Partner im RedaktionsNetzwerk Deutschland
SZ + Bautzen

Nette Nachbarn in der Friedhofsgruft gesucht

Auf dem Bautzener Taucherfriedhof gibt es 20 Grufthäuser. Dafür sind Paten gesucht. Sie können von ihrem Engagement auf besondere Weise profitieren.

Von Miriam Schönbach
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
500 Jahre Taucherfriedhof heißt es 2023. Schon jetzt suchen Goldschmiedemeister Lothar Lange, Friedhofsverwalter Robert Eckhardt und Pfarrer Christian Tiede (v.l.) Interessierte, die Patenschafen für Gruften und Gräber übernehmen wollen.
500 Jahre Taucherfriedhof heißt es 2023. Schon jetzt suchen Goldschmiedemeister Lothar Lange, Friedhofsverwalter Robert Eckhardt und Pfarrer Christian Tiede (v.l.) Interessierte, die Patenschafen für Gruften und Gräber übernehmen wollen. © Steffen Unger

Bautzen. Lothar Lange hat es schon getan. Der Bautzener Goldschmiedemeister weiß bereits, wo er seine letzte Ruhe finden wird. „Jeder will das ewige Leben. Aber sich mit dem eigenen Tod auseinanderzusetzen, ist eher ungewöhnlich. Je nach Glauben besteht die Möglichkeit, dass wir irgendwann längere Zeit tot sein werden“, sagt er augenzwinkernd, während er dick eingemummelt über den Bautzener Taucherfriedhof streift. Ausgesucht hat er sich, wie er selber sagt, ein schönes Plätzchen in einer Gruft. Nun sei er noch auf der Suche nach netten Nachbarn.

Dieser etwas besondere Wunsch lässt Langes Begleiter schmunzeln. Pfarrer Christian Tiede und Friedhofsverwalter Robert Eckhardt sind an diesem späten Nachmittag auch auf dem „Gottesacker zum Taucher“. Jenes Grundstück am einstigen Stadtrand Bautzens erwirbt der Rat 1523, denn wegen der Pest in den Jahren zuvor herrscht auf den Friedhöfen im Stadtgebiet akuter Platzmangel. Ursprüngliche wurden die Verstorbenen in den Kirchen und später vor den Kirche auf dem Kirchhof bestattet. Die ältesten Gräber heute stammen vom Ende des 16. Jahrhunderts.

Aktuell sind 5.600 Gräber belegt

500 Jahre später befinden sich im knapp acht Hektar großen Landschaftspark 5.600 belegte Gräber, darunter 700 Erbbegräbnisse mit teils großen und bekannten Familiendynastien. Dazu kommen über 20 Grufthäuser. Diese besonderen Orte des Gedenkens leisteten sich in erster Linie hohe städtische Verwaltungsbeamte wie Stadtrichter, Stadtschreiber und Kämmerer, Ratsherren, Bürgermeister, Erbrichter, Rechtsgelehrte, Handwerker, Kauf- und Handelsherren, Ärzte, Prediger, Pastoren, Kirchenvorsteher sowie Vorwerks- und Rittergutsbesitzer. Jene sorgten schon zu Lebzeiten für den Tod vor, meist ausgelöst durch einen Sterbefall in der Familie.

In der evangelischen Oberlausitz entstehen im ausgehenden 16. Jahrhundert die ersten hölzernen und steinernen Grufthäuser als repräsentierende Überbauungen der Erbbegräbnisse. Doch viele dieser letzten Ruhestätten haben inzwischen keinen Eigentümer mehr. Für Stadt und Kirchgemeinde St. Petri sind aber diese Bauwerke und Gräber kleine Denkmal-Schätze. Der Taucherfriedhof symbolisiert die Begräbniskultur über fünf Jahrhunderte hinweg. Die Gestaltung der Grabmale reicht von Barock über Klassizismus, Ausläufer der Renaissance, Reform- und Jugendstil bis hin zur Moderne und der heutigen Zeit.

Wertvolle Metallarbeiten verrosten

"Verbunden mit den Grabstellen und Grufthäusern sind oft wertvolle Metallarbeiten, die uns derzeit unter den Händen wegrosten“, sagt Robert Eckhardt. Um den Gruftbestand zu erhalten, wurden bereits 2006 die Dächer saniert. 2022 sind Fassadenputz und die Restaurierung von Gittern geplant. Doch diese Bauarbeiten allein sind nur ein erster Schritt, um das außergewöhnliche Kulturdenkmal in seiner Vielfalt für die Nachwelt zu erhalten. Deshalb sucht die Kirchgemeinde St. Petri nun Unterstützer.

An dieser Stelle kommen Lothar Lange und sein Wunsch nach netten Nachbarn ins Spiel. Neben ihm gibt es noch zwei weitere Interessenten für eine Gruft. Ein weiteres „ausgemauertes Grab“ wird nach Aussagen Eckhardts demnächst „vorgerichtet" und ist somit auch vergeben. Vereinzelt finden sich immer mal wieder Unterstützer, die sich um einzelne Grabanlagen kümmern.

So hat zum Beispiel erst in diesem Jahr die Bautzener Familie Henke über Crowdfunding 8.000 Euro für die Restaurierung des Grabs der Unternehmerfamilie Bulnheim gesammelt. Auch bei den Führungen am Tag des offenen Denkmal hätten Gäste Interesse an Patenschaften gezeigt.

Wer sich für ein solches Projekt interessiert, kann sich an den Friedhofsverwalter wenden. Zudem wurde ein Spendenkonto anlässlich des 500-jährigen Jubiläums „Gottesacker zum Taucher" eingerichtet.

Schon vorm Tod einen schönen Platz aussuchen

Für Lothar Lange ist es das richtige Rezept, sich zu Lebzeiten schon mit dem Tod auseinanderzusetzen. „Vielleicht hilft es ja, sich im Vorab ein schönes Plätzchen zu suchen. Auch Grabpflege und Gestaltung lassen sich vorher klären“, sagt der Goldschmiedemeister. Zumal ein Teil der Gräber sogar unter Denkmalschutz steht, wodurch für den Erhalt Fördermittel beantragt werden können.

Derzeit laufe noch die Bestandsaufnahme der letzten Ruhestätten auf die Denkmalliste, weiß Pfarrer Christian Tiede. In die Auswahl fließen unter anderem die künstlerische Ausführung ein, aber auch, ob es sich bei den einstigen Eigentümern um Persönlichkeiten der Stadt handelt.

Kontakt für die Übernahme von Grab-Patenschaften: Robert Eckhardt, Telefon 03591 532914, E-Mail [email protected]
www.st-petri-bautzen.de