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Lupinen raus aus Altenberger Bergwiesen

Der magere Boden der Bergwiesen im Osterzgebirge lässt viele seltene Pflanzen wachsen. Lupinen stören dabei aus mehreren Gründen.

Von Siiri Klose
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Jitka Pollakis ist die neue Koordinatorin in der Naturschutzstation Osterzgebirge. Auch ihre Töchter Eliska und Janika halfen, Lupinen zu beseitigen.
Jitka Pollakis ist die neue Koordinatorin in der Naturschutzstation Osterzgebirge. Auch ihre Töchter Eliska und Janika halfen, Lupinen zu beseitigen. © Egbert Kamprath

Wie kleine Sterne sehen die Blattrosetten der Staudenlupinen aus. Vom kühlen Erzgebirgsfrühling lassen sie sich nicht davon abhalten, schon kräftig auszutreiben - zum Ärger der Naturschützer, die sich in verschiedenen Vereinen im Osterzgebirge organisieren. Gebündelt werden ihre Aktivitäten von den Mitarbeitern der Naturschutzstation Osterzgebirge, die im Altenberger Bahnhofsgebäude ihre Büros haben.

"Ein, zwei Wochen noch, dann blühen hier überall die Trollblumen", sagt Jens Weber von der Grünen Liga. Er zeigt hinüber auf das andere Ende der schmalen Wiesenfläche an den Müglitzbahn-Schienen beim Geisingberg: "Dort unteren standen letztes Jahr die Feuerlilien."

Pflanzen wachsen nicht so hoch und dicht

Genau wegen solcher Pflanzen legen sich die Naturschützer für Bergwiesen ins Zeug. Sie sind selten geworden, weil ihr Lebensraum immer mehr zusammenschmilzt. Bergwiesen zeichnen sich durch ihren mageren, nährstoffarmen Boden aus.

Richtig hoch und dicht wie beispielsweise die Gräser der Wiesen an der Elbe werden die Bergwiesenpflanzen deshalb auch nicht. Dafür sind sie viel artenreicher: die Bärwurz treibt ihre filigranen Büschel aus, die Himmelschlüssel blühen, die Buschwindröschen verblühen sogar schon wieder.

Überlebenskünstler, solange wenig Nährstoffe da sind

Zierlich wie sie sind, sind sie überall dort die Überlebenskünstler, wo andere Pflanzen nicht groß werden. Doch einer der wichtigsten Pflanzennährstoffe ist Stickstoff. Deshalb wird er in großem Maßstab als Dünger auf die Felder gebracht - mit dem Ergebnis, dass die ungedüngte, magere Böden zunehmend Seltenheitswert besitzen.

"Die Lupinen besitzen die Fähigkeit, in ihren Wurzeln den Stickstoff aus der Luft zu speichern", erklärt Jens Weber, Die Landwirtschaft nutzt sie als Bodenverbesserer, als Hülsenfrucht würden sie angeblich auch ein gutes Tierfutter abgeben: "Allerdings hat sich hier noch nie ein Reh für die Lupinen interessiert", sagt Weber.

Im Frühsommer ist alles blau

Wie auch immer die Lupinen auf die Bergwiese an der Hohen Straße gelangten - seit zehn, fünfzehn Jahren samen sie sich fleißig aus und fühlen sich wohl: "Wenn wir nichts machen, ist hier im Sommer alles blau", sagt auch Simone Heinz, die sonst am Wildapfel-Projekt im Osterzgebirge beteiligt ist.

Das sieht zwar schön aus, doch die Magerwiesenarten haben gegen sie keine Chance. Der Stickstoff, mit dem die Lupinen den Boden immer mehr anreichern, lässt die Konkurrenz groß werden, und den meist recht zierlichen Bergwiesenpflanzen Kraft ihrer Größe und Wachstumsstärke die Sonnenplätze wegnehmen.

Sachsenforst und Ehrenamtliche gehen gemeinsam vor

Ein drittel Hektar ist nicht viel für eine Wiese. Doch wenn es den Lupinensprösslingen darauf an den Kragen gehen soll, scheint das Gelände immer größer zu werden. Die Ehrenamtlichen der Grünen Liga, des Landschaftspflegeverbands und des Sächsischen Heimatschutzes haben äußerst robuste Unkrautstecher dabei, als sie zu den sieben Forstwirt-Lehrlingen stoßen, die beim Sachsenforst in Bärenfels lernen.

Denny Werner (l) ist Sachbearbeiter für Waldökologie und Naturschutz im Forstbezirk Bärenfels. Zusammen dem Altenberger Bauamtsleiter Andreas Gabler bringt er eine Informationstafel zu Artenbestimmung auf der Bergwiese an.
Denny Werner (l) ist Sachbearbeiter für Waldökologie und Naturschutz im Forstbezirk Bärenfels. Zusammen dem Altenberger Bauamtsleiter Andreas Gabler bringt er eine Informationstafel zu Artenbestimmung auf der Bergwiese an. © Egbert Kamprath

Dass Naturschützer und der Forstmitarbeiter gemeinsam vorgehen, ist eine Premiere - und dringend nötig: Bei genauerem Hinsehen scheint nichts anderes so verbreitet zu sein wie die Lupinen, und nichts hält sich derart im Boden fest. Zentimeterlange Pfahlwurzeln kommen zum Vorschein. Ohne das grobe Werkzeug gäbe es keine Chance, die Lupinen aus dem steinigen Boden zu ziehen.

"So eine Bergwiese sieht aus, als würde sie ganz von alleine so wachsen", sagt Ron Günther, ebenfalls Mitarbeiter in der Naturschutzstation. "Doch ohne Pflege wäre sie schnell überwuchert." Normalerweise wäre das eben der natürliche Lauf der Dinge: "Aber es gibt eben immer weniger Flächen, auf die die Natur ausweichen kann."

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