die Ausgestaltung der kommunalen Integrationsarbeit und beinhaltet einheitliche Standards“, heißt es in einer Mitteilung des Sozialministeriums. Demnach sollen alle Landkreise und kreisfreien Städte über ein kommunales Integrationskonzept verfügen, und es sollen Integrations-Beratungszentren entstehen.

Zudem regele die Verordnung die pauschale Zuweisung von Fördermitteln. Das betrifft etwa die Finanzierung von Beauftragten für Integration und Teilhabe. Wie das Ministerium auf Anfrage von Sächsische.de erklärt, seien „die Regelungen der Verordnung mit dem Tag des Inkrafttretens verbindlich für die unteren Integrationsbehörden“.

Der Landkreis Bautzen prüft derzeit nach eigener Aussage „die vom Gesetz vorgegebenen und in der Verordnung geregelten Grundlagen für die kommunale Integrationsarbeit, deren Aufgaben und Finanzierung“.

Petition fordert, Beauftragte wieder einzusetzen

Allerdings will die neue Fraktion „Bündnis Links-Grün“ das Thema auf die Tagesordnung der nächsten Kreistagssitzung am 30. September bringen. „Angesichts der widersprüchlichen Auffassungen zum Sächsischen Integrations- und Teilhabegesetz, der neuen Verwaltungsverordnung und der bestürzten Rückmeldungen aus Vereinen und Zivilgesellschaft wären ein detaillierter Bericht und entsprechend Raum für Diskussionen zwingend notwendig“, sagt Fraktionssprecher Jonas Löschau. Es sei unverständlich, dass die Stelle überhaupt gestrichen wurde.

Zudem ist am 19. September eine Petition zur Wiedereinsetzung der Ausländerbeauftragten im Landkreis Bautzen online gegangen. Sie richtet sich an den Kreistag und an Landrat Udo Witschas (CDU). Zu den Erstunterzeichnern zählen mehrere Personen sowie Verbände, darunter Marina Schneider, Geschäftsführerin des Kreisverbandes Bautzen der Arbeiterwohlfahrt, Torsten Bognitz vom Caritasverband Oberlausitz, Madeleine Tost, Geschäftsführerin des Steinhauses in Bautzen, die Bürgerinitiative Hoyerswerda hilft mit Herz und Holger Wedemeyer vom Bündnis Radeberger Land hilft.