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Nach Schleuser-Unfall in der Oberlausitz: Fünf Männer in Potsdam vor Gericht

Im Juni 2023 endete die Verfolgung eines Schleuserfahrzeugs, in dem 17 Geflüchtete saßen, in Taubenheim in der Spree. Jetzt sitzen ein Syrer und vier Deutsche auf der Anklagebank.

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Die Flucht eines Schleuserfahrzeugs mit 17 illegalen Migranten aus Syrien vor der Polizei endete am 2. Juni 2023 in Taubenheim in der Spree. Jetzt sitzen in Potsdam fünf Männer auf der Anklagebank.
Die Flucht eines Schleuserfahrzeugs mit 17 illegalen Migranten aus Syrien vor der Polizei endete am 2. Juni 2023 in Taubenheim in der Spree. Jetzt sitzen in Potsdam fünf Männer auf der Anklagebank. © LausitzNews.de/Tim Kiehle

Von Ingmar Höfgen

Potsdam/Sohland. Ninive, Lawalde, dann mit 100 Sachen durch Lauba - eine minutenlange Verfolgungsjagd der Polizei mit einem Berliner VW-Transporter in der Oberlausitz sorgte im Juni 2023 sogar bundesweit für Aufmerksamkeit. Das Schleuserfahrzeug landete schließlich in Taubenheim in der Spree – und 17 Menschen kamen aus dem völlig überladenen Fahrzeug zum Vorschein. Jetzt steht der aus Syrien stammende Fahrer in Potsdam vor Gericht, gemeinsam mit vier deutschen Helfern.

Im Mittelpunkt der Anklage, die am Montag, 5. August 2024, vor dem Landgericht Potsdam verlesen wurde, steht das Geschäft mit der illegalen Einreise. Für die Fahrt von der ungarischen Grenze über Österreich oder Tschechien sollen die Migranten vierstellige Summen bezahlt haben, in der Regel zwischen 2.000 und 4.000 Euro. Zuvor hatten die überwiegend männlichen Ausländer die Grenze von Serbien nach Ungarn überquert.

Bis zu 17 Leute in Mietautos gequetscht

Die Staatsanwaltschaft wirft fünf Männern im Alter zwischen 21 und 44 Jahren aus Berlin und Umgebung bandenmäßige Schleusertätigkeit vor. Sie sollen neben weiteren Männern Autos angemietet und gefahren, Fahrten begleiten und Polizeikontrollen gemeldet haben, um vor allem Syrer von der serbisch-ungarischen Grenze Richtung Norden zu bringen. Ziel sollen dabei die illegale Einreise und der Aufenthalt in Deutschland gewesen sein.

Hauptangeklagter ist der 31-jährige Fares B., über den die Kontakte gelaufen sein sollen. Insgesamt fünf Touren soll der Syrer eingefädelt haben, bei denen über 60 Personen transportiert worden sein sollen. Drei Touren endeten im österreichischen Nickelsdorf kurz hinter der ungarischen Grenze, einmal flog die Fahrt schon im ungarischen Assotholom auf. Das Schema war immer dasselbe: In Mietautos, die für fünf oder sechs Personen ausgelegt waren, wurden 10, 13 oder 17 Leute gequetscht, teilweise im Kofferraum liegend und kaum zum Atmen fähig.

Mehrmals verhaftete die Polizei in Ungarn und Österreich die verschiedenen Fahrer. Ob das der Grund war, warum die Polizei letztlich B. am Steuer jenes VW-Transporters festnehmen konnte, der in Taubenheim in die Spree fuhr? Immerhin ist dies die einzige eigene Fahrt, die ihm die Staatsanwaltschaft Potsdam vorwirft. Dabei habe er vorsätzlich Leib und Leben von Menschen gefährdet, so die Ankläger.

Bei Razzia auch Kokain und Cannabis gefunden

Durch den Unfall in der Oberlausitz dürften auch mutmaßliche deutsche Profiteure der illegalen Einreisen aufgeflogen sein – nicht alle stehen jetzt in Potsdam vor Gericht. Im November 2023 führte die Brandenburger Polizei eine umfangreiche Razzia gegen Schleuserkriminalität durch und durchsuchte unter anderem die Objekte der fünf Männer, die jetzt auf der Anklagebank sitzen. Bei einigen fand sie auch Kokain und Cannabis, deren illegaler Handel ebenfalls angeklagt ist.

Im verunglückten VW-Transporter, laut Staatsanwaltschaft für sechs Passagiere zugelassen, fand die Polizei auf der Laderampe damals zusammengepferchte Menschen im Alter von 12 bis 24 Jahren, sechs von ihnen wurden ins Krankenhaus gebracht. Während B. festgenommen wurde und wieder in Haft sitzt, flüchtete ein 17-jähriger Beifahrer. Er wurde später gestellt. Aufgefallen war der Transporter mit Berliner Kennzeichen damals zwei Polizisten, die in der Nähe von Löbau gerade auf dem Weg zum Dienst waren und flugs eine Streife orderten.

Alle fünf Angeklagten schwiegen zunächst zu den Vorwürfen, nachdem die Richter ein Rechtsgespräch und eine mögliche Verständigung zu den Strafen ins Spiel gebracht hatten. Kommt es zu Geständnissen im Gegenzug für vorher feststehende Maximalstrafen, oder droht doch ein komplexes, langwieriges Verfahren? Am nächsten Verhandlungstag, dem 26. August, dürfte sich die Richtung entscheiden. Die 2. Strafkammer hat insgesamt fünf weitere Termine bis zum 2. Oktober angesetzt. Dann könnte ein Urteil fallen.