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Hopp, hopp – auf zum neuen Job?

Karriereberater empfehlen, alle zwei Jahre die Arbeitsstelle zu wechseln. Das kann gut fürs Bankkonto, aber langfristig schlecht fürs Lebensgefühl sein. Wie findet man heute den richtigen Weg in der Arbeitswelt?

Von Annett Kschieschan
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Auf zu neuen Ufern – das war einst in der Arbeitswelt verpönt, gilt heute aber als gute Möglichkeit, die eigene Karriere voranzubringen. Zu häufige Wechsel können trotzdem zum Problem werden.
Auf zu neuen Ufern – das war einst in der Arbeitswelt verpönt, gilt heute aber als gute Möglichkeit, die eigene Karriere voranzubringen. Zu häufige Wechsel können trotzdem zum Problem werden. © AdobeStock

Sieben Arbeitsstellen in zwölf Jahren – noch vor nicht allzu langer Zeit hätte sich der Bewerber damit schon vorab ins Aus katapultiert. Das sogenannte Job-Hopping wurde von Arbeitgebern als Zeichen für Unzuverlässigkeit und Wankelmut gewertet. Warum sollte man jemanden einstellen, in Einarbeitung und Weiterbildung investieren, wenn der Neue am Ende ohnehin bald weiterzieht und offenbar nicht wirklich weiß, was er will?

Inzwischen hat sich der Blick auf das Thema verändert. „In einigen Branchen – besonders in den dynamischen, sich rasch wandelnden Sektoren – wird ein bunter Lebenslauf oft als Zeichen von Anpassungsfähigkeit und Vielseitigkeit gesehen“, heißt es etwa auf dem Xing-Karriereportal Bewerbung.com. Er spreche für Risikobereitschaft und Offenheit. Beides steht in einer Arbeitswelt, die teilweise drastischen Veränderungen unterworfen ist, aus durchaus verständlichen Gründen hoch im Kurs. Dazu kommt, dass in vielen Branchen permanent Mitarbeiter gesucht werden. Vor allem die jüngeren Bewerber wissen: Sie werden ohnehin gebraucht – Job-Hopping hin oder her.

Ein noch stärkeres Argument gefällig? Häufigere Jobwechsel sind häufig gut fürs Bankkonto. So hat der internationale Arbeitsmarktexperte Cameron Keng im Wirtschaftsmagazin Forbes ausgerechnet, dass jeder freiwillige Jobwechsel zwischen zehn und zwanzig Prozent mehr Gehalt bringt – deutlich mehr, als über reguläre Gehaltserhöhungen zu erwarten ist. Wer länger als zwei Jahre im selben Betrieb arbeitet, verdiene aufs gesamte Berufsleben bezogen 50 Prozent weniger als mit regelmäßigen Wechseln möglich wäre.

Das Netzwerk wird größer

Nicht alle Arbeitsmarktexperten folgen dieser These, allerdings wird zumindest die Bereitschaft, sich im Arbeitsleben mehrfach neu zu orientieren, heute allgemein meistens als sinnvoll bewertet. Nicht zuletzt, weil jeder Wechsel auch ein Neubeginn ist, die persönlichen Netzwerke wachsen, man mit jeder Arbeitsstelle dazulernt und so langfristig zum Allrounder in der eigenen Branche wird. Dafür müsse man indes nicht immer gleich den Arbeitgeber wechseln. In vielen Bereichen verändern sich die Arbeitsinhalte heute so schnell, dass Umorientierung auch im alten Betrieb möglich ist. Wer dann noch vom Arbeitgeber bezahlte Weiterbildungsmöglichkeiten nutzt, kann sich auch innerhalb des Unternehmens verändern, aufsteigen, mehr Geld verdienen.

Und auch wer tatsächlich öfter beruflich zu ganz neuen Ufern aufbricht, sollte den Eindruck vermeiden, gar keine Bindung zu einem Unternehmen aufbauen zu wollen. „Negativ fällt zudem auf, wer sich schlecht über seinen aktuellen oder vergangenen Arbeitgeber äußert - das sogenannte Nachtreten wirkt im Bewerbungsgespräch unprofessionell und lässt auch den Bewerber oder die Bewerberin in einem schlechten Licht dastehen“, weiß man bei der Job-Plattform Stepstone. Es gelte einmal mehr, ein gutes Maß zu finden. Wer heute sein gesamtes Berufsleben bei ein- und demselben Arbeitgeber verbringt, gilt als Exot. Wer wirklich im Zwei-Jahres-Rhythmus wechselt, läuft indes Gefahr, dass ihm irgendwann die Puste ausgeht.

Denn unabhängig von allen Tipps der Karriereberater ist es wichtig, die eigenen Bedürfnisse und Präferenzen im Blick zu behalten. Will man wirklich von Neubeginn zu Neubeginn hetzen? Findet man die häufigen Wechsel auch nach zehn Jahren noch spannend oder nervt es irgendwann nur noch, sich ständig irgendwo vorstellen und einarbeiten zu müssen?

Irgendwann einmal ankommen

Psychologen raten nicht von ungefähr, neben der Karriere auch andere Wünsche und Ziele im Blick zu haben. Wer das Leben im Haus mit Garten genießen will, wer eine Familie gründet, lieber weniger, aber dafür beständige Sozialkontakte pflegen möchte, wird als Job-Hopper auf Dauer nicht glücklich. Auch das Gefühl von der Sinnhaftigkeit der eigenen Arbeit ist wichtig. Werden Jobs beliebig getauscht, ist das schwer aufrechtzuerhalten.

Irgendwann einmal „anzukommen“ – diesen Wunsch haben die meisten Menschen. Beruflich gibt es dafür heute deutlich mehr Wege und Möglichkeiten als noch vor zehn oder zwanzig Jahren. Einmal „falsch“ abgebogen zu sein, bedeutet nicht mehr, in einer lebenslangen karrieretechnischen Sackgasse festzustecken. Wer will, kann neu beginnen. Ob das alle zwei Jahre sein muss, muss am Ende jeder selbst entscheiden. Die beste Option dürfte wie so oft der Mittelweg sein.