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Deshalb war die Videoüberwachung am Bahnhof in Bautzen unzulässig

Sachsens Datenschutzbeauftragte hat die Videoüberwachung am Bautzener Bahnhof untersagt. Was der Grund dafür ist und was die Besitzer des Gebäudes nun unternehmen wollen.

Von David Berndt
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Die Sächsische Datenschutzbeauftragte hat die Videoüberwachung am Bahnhof Bautzen untersagt.
Die Sächsische Datenschutzbeauftragte hat die Videoüberwachung am Bahnhof Bautzen untersagt. © Steffen Unger

Bautzen. Am Bahnhof in Bautzen darf es keine Videoüberwachung mehr geben. Das hat die Sächsische Datenschutz- und Transparenzbeauftragte entschieden. Die Besitzer des Bahnhofs und Betreiber der Videoüberwachung, die Drews & Lucas Immobilien GbR von Jörg Drews und Gerald Lucas, wollen das aber nicht akzeptieren. Sächsische.de erklärt, warum die Videoüberwachung unzulässig ist, wie es zur Prüfung durch die Datenschutzbeauftragte kam und wie die Besitzer des Bahnhofs reagieren.

Warum ist die Videoüberwachung am Bahnhof Bautzen unzulässig?

Die Sächsische Datenschutz- und Transparenzbeauftragte, Dr. Juliane Hundert, hat die Videoüberwachung am Bahnhof in Bautzen geprüft, erklärt ihr Sprecher, Björn-Henrik Lehmann. „Im Ergebnis war festzustellen, dass die Videoüberwachung unzulässig ist. Das Grundrecht von Bürgerinnen und Bürgern auf informationelle Selbstbestimmung überwiegt das Interesse des Kamerabetreibers“, sagt Lehmann auf Anfrage von Sächsische.de.

Deshalb sei der Verantwortliche dazu aufgefordert worden, die Überwachung zu beenden. Weitere Details aus dem Bescheid an die Betreiber dürfe er nicht nennen, so Lehmann, da es sich um ein laufendes Verwaltungsverfahren handele, bei dem die Datenschutzbeauftragte Verschwiegenheitspflichten unterliege.

Weil es im ersten Halbjahr 2024 mehr Beschwerden hinsichtlich Videoüberwachungen gegeben habe, hat die Datenschutzbeauftragte eine neue Auflage der Infobroschüre „Achtung Kamera“ herausgegeben. Darin steht, in welchen Fällen Videoüberwachung zulässig ist.

Ob diese Beschwerden berechtigt sind, lasse sich erst nach den jeweiligen Verfahren sagen. Aber: „Es deutet derzeit vieles darauf hin, dass in der Mehrzahl Datenschutzverstöße vorliegen. Erfahrungsgemäß überwiegen die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen fast immer das berechtigte Interesse der Kamerabetreibenden.“

Was passiert jetzt mit der Videoüberwachung am Bahnhof Bautzen?

Wie der Sprecher der Datenschutzbeauftragten mitteilt, sind die Kameras „unverzüglich und fortwährend außer Betrieb zu nehmen“. In einer Pressemitteilung vom 9. August haben die Betreiber bereits erklärt, dies zu tun. „In dieser Woche werden die vier Kameras funktionsunfähig gemacht oder deinstalliert“, informierte Falk S. Al-Omary, Sprecher von Jörg Drews und Gerald Lucas.

Man wolle nun versuchen, mit der Bundespolizei in Kontakt zu kommen und zu klären, ob sie den Betrieb der Videoüberwachung übernehmen könnte. Axel Bernhardt, Sprecher der zuständigen Bundespolizeidirektion Pirna, erklärt dazu auf Anfrage: „Der Sachverhalt ist bekannt. In der Angelegenheit erfolgt derzeit eine interne Befassung, weshalb ich zum heutigen Tag kein Ergebnis mitteilen kann.“

Wie reagieren die Eigentümer des Bahnhofs auf die Entscheidung?

Die Besitzer des Bahnhofs und Betreiber der Videoüberwachung halten die Entscheidung der Datenschutzbeauftragten für „unerklärlich“ und wollen juristisch dagegen vorgehen. Die Kameras hätten demnach dem Schutz des Bahnhofs und des Geländes, der Besucher der Behörden und Geschäfte im Bahnhof sowie den Reisenden gedient. Man habe den Einsatz der Kameras rechtlich prüfen lassen und ein legitimes Interesse, privates Eigentum zu schützen.

Laut dem Sprecher der Datenschutzbeauftragten können die Betreiber rechtlich gegen die Entscheidung vorgehen. Dies sei ihr gutes Recht in einem Rechtsstaat. Aber: „Solange das Gericht in der Sache nicht entscheidet, ist die Anordnung umzusetzen.“

Besitzer Gerald Lucas erhebt zudem schwere Vorwürfe: „Die Sächsische Datenschutz- und Transparenzbeauftragte scheint die Interessen der Bürger zu ignorieren und unterstützt damit Kriminelle, Vandalen und Gewalttäter – mit fadenscheinigen Argumenten.“ Seit der Übernahme des Bahnhofs hätten die Besitzer „rund 70 Straftaten“ zur Anzeige gebracht. Dies belege, wie wichtig Sicherheitsmaßnahmen am Bahnhof seien.

Diese Zahl könne die Polizei weder bestätigen noch dementieren, so Anja Leuschner, Sprecherin der Polizeidirektion Görlitz. Und ob durch die Überwachungstechnik in den vergangenen Jahren tatsächlich das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung gestärkt worden sei, sei anhand von Zahlen nicht zu belegen. „Es handelt sich um ein rein subjektives Gefühl, welches durch die polizeilichen Maßnahmen nicht abgebildet werden kann“, sagt Anja Leuschner.

Der Bahnhof öffnete 2020 nach fast sechs Jahren Schließung und einer umfassenden Sanierung und Umgestaltung durch die Besitzer Jörg Drews und Gerald Lucas. Hauptmieter ist das Landratsamt Bautzen unter anderem mit dem Straßenverkehrsamt. Weitere Mieter sind der Verkehrsverbund Oberlausitz-Niederschlesien, die Krankenkasse Barmer und eine Bäckerei.

Wie kam es zur Prüfung der Videoüberwachung am Bahnhof Bautzen?

Auslöser für die Überprüfung der Videoüberwachung am Bahnhof Bautzen war die Anzeige einer Privatperson von Anfang März 2024 wegen Tonaufnahmen. Die gehörten offenbar ebenfalls zur Überwachungstechnik.

Das belegt der Ausschnitt eines Überwachungsvideos, den Radio Lausitz veröffentlichte. Zu sehen ist, wie ein Mann in der Nacht zum 6. März 2024 vor dem Bahnhof Blumenkübel und Scheiben am Eingang beschädigt. Er stellte sich kurz danach der Polizei.

Wer sich das Video anschaut, sieht nicht nur, wie der Mann vor dem Bahnhof herumläuft und kleine Gegenstände gegen die Fassade wirft, sondern hört auch sehr deutlich, was er tut. Radio Lausitz hatte das Material für die Berichterstattung laut eigenen Angaben von den Bahnhofsbesitzern erhalten.