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Von Helsinki nach Cunewalde: Das ist die neue Popkantorin

Inkeri Hannonen hat in ihrer Heimat Finnland und in Halle Kirchenmusik studiert. Ihre Leidenschaft fürs Chorsingen führte sie zur Popularmusik - die sie in der Oberlausitz nun auch anderen näherbringt.

Von Bettina Spiekert
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Inkeri Hannonen spielt neben Gitarre auch Orgel und Schlagzeug. Die junge Finnin ist seit 2023 Popkantorin im Kirchenbezirk Kamenz-Bautzen und bietet Workshops in Popularmusik an.
Inkeri Hannonen spielt neben Gitarre auch Orgel und Schlagzeug. Die junge Finnin ist seit 2023 Popkantorin im Kirchenbezirk Kamenz-Bautzen und bietet Workshops in Popularmusik an. © Steffen Unger

Cunewalde. Für Inkeri Hannonen ist die Stimme ein unglaubliches Instrument. „Und gemeinsam im Chor zu singen, ist einfach das Größte. Denn Singen bringt Menschen zusammen“, ist die 30-Jährige überzeugt, die mit Leidenschaft Chöre dirigiert. Inkeri Hannonen ist seit 2023 Pop-Kantorin im Kirchenmusikbezirk Kamenz-Bautzen und bietet in verschiedenen Kirchgemeinden Workshops für Popularmusik an.

Diese sind sehr gut besucht. „Anfang September in Bautzen oder auch in Neschwitz habe ich mit 30 Frauen und Männern gearbeitet, vom Jugendlichen bis zur Seniorin“, sagt die gebürtige Finnin. Vor allem Singbegeisterte melden sich und auch ab und an ein paar Instrumentalisten. Mit ihren Schützlingen probt Hannonen dabei Musikstücke von Jazz über Gospel bis hin zu Rock und Pop. „Diese Popsparte zieht auch Menschen an, die entweder gar nicht in der Kirche sind oder sie als Kirchenglied jahrelang nicht besucht haben“, sagt die Pop-Kantorin.

Ergebnis des Workshops ist im Gottesdienst zu hören

Zwei Workshops konnte sie bereits 2023 anbieten, 2024 sind es zehn. Im Frühjahr leitete Inkeri Hannonen Kurse in Neukirch, Cunewalde und Königsbrück, nun folgen Kirschau und Neschwitz. „Es ist ein sehr niederschwelliges Angebot, das auch gerne angenommen wird. Allerdings trifft man auf sehr unterschiedliche Vorkenntnisse“, sagt sie. Am Schluss und als Ergebnis eines Workshops steht immer eine Aufführung innerhalb eines Gottesdienstes. „Und das zeigt, wie verbindend Musik sein kann“, sagt die Musikerin.

Geboren in Helsinki kommt Inkeri Hannonen schon früh mit Musik in Berührung. Als sie sechs Jahre alt ist, schicken sie ihre Eltern zum Klavierunterricht. Zehn Jahre später sitzt sie zum ersten Mal an einer Orgel. Ein Bürojob kommt für sie nicht infrage, sagt sie, also studiert sie Kirchenmusik in Oulo, der nördlichsten Stadt der EU. Dort dirigiert sie zum ersten Mal einen Chor und ist fasziniert davon, was am Pult alles möglich ist.

Von der Uni in Finnland nach Halle gekommen

Im Blick hat sie da schon ein Auslandssemester. Bei einem Besuch mit ihrer Studiengruppe in Halle/Saale besucht sie auch die dortige Hochschule für Kirchenmusik und entscheidet sich fürs Weiterstudieren in der Händelstadt. Dabei kommt ihr auch der fünfjährige Deutschunterricht aus Schulzeiten zugute.

„Der Direktor hat mich nach dem Semester gefragt, wie es mir gefällt, und ich habe gesagt, dass ich wirklich begeistert bin. Er meinte: ,Dann bleib doch'“, sagt Inkeri Hannonen. Die Musikerin schließt ihren Bachelor ab und will das Masterstudium dranhängen, doch es ist kein Platz frei.

Daher beginnt die junge Finnin eine Weiterbildung in Popularmusik an der Kirchenmusikschule in Dresden, arbeitet außerdem als Kantorin und dirigiert den Leipziger Gospelchor „Little Light of L.E.“. „Dabei habe ich viele Dinge gelernt, die einem niemand im Studium beibringt“, sagt Inkeri Hannonen. Anfang 2023 schließt sie ihr Studium in Halle ab. Da ist schon klar, dass ihr Partner Christoph Schröder ab April die Pfarrstelle in Cunewalde besetzen wird.

Stelle als Popkantorin auf drei Jahre befristet

Just zu diesem Zeitpunkt wird im Kirchenmusikbezirk Kamenz-Bautzen erstmals die Projektstelle einer Pop-Kantorin in Teilzeit ausgeschrieben. Inkeri Hannonen bewirbt sich und wird genommen. Die Stelle sei auf drei Jahre befristet, sagt sie, eine Verlängerung um zwei Jahre möglich.

In anderen Landeskirchen, sagt die Kantorin, sind derartige Stellen inzwischen in Vollzeit und unbefristet besetzt. In Sachsen, erklärt Matthias Oelke, Sprecher der Landeskirche, sind solche Jobs mit einem Schwerpunkt auf Popularmusik noch eher selten, selbst als befristete Stellen. „Wobei es viele Projekte in dieser Richtung gibt“, fügt er hinzu. Laut Landeskirchenmusikdirektor Burkhard Rüger geht die Kirche damit neue Wege, um Menschen zu erreichen, die über die traditionelle kirchliche Arbeit nur schwer erreicht werden.

Von der Großstadt in die Oberlausitzer Landidylle

In ihrer neuen Heimat Cunewalde fühlt sich die junge Finnin sofort wohl. „Obwohl mein Freund und ich immer in der Großstadt gewohnt haben, ist diese Landidylle etwas Besonderes“, sagt sie. Sie seien sehr herzlich im Ort aufgenommen worden. Noch immer werde sie in erster Linie als die Frau an der Seite des Pfarrers wahrgenommen. Dass sie die Pop-Kantorin im Kirchenbezirk ist, sei weitgehend unbekannt.

Neben ihrem Job als Pop-Kantorin übernimmt Inkeri Hannonen auch Vertretungsdienste für Kantoren im gesamten Kirchenbezirk. „Inzwischen habe ich sehr viele Kirchen und deren Orgeln kennengelernt“, sagt sie. Wie lange sie und ihr Partner Christoph Schröder in Cunewalde bleiben, ist unklar. „Seine Stelle ist auch erst einmal auf drei Jahre angelegt, deshalb müssen wir irgendwann entscheiden, wo und wie es für uns weitergeht“, sagt sie. Zuerst einmal freuen sich die beiden auf Nachwuchs.

Der nächste Workshop in Popularmusik findet vom 18. bis 20. Oktober 2024 in Kirschau statt. Am Freitag und Sonnabend will die junge Kantorin mit den Sängern und Instrumentalisten im Kirchgemeindehaus proben. Aufgeführt wird das Erlernte dann zum Festgottesdienst am Sonntag ab 14 Uhr in der Kirschauer Johannis-Kirche.

Anmeldungen für den Workshop in Kirschau sind bis zum 11. Oktober 2024 möglich unter [email protected].