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Was es mit dem besonderen Denkmal in Caßlau auf sich hat

Im Neschwitzer Ortsteil Caßlau steht eine Skulptur, die Lindenblatt und Kranich vereint. Was sie bedeutet, und warum sie jetzt wieder an Bedeutung gewinnt.

Von Uwe Menschner
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In der Ortsmitte des Neschwitzer Ortsteils Caßlau steht dieses Denkmal. Der sich aus einem Lindenblatt erhebende Kranich symbolisiert das Schicksal des Dorfes am Ende des zweiten Weltkriegs, aber auch seinen Wiederaufbau.
In der Ortsmitte des Neschwitzer Ortsteils Caßlau steht dieses Denkmal. Der sich aus einem Lindenblatt erhebende Kranich symbolisiert das Schicksal des Dorfes am Ende des zweiten Weltkriegs, aber auch seinen Wiederaufbau. © Uwe Menschner

Caßlau. Wer durch den kleinen Neschwitzer Ortsteil Caßlau fährt, dem fällt in der Dorfmitte auf der rechten Seite ein ungewöhnlich gestaltetes Denkmal auf. Es hat die Form eines Vogels, der seine Schwingen gerade zum Abheben entfaltet. Dabei bilden diese die Silhouette eines Lindenblatts. Eine Tafel am Fuße der Skulptur verrät, dass sie den Namen „Die Rückkehr nach Casslau“ trägt. Doch was hat es mit diesem Denkmal in einem so kleinen Dorf für eine Bewandtnis?

Darüber kann Ursula Paschke Auskunft geben. Sie gehört zu den Initiatoren der Projektgruppe „Denkmal Caßlau“, die sich 2019 aus Einwohnern des Ortes gründete. „Caßlau wurde in den letzten Kriegstagen 1945 fast vollständig zerstört“, berichtet sie. Die Front wogte zwischen Zescha und Naußlitz hin und her und überquerte dabei mehrmals das kleine Dorf. „Daran soll die Skulptur erinnern, aber auch an die 13 jungen Männer aus Caßlau, die nicht aus dem Krieg zurückgekehrt sind“, so Ursula Paschke.

Konzept für Denkmal stammt von tschechischem Bildhauer

Und auch die beiden Zwangsarbeiter Jan und Olga, die noch kurz vor dem Ende des Krieges ihr Leben lassen mussten, sollen nicht vergessen werden: Jan, der aus der Ukraine stammte, wurde von polnischen Soldaten erschossen; Olga kam aus dem Estland und starb durch eine Granate.

Die Projektgruppe stellte ihr Ansinnen, ein Denkmal zu errichten, der Dorfgemeinschaft vor und erhielt große Zustimmung. „Um Fördermittel beantragen zu können, schlossen wir uns dem Verein Kultur- und Heimatfreunde Neschwitz an, der die Projektträgerschaft übernahm“, so Ursula Paschke. Für die Gestaltung des Denkmals nahmen die Initiatoren Kontakt zum Verein Steinleicht auf, der in der Gemeinde Nebelschütz regelmäßig Bildhauerwerkstätten veranstaltet. „Dabei trafen wir auf den tschechischen Bildhauer Robert Alger, der sich sehr offen für unser Anliegen zeigte.“

Alger entwarf ein Konzept: Die Form des Lindenblatts mit der aufsteigenden Vogelsilhouette symbolisiert das sorbische Volk, aus dem sich ein Kranich erhebt, der für das Dorf Caßlau steht. „Unser Dorfclub heißt ,Zum Kranich', und hier gibt es viele Kraniche“, erläutert Ursula Paschke. Die Einweihung des Denkmals erfolgte am 13. September 2020.

13 kleine Lindenblätter stehen für Gefallene aus dem Dorf

Wer genau hinsieht, erkennt auf der Oberfläche der Skulptur 13 kleine Lindenblätter, die für die Gefallenen aus dem Dorf stehen. So wie sich der Kranich aus dem Lindenblatt erhebt, so erstand auch Caßlau wieder auf und präsentiert sich heute als idyllisches, von Wäldern und Teichen umgebenes Dorf. Durch das Denkmal und den Spielplatz ist in Verbindung mit dem Vereinshaus ein markantes Dorfzentrum entstanden.

Kaum noch etwas erinnert an die Wunden, die der Krieg hinterlassen hat. Dennoch ist es Ursula Paschke und ihren Mitstreitern ein wichtiges Anliegen, dass der Grund, aus dem das Denkmal entstand, nicht in Vergessenheit gerät – gerade jetzt, wo in Europa erneut ein blutiger Krieg tobt und am 8. Mai bald wieder an die Befreiung vom Hitlerfaschismus erinnert wird.